Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zärtlichkeit des Lebens

Zärtlichkeit des Lebens

Titel: Zärtlichkeit des Lebens
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
Vorstellungsgespräch mit dem Niederlassungsleiter in Manhattan, hatte bestens geklappt. Schritt drei mußte also ebenfalls von Erfolg gekrönt sein. Das folgte doch wohl logisch daraus, oder etwa nicht? Sarah biß sich auf die Unterlippe.
    Wenn es ihr in den Kram paßte, dachte sie gern, daß ihre Angelegenheiten sich in folgerichtiger Ordnung entwickeln sollten. Eins, zwei, drei, ohne Umwege. Schritt drei war Byron Lloyd. In Haladays gewaltigem Unternehmen hielt lediglich Maxwell Haladay mehr Macht in Händen als der Mann in der fünfzigsten Etage.
    Sarahs natürliches Selbstvertrauen schwand, je höher die Zahlen kletterten. Eine Stelle als Architektin bei Haladay konnte die Weiche stellen zwischen einer einigermaßen erfolgreichen beruflichen Laufbahn und einer glänzenden Karriere. Bei anderen Unternehmen würde sie lediglich Gebäude entwerfen, bei Haladay hingegen würde sich ihr die Chance bieten,
bedeutende
Gebäude zu entwerfen. Wenn Sarah schon als Architektin tätig war, dann wollte sie auch etwas Großartiges bauen. Der Ehrgeiz hatte sie durchs College getrieben, dann in ein namhaftes New Yorker Büro, und jetzt zu Haladay Enterprises. Auch dies in drei Schritten. Einfache Mathematik, dachte sie und biß sich wieder auf die Unterlippe. Sarah wußte, sie verfügte über so großes Talent, daß sie Schritt drei verwirklichen konnte. Sie bedurfte lediglich einer günstigen Gelegenheit. Während sie zusah, wie die Zahlen sich in den Vierzigerbereich bewegten, fragte sie sich, ob Byron Lloyd ihr diese Chance bieten würde.
    Von der nächsten halben Stunde hing so viel ab. Ich kann es mir nicht leisten, meine Nervosität die Oberhand gewinnen zu lassen. Byron Lloyd muß mich unbedingt als fähig, selbstbewußt und beherrscht kennenlernen. Und das bin ich…
    die meiste Zeit. Es wäre leichter, wenn mir die Stelle nicht so sehr am Herzen läge. Sarah seufzte, doch als die Türen aufgingen, hob sie das Kinn. Sie würde die Stelle bekommen.
    Der Empfangsbereich im fünfzigsten Stock war mit einem goldfarbenen Teppichboden ausgelegt. Sarah konnte sich nicht vorstellen, daß selbst ein Stöckelabsatz jemals durch den zentimeterdicken Flor bis zum Boden gedrungen war. Die drei anwesenden Sekretärinnen musterten sie flüchtig, und schon eilte eine kleine Brünette auf Sarah zu. Sie trug das Haar in einem glatten, kinnlangen Pagenschnitt, der ihre Gesichtszüge und die runden grünen Augen gut zur Geltung brachte. Obwohl sie sich sehr gewandt bewegte, kam Sarah zu dem Schluß, daß ihre Anmut eher einstudiert denn natürlich war. Als sie näher kam, fing Sarah einen leichten Hauch von Arpège auf.
    »Miß Lancaster, ich bin Kay Rupert, die Sekretärin von Mr.
    Lloyd.« Kay streckte die Hand aus. »Hoffentlich hatten Sie einen angenehmen Flug?«
    »Ja.« Da sie Kays Hand zu kühl fand, ließ Sarah sie schnell wieder los. »Ich fliege gern von Osten nach Westen.« Sie schaute auf die Uhr und rechnete schnell den Zeitunterschied aus. »Natürlich verliert man beim Rückflug wieder all die Zeit, so daß sich nichts wirklich ändert.«
    Kay hob bei Sarahs strahlendem Lächeln fast unmerklich die Braue.
    »Nein, wohl kaum. Mr. Lloyd erwartet Sie. Wenn Sie bitte mit mir kommen.«
    Die perfekte Sekretärin, dachte Sarah. Gott sei Dank ist sie nicht meine.
    Sie folgte Kay durch doppelte Glastüren, die auf einen breiten Korridor führten. Die Wände waren in einem perlfarbenen Ton makellos gestrichen, was einen ausgezeichneten Hintergrund für die dort hängenden Gemälde abgab. Zu Kays Mißfallen blieb Sarah stehen, um einen Matisse anzuschauen. »Gehört zu Mr.
    Lloyds Sammlung«, teilte Kay ihr knapp mit.
    Ein Mann mit Geschmack, dachte Sarah, während sie an ihrer Unterlippe nagte. Und mit finanziellen Mitteln. Dieser Gedanke verursachte ein unruhiges Kribbeln in ihrem Magen. Ein Sammler. Sie drehte sich wieder zu Kay um, und ihre Blicke trafen sich. Wie es so ihre Art war, schaute Sarah die Sekretärin unverhohlen an und versuchte nicht, ihren musternden Blick zu verbergen; auch als sie das wachsende Unbehagen der anderen Frau spürte, verschwand ihr Lächeln nicht.
    »Das Bild ist schön«, sagte sie schlicht und schloß sich Kay wieder an.
    Kay drehte sich um und ging weiter den Korridor entlang.
    Diese Dame, dachte Sarah, leistet bestimmt ausgezeichnete Arbeit, die Zusammenarbeit mit ihr ist aber sicher alles andere als ein Zuckerschlecken. Nach einem knappen Klopfen öffnete Kay eine Tür und trat über die Schwelle.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher