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Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Titel: Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
Autoren: Ellen Renner
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außerhalb der Mauern liegt. Weit weg von den prächtigen Alleen und Palästen des Magier-Viertels. Die engen, von windschiefen Holz- und Lehmhütten gesäumten Gassen, durch die stinkendes Abwasser läuft, sind bis auf ein paar herumstreunende Schweine und Hunde, die nach Essbarem stöbern, leer. Von den nahe gelegenen Hügeln steigen Rauchschwaden auf, die über das schäbige Viertel wehen und sich mit dem ätzenden Gestank vermischen, der aus braunen Bottichen steigt. Es ist der Teil der Stadt, in dem die Kürschner, Gerber und Köhler ansässig sind. Unberührbare.
    »Hier befindet sich unser Hauptquartier«, erklärt mir Otter. »Wenn nötig, kann ich mehrere Trupps auf einmal hier verstecken. Der Großteil meiner Armee kämpft natürlich Seite an Seite mit den anderen Tributen am Großen Wall.«
    Eine kluge Entscheidung, diesen entlegenen Stadtteil als Stützpunkt zu benutzen. Kein Magier würde ohne triftigen Grund auch nur einen Fuß in diese dreckige und stinkende Gegend setzen. Kurz bevor wir die äußerste Grenze erreicht haben, tauchen Zelte und provisorische Anbauten vor uns auf, aus denen neugierige Gesichter schauen und Jubelrufe dringen, die sich in betroffenes Murmeln verwandeln, als die Tragen mit den gefallenen Tributen in Sicht kommen.
    Otter achtet nicht darauf. Er versorgt seine Männer mit neuen Befehlen und bedeutet Aidan und mir, ihm zu folgen. Von zwei Tributen begleitet führt er uns zu einem StückBrachland, das an die letzten Hütten grenzt. Die beiden Tribute ziehen einen Berg totes Zedernholz zur Seite und enthüllen ein in Stein gemauertes Erdloch, das wie die Öffnung eines Brunnens aussieht.
    Otter rüttelt Twiss wach und setzt das gähnende Mädchen ab. »Du kennst den Weg. Führ sie wohlbehalten ans Ziel.«
    Twiss salutiert vor ihm, ein freches Grinsen auf dem Gesicht, und beginnt dann, an einer Strickleiter in die Tiefe zu klettern. Bis auf das getrocknete Blut an ihrer Oberlippe und den leuchtenden Bluterguss auf ihrer Wange deutet nichts darauf hin, dass sie erst vor wenigen Stunden beinahe den mächtigsten Magier des Landes getötet hätte und nur knapp mit dem Leben davongekommen ist.
    Aidan, der ihr mit dem Jungen auf dem Arm folgt, vermeidet es, in meine Richtung zu schauen, als er in die Erde hinuntersteigt. Ich stehe bloß da und starre ihm hinterher, zu erschöpft, um mehr als eine taube Traurigkeit zu spüren. Eine warme Hand greift nach meiner. Ich zucke zusammen, schaue zu Otter auf und bin erleichtert, als ich sehe, dass er meinen Kummer nicht bemerkt hat. Das Letzte, was ich jetzt ertragen würde, wäre Mitgefühl. Oder Missbilligung. Doch das Gesicht des Hüters bleibt unbewegt.
    »Sei vorsichtig.« Er hilft mir, über den Rand zu klettern und mich auf die Strickleiter zu schwingen. Mit bleiernen Beinen und zitternden Armen beginne ich, in die Tiefe hinabzusteigen, und spüre bei jeder Stufe, wie die Erschöpfung mich zu überwältigen droht. Bald … bald werde ich Aidan dazu bringen, mit mir zu sprechen. Wir können wieder an den Punkt zurückkehren, an dem wir waren.
    Wir lieben uns. Nichts hat sich verändert.
    Das ist eine Lüge!
    Ich rutsche mit einem Fuß ab und wäre beinahe gestürzt. Keuchend klammere ich mich an der Leiter fest und lehne die Stirn an eine Holzsprosse, bis mein Atem sich wieder beruhigt hat. Es hilft nichts, sich etwas vorzumachen. Mein Vater ist brutal in Aidans Geist eingedrungen. Niemand ist danach je wieder derselbe. Aber ich werde nicht aufgeben. Ich weigere mich zu glauben, dass Benedict gewonnen hat. Ich habe getan, was ich tun musste: Ich habe Aidans Leben gerettet. Ich lasse nicht zu, dass mein Vater ihn mir jetzt wegnimmt.
    Twiss wartet unten auf mich und greift nach meinem Arm, um mir von der Leiter zu helfen. Es ist wie in jener ersten Nacht, in der wir durch die endlose Dunkelheit gewandert sind. Nur dass es sich dieses Mal anfühlt, als würde ich nach Hause zurückkehren.
    Twiss treibt mich zur Eile an, und obwohl mir überhaupt nicht danach zumute ist, muss ich lächeln, als ich daran denke, wie sie heute Abend einer Schar atemlos an ihren Lippen hängenden Halblingen von unseren Erlebnissen erzählen wird. Von gefährlichen Abenteuern, die ihre wildesten Vorstellungen übertreffen. Bruins Schwert wird darin eine der Hauptrollen spielen. Ich taste nach dem Griff an meiner Seite und schließe die Finger darum. Dieses Mal haben wir versagt, Twiss und ich. Aber es wird nicht unsere letzte Chance gewesen sein.
    Hinter uns in
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