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Zärtlichkeit, die du mir Schenkst

Zärtlichkeit, die du mir Schenkst

Titel: Zärtlichkeit, die du mir Schenkst
Autoren: Linda Lael Miller
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schnallte Kade seinen Revolvergurt um. Er nahm seinen Hut vom Haken an der Wand, setzte ihn auf und griff nach seiner langen Jacke. Concepcion hatte geschimpft, dass er damit wie ein Herumtreiber und Gesetzloser wirke.
    »Du willst in die Stadt?«, fragte Rafe mit erhobenen Augenbrauen.
    Kade zog die Jacke an, richtete den Kragen und überprüfte den Sitz des Hutes im Spiegel an der Wand neben der Standuhr. Er gab keine Antwort.
    Jeb lief unterdessen die Treppe hinauf und nahm immer zwei Stufen auf einmal. Vermutlich wollte er das Geschenk holen, das er für dieses Saloon-Mädchen gekauft hatte, und damit beim Vater Speichel lecken und so tun, als hätte er die ganze Zeit gewusst, dass heute sein Geburtstag war.
    Rafe wandte sich angewidert ab. Seine Brüder waren hinterlistige Kerle, alle beide.
    Er nahm seinen eigenen Hut, seine Jacke und den Gurt mit dem Revolver, den er in der obersten Schublade im Schrank in der Halle aufbewahrte. Ja, er würde nach Indian Rock reiten und seinen Brief mit der Postkutsche abschicken. Und bald würde seine Braut eintreffen, bereit, einen Haushalt zu gründen und ein Baby zu bekommen.
    Hölle, mit etwas Glück würde sie sogar halbwegs präsentabel sein.
    Kansas City, Missouri
    Emmeline Harding schloss das Fenster des Zimmers im ersten Stock von Miss Beckys Pension mit einem Knall, konnte jedoch kaum das Brüllen der Rinder und die Rufe der Cowboys auf der Straße dämpfen. Eine weitere Herde, vermutlich von Texas hergetrieben, war auf dem Weg zum Viehhof. Binnen einer Stunde würden die Treiber hereinströmen und ein Bad, Whisky und Frauen haben wollen - nicht zwangsläufig in dieser Reihenfolge. Mithilfe ihrer »Mädchen« würde Becky, Emmelines Tante, dafür sorgen, dass alle zufrieden gestellt wurden. Gegen gutes Geld, versteht sich.
    Emmeline seufzte. Vom gesellschaftlichen Standpunkt aus betrachtet - im Wesentlichen der einzige Standpunkt, der zurzeit für sie zählte, denn sie wurde in nur einer Woche neunzehn -, war sie weder Fisch noch Fleisch. Becky hatte sie auf das beste Mädchenpensionat in der Stadt geschickt und von den Gästen fern gehalten - und wofür? Trotz all der hervorragenden Manieren, der hübschen Kleidung und des Bücherwissens war sie immer noch eine gesellschaftlich Ausgestoßene, unwillkommen in den respektablen Häusern ihrer ehemaligen Klassenkameradinnen.
    Das Leben, so schien es Emmeline, war eine große Party, und sie war nicht eingeladen.
    Auf der anderen Seite des oberen Wohnzimmers mit seinen perlenbesetzen Wandschirmen und Samtvorhängen rollte Becky einen schwarzen Netzstrumpf über ein schlankes Bein. Becky war eine Schönheit mit Geschäftssinn, und sie war stets freundlich zu Emmeline gewesen, hatte sie seit der Kindheit beschützt und für sie gesorgt, als sie zur Waise geworden war. Jetzt betrachtete Becky ihre Nichte nachdenklich.
    »Spinnst du wieder Tagträume?«, fragte sie.
    »Nein«, flunkerte Emmeline. Oft gelangweilt und stets einsam, liebte sie es, Zuflucht in den breiten Grenzen ihrer Fantasie zu suchen. Dort baute sie eine gemütliche kleine Hütte für sich und einen moralisch rechtschaffenen Ehemann, obwohl er ihr noch unbekannt war, für mehrere Kinder mit rosigen Wangen und goldenen Haaren und zwei fette Katzen. Die Hütte hatte Läden vor den Fenstern, Blumen blühten im Vorgarten, und die weiße Pforte knarrte ein bisschen, wenn das Wetter trocken war. Es gab auch andere Szenarien, die zu ihrer jeweiligen Stimmung passten. Bei einem wurde sie von Indianern gefangen gehalten, war die Frau eines leidenschaftlichen Kriegers namens Schneewolf, der sie in einer Art und Weise berührte, dass ihr Blut in Wallung geriet.
    Becky betrachtete sich im verzierten Spiegel neben der Tür. Sie war groß, mit einer dunklen Haarfülle, makelloser heller Haut, grünen Augen, und trotz ihres Rufs hätte die Hälfte der Rancher und Geschäftsleute in Missouri sie vermutlich geheiratet und ihr ein feines Zuhause geboten, wenn sie nur einen Finger gekrümmt hätte. Offensichtlich zufrieden mit ihrer üppigen Erscheinung, wandte sie sich ihrer Nichte zu.
    »Ich brauche dir wohl nicht zu sagen, dass du unten im Salon bleiben und warten sollst, bis sich die Dinge ein wenig beruhigt haben. Du weißt, wie Cowboys sind, wenn sie eine Weile unterwegs waren.«
    Emmeline verzog das Gesicht. »Ich weiß.« Sie verspürte nicht den Wunsch, Männer zu »unterhalten«, wie ihre Tante es tat, doch sie war in jüngster Zeit ruhelos. Sie hatte jedes
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