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Zärtlichkeit des Lebens

Zärtlichkeit des Lebens

Titel: Zärtlichkeit des Lebens
Autoren: Nora Roberts
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»Miß Lancaster ist hier, Mr. Lloyd.« Mit der Unaufdringlichkeit, die Sarah von ihr auch erwartet hatte, zog sich Kay zurück und verschwand.
    Einen Augenblick lang, in dem seltsamerweise die Zeit für sie stillzustehen schien, nahm Sarah nichts von dem Zimmer wahr.
    Ihr Blickfeld verengte sich und konzentrierte sich auf den Mann, der sich hinter einem großen Ebenholzschreibtisch erhob. Als er auf sie zuging, überkam Sarah heftig und derart intensiv kalte Angst, daß es sich wie ein stechender Schmerz anfühlte. Wie aus großer Entfernung hörte Sarah ihn ihren Namen sagen, und seine Stimme schien irgendeine bekannte Seite ihrer Erinnerung anzuschlagen. Ihr schoß durch den Kopf, daß es kein Zurück mehr gäbe, wenn sie erst einmal in die ausgestreckte Hand eingeschlagen hätte.
    »Miß Lancaster, geht es Ihnen gut?«
    Sarah schüttelte den Kopf wie ein Taucher, der plötzlich aus dem Wasser auftaucht, und zwang Luft in ihre Lungen und wieder heraus. Die Nerven, sagte sie sich. Und zuviel Sonne.
    »Ja, ja, danke«, murmelte sie und legte ihre Hand in die seine.
    Sein Händedruck war warm und fest. »Ich fürchte, ich habe zu lange in der Sonne gestanden und das Gebäude angeschaut.« Sie lächelte in der Hoffnung, damit ihren ungeschickten Auftritt vergessen zu machen.
    Er sagte nichts. Ihre Hand lag kalt in der seinen. Einen Augenblick lang standen sie da und schauten einander an.
    Er war größer, als sie erwartet hatte, und zeigte sowohl im Gesicht wie auch am Körper eine fast animalische Hagerkeit.
    Sein volles, leicht gewelltes Haar war von jenem tiefen Schwarz, das im Sonnenlicht wahrscheinlich einen leichten bläulichen Schimmer zeigte. Über die Gesichtsknochen spannte sich fest die gebräunte Haut. Er hatte das schmale, knochige Gesicht eines Kriegers oder Gelehrten. Irgendwie stand es ihrer Meinung nach im Widerspruch zu dem perfekt geschnittenen Anzug. Der Kontrast gefiel ihr auf Anhieb. Seine Brauen verliefen in einem leicht geschwungenen Bogen über den großen, schwerlidrigen und überraschend blauen Augen.
    »Ich habe Sie mir ganz anders vorgestellt«, sagte Sarah.
    Lächelnd wartete sie, daß er ihre Hand losließ.
    Byron neigte den Kopf, hielt aber ihre Hand noch einen Augenblick länger fest, da er die Wärme in sie zurückfließen spürte. »Was haben Sie denn erwartet?«
    »So genau weiß ich das jetzt nicht mehr.«
    Er wies mit der Hand auf eine Sitzgruppe, dann führte er sie durch den Raum. Sie ließ sich auf einen weich gepolsterten Sessel aus elfenbeinfarbenem Leder nieder.
    »Darf ich Ihnen etwas anbieten?« fragte er.
    Eine Griechenlandreise, einen Mercedes 450 SL und einen Kühlschrank mit Abtauautomatik. Sarah hakte die ersten drei Wünsche ab, die ihr in den Sinn kamen. Ihr ging es schon wieder besser. »Nein«, antwortete sie und lächelte dann unbefangen. »Danke.«
    Byron sah das schnelle Aufblitzen von Humor, äußerte sich aber nicht dazu. Als er sich hinter seinen Schreibtisch setzte, beobachtete Sarah, wie er unbewußt eine Autoritätshaltung annahm. Nun entsprach er ihren Erwartungen. Autorität paßt gut zu ihm, fand sie.
    »Dave Tyson von unserer New Yorker Niederlassung hat sich positiv über Sie geäußert.« Seine Stimme war tief und weich, wie gut gealterter Scotch. Sarah fiel auf, daß er so große Hände und lange Finger wie ein Musiker oder Chirurg hatte. Beim Sprechen ließ er die Hände ruhig auf dem Schreibtisch liegen.
    Sie wandte ihre Aufmerksamkeit von seinen Händen ab und seinem Gesicht zu. Einem äußerst attraktiven Gesicht von unverhohlener Sinnlichkeit, mit Augen, die einen in ihren Bann zogen, weil sie Geheimnisse bargen.
    »Ich freue mich, das zu hören«, meinte sie. Während sie sich entspannter auf ihrem Sessel zurücklehnte, versuchte sie sich vorzustellen, daß sie es sich eher für einen freundlichen Plausch denn für ein wichtiges Vorstellungsgespräch bequem machte.
    »Ich nehme an, ich habe es ihm zu verdanken, daß Sie mich zu diesem Gespräch eingeladen haben.«
    »Ihr beruflicher Werdegang war von großer Bedeutung«, bemerkte er. »Er hat Mr. Haladay sehr gefallen.« Während er weitersprach, dachte sie über das Wunder nach, daß Maxwell Haladay höchstpersönlich ihren Lebenslauf gelesen hatte.
    »Haladay Enterprises ist, wie Sie sicher wissen, das größte und diversifizierteste Bauunternehmen in den Vereinigten Staaten.
    Wir haben die Meßlatte sehr hoch angelegt und stellen nur die besten Fachleute ein. Mr. Haladay war beeindruckt
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