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Zebraland

Zebraland

Titel: Zebraland
Autoren: Marlene Roeder
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will
    1.) Mit Hexe in eine weit entfernte Stadt ziehen und dort in einer coolen WG wohnen.
    2.) Zusammen mit Hexe Journalistik studieren.
    3.) Gegen Ungerechtigkeit und Unwahrheit kämpfen!
    4.) Mit einem wunderschönen Mädchen zusammen sein.
    5.) Ein guter Mensch werden, so wie mein Opa.
    Ich lasse den Zettel sinken. »Was ist davon übrig geblieben?«, frage ich und meine Stimme wird immer lauter. »Du hast alles verraten! Du hast uns verraten, Philipp!«
    Da hebt Philipp den Kopf und sieht mich an. Seine grauen Augen sind kälter als der Ozean an seiner tiefsten Stelle.
    Ich erwarte, dass er versucht, es abzustreiten, sich irgendwie zu rechtfertigen. Auf alles bin ich vorbereitet, nur nicht auf das, was dann kommt.
    »D-du He-Hexe«, flüstert Philipp.
    Es ist kein Kosename mehr. Es liegen so viel Hass und Schmerz un d … Angst in seiner Stimme, dass ich zurückzucke. Der Raureif knirscht unter meinen Schuhen. Ein Schluchze n – ist es mein eigenes? Ich drehe mich um und laufe los. Fast hätte ich Ziggy über den Haufen gerannt.
    Innerhalb von Sekunden habe ich das Loch im Zaun erreicht und bin hindurch, renne den Weg entlang, bis er sich in den Wiesen verliert. Das hohe, vertrocknete Gras peitscht mir gegen die Beine, aber ich spüre es kaum. Ich laufe, ich bin in Bewegung. Die festen Grenzen verschwimmen.
    Kein Blick zurück.
    Ich laufe einfach. Meine Schritte, mein Atem, mein Herzschlag. Das Laufen zwingt meinem Körper seinen Rhythmus auf. Es merzt alles aus: wie weh die Welt tut, wie weh ich mir tue.
    Endlich kein Denken, kein Fühlen mehr.
    Stille.
    Ich laufe. Ich will nie mehr stehen bleiben.
    Elmar sieht genauso aus, wie ich mich fühle: ziemlich fertig. Seine Dreads stehen in alle Richtungen ab, als wäre ihm meine Geschichte wie ein Stromschlag durch den Kopf gejagt.
    »Aber warum dieser ganze Mist mit Moses Aufgaben?«, fragt er mich.
    Ich zucke die Schultern. Obwohl ich tagelang, nächtelang darüber gegrübelt habe, habe ich auch nur Vermutungen: »Vielleicht hatte es für Judith was mit Läuterung zu tun. Damit, irgendwie Buße zu tu n … sich zu reinigen oder so was. Immerhin hat sie die erste Aufgabe sich selbst gestellt.«
    »Ja, um von sich als möglicher Täterin abzulenken!«, ruft Elmar.
    Ich glaube, er irrt sich. Auf ihre verquere Art ist Judith ziemlich konsequent. Ich wette, sie ist nach dem Unfall nie wieder einen Wettkampf gelaufen.
    Old Bobs Stimme ist aus dem CD -Player zu hören. No woman no cry. Wenn ich nicht wüsste, dass es ein Trostlied für eine weinende Frau ist, würde ich fast denken, Bob wolle uns warnen: No woman no cr y – keine Frau, kein Ärger.
    Aber Elmar wäre nicht Elmar, wenn er Bob das letzte Wort überlassen würde.
    »Die hat sich zu eurem Richter und Henker gemacht. Wenn du mich fragst, ist die Frau ’ne Psychopathin.«
    »Ich finde, das macht’s zu einfach«, murmle ich.
    »Was ist falsch an einfachen Dingen, Mohn?« Elmar hält es nicht mehr auf seinem Stuhl, er springt auf und geht mit großen Schritten in der Werkstatt auf und ab, während er mit den Händen in der Luft gestikuliert. »Manche Sachen sind richtig. Und andere sind falsch un d … ja, schlecht! Was gibt’s da dran herumzudeuteln?«
    »Du hast Recht. Aber ich hab auch Recht«, erwidere ich stur.
    »Mensch Ziggy, du Eumel! Wir können doch nicht beide Recht haben!«, ruft Elmar und verpasst mir eine kameradschaftliche Kopfnuss. »Wenn ich so kompliziert denken würde wie du, würde mein Kopf explodieren. Ich glaub, deiner muss dringend gekühlt werden, Mohn!« Damit zieht er mich vom Stuhl hoch, hinüber zu seinem alten VW -Bus. »Komm schon, lass uns zum See rausfahren und ’ne Runde schwimmen! Ich will hübschen Mädels hinterhergucke n – normalen Mädels, keinen Psychopathinnen, hörst du! Ich will Lieder von Old Bob spielen und diesen ganzen Mist vergessen.«
    Und genau das tun wir dann auch.
    Wir sitzen am Ufer des Baggersees. Elmar stochert in unserem Lagerfeuer. Gemeinsam sehen wir zu, wie sich die Dämmerung langsam über das Wasser legt.
    Ich denke an viele Dinge.
    Ich denke an das Zebra, das ich an die Wand der Turnhalle gesprüht habe. An seine bunten Streifen:
Gelb
wie mein Lieblings-T-Shirt mit Bob Marley, das ich in jenem Sommer ständig trug.
Dunkelbraun
wie Anouks lange Locken.
Grün
wie Judiths Augen, wenn sie wütend war.
Weiß
wie Philipps alter Mercedes, den er von seinem Opa bekommen hatte.
Rot
wie das Blut an Yasmins Zähnen nach dem Unfall.
    Ich frage mich, was
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