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Zauberkusse

Zauberkusse

Titel: Zauberkusse
Autoren: Voosen Jana
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Ehrfürchtig. Für eine Sekunde habe ich Oberwasser. »Nun geh schon«, fordere ich ihn auf und er springt so schnell aus dem Bett, dass mein Triumphgefühl im Bruchteil von Sekunden in sich zusammenfällt. Ich klammere mich schon wieder an meiner Decke fest, während ich durch die geöffnete Schlafzimmertür beobachte, wie Gregor im Flur seine verstreuten Klamotten zusammenklaubt. Jetzt ärgere ich mich über mich selbst, dass ich es ihm so leicht gemacht habe. »Nun geh schon.« Ja, bin ich denn noch zu retten? Jetzt erscheint Gregor im Türrahmen und schlüpft hastig in seine hellblauen Boxershorts.
    »Kleiner Tipp«, sage ich süffisant, »auch wenn du es noch so eilig hast, du solltest vorher vielleicht duschen. Ich glaube, sie wird dir schon verzeihen, wenn du eine Viertelstunde zu spät kommst. Wenn du pünktlich bist, aber nach Sex riechst, habe ich da so meine Zweifel.« Gregor zieht erschrocken die Luft ein.
    »Oh mein Gott, du hast Recht.« Mit diesen Worten dreht er sich um und läuft meinen kleinen Flur hinunter. Ich höre die Badezimmertür klappen und kurz darauf die Dusche rauschen. Normalerweise duschen wir immer gemeinsam. Danach. Aber ich bin im Moment viel zu sehr damit beschäftigt, mich für das größte Schaf der Welt zu halten. Was ist denn heute bloß los mit mir? Mein Freund belügt mich vier geschlagene Wochen lang. Dann erzählt er mir die Wahrheit, und statt ihm sofort die Tür zu weisen, lasse ich mich erstmal gepflegt von ihm durchvögeln. Danach darf er sofort zu seiner Frau eilen und zu guter Letzt gebe ich ihm auch noch Tipps, damit sie ihn nicht erwischt.
    Wenige Minuten später steht Gregor fix und fertig angezogen vor meinem Bett, während ich noch immer wie paralysiert vor mich hin glotze.
    »Tja, dann, also … Ich ruf dich an.« Damit beugt er sich zu mir herunter und drückt mir einen Kuss auf die Lippen. Es ist ein bisschen wie bei Schneewittchen. Als sein Mund meinen berührt, erwache ich endlich aus meiner Starre. Gregor ist schon fast aus dem Zimmer raus, als ich ihn zurückrufe:
    »Moment mal. Bleib stehen!« Überrascht über meinen Befehlston dreht er sich zu mir um.
    »Was ist denn?« Mit einem Satz bin ich aus dem Bett. Jetzt ist es mir egal, dass ich splitterfasernackt vor ihm stehe. Wütend funkele ich ihn an.
    »Was los ist? Du hast sie wohl nicht mehr alle! Glaubst du wirklich, du kannst jetzt einfach so gehen?«
    »Na ja, ich …«, meint er achselzuckend, aber ich schneide ihm das Wort ab.
    »Das war eine rhetorische Frage. Ich will darauf keine Antwort haben.«
    »Ich weiß, was rhetorisch bedeutet«, sagt er grinsend und ich schnappe empört nach Luft.
    »Sehr witzig! Deine blöden Scherze kannst du dir sonst wohin stecken. Ich will wissen, warum du mich angelogen hast. Warum du die Sache mit mir überhaupt angefangen hast. Warum sagst du, dass du mich liebst? Warum …?« Ich breche ab, weil mich irgendetwas am Reden hindert. Verwundert registriere ich, dass mir Tränen das Gesicht herunterlaufen und ich heftig schluchze. »Warum, warum«, stammele ich und Gregor sieht richtig erschrocken aus. Er nimmt mich in die Arme und drückt mich an sich, ich weine herzzerreißend an seiner Brust.
    »Es wird alles gut, ich verspreche es dir«, murmelt er an meinem Ohr und seine sanfte Stimme beruhigt mich etwas.
    »Ja?«, frage ich kläglich und er nickt.
    »Ganz bestimmt.« Er schiebt mich auf Armeslänge von sich weg und mustert mich besorgt. »Geht’s wieder?« Ich schniefe, nicke aber tapfer. Mit dem Daumen seiner rechten Hand fährt er mir leicht über die Wange und wischt meine Tränen weg. Dann schließt er mich noch mal in die Arme und ich schmiege mich an ihn, vergrabe mein Gesicht an seinem Hals und atme seinen Geruch ein. Es geht mir ein bisschen besser. Es wird alles gut werden. »Wir werden über alles sprechen, versprochen«, flüstert er in mein Ohr. »Beim nächsten Mal. Ich muss jetzt wirklich gehen.« Er lässt mich los und sieht mich bedauernd an. »Es tut mir leid. Ich rufe dich an.« Er drückt mir erneut einen Kuss auf die Lippen, den ich nicht erwidere. »Ciao, ich liebe dich.« Damit verlässt er mit eiligen Schritten meine Wohnung. Wie betäubt stehe ich mitten in meinem Schlafzimmer. Nackt. Ein ganz leichter Windhauch streicht durch das geöffnete Fenster über meinen Körper, der Laminatfußboden scheint unter meinen Füßen zu schwanken. Sehr lange stehe ich so da. Und als mir endlich ein gequältes »Ich liebe dich auch« über die Lippen
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