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Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten

Titel: Xperten - Der Anfang: Kurzgeschichten
Autoren: Hermann Maurer
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zahlreich vorhandenen anderen Parkmöglichkeiten ein polizeiliches Parkverbot erlassen wird (um so die Benutzung des Parkplatzes zu erzwingen), dann sind dies sehr zweifelhafte Methoden, die überdies Pseudoarbeit generieren: nämlich die Errichtung und Wartung diverser Installationen und die Beschäftigung mehrerer Schichten Bediensteter an der Kassa.
    Die Parkplätze vieler Seilbahnen sind ähnlich ärgerliche Beispiele der Kombination Nepp und Pseudoarbeit. Da zahlt man einen saftigen Beitrag für die Liftkarten und einen zweiten, aber an eine andere Person, für die Parkplatzbenutzung!
    Parkscheine in Kurzparkzonen, die im Lauf der Jahre die sehr viel angenehmeren Parkscheiben fast ganz ersetzt haben, produzieren gleichfalls Pseudoarbeit (Druck, Verkauf und Abrechnung der Scheine …) und verschwenden Papier. (Auch hier gilt: Wenn die Städte die Einnahmen aus diesen Parkscheinen wirklich unbedingt brauchen – viel Geld wird ohnehin im Vertriebsapparat verloren –, dann sollte dieses Geld über bestehende Kanäle wie Kfz-Steuer oder Treibstoffabgabe aufgebracht werden. Sich bei jedem Parkvorgang, vielleicht sogar im Regen einen Parkschein von einem vielleicht gar nicht so nahen Automaten zu besorgen erscheint mir keine besonders sinnvolle Lösung.)
    In dieselbe Kategorie gehört das gesamte österreichische Trafikwesen. Es gibt keinen Grund, warum die in den Trafiken geführten Produkte nicht einfach in Gemischtwarenhandlungen mitverkauft werden. Trafiken sind ein klassisches Beispiel, wie historisch gewachsene Einrichtungen, die irgendwann einen vernünftigen sozialen Sinn hatten, so lange bestehen bleiben, bis sie zu reiner Pseudoarbeit und zu einer Vernichtung verfügbarer Freizeit ausarten. (Pseudoarbeit, weil das Verkaufsvolumen von hundert Trafikanten von einer einzigen zusätzlichen Kassiererin in einem Selbstbedienungsladen übernommen werden kann; und Vernichtung verfügbarer Freizeit, weil es charakteristisch für das Einkaufen in Österreich ist, dass man bei einer größeren Einkaufsliste unzählige verschiedene Geschäfte aufsuchen muss.) Trafiken wurden bekanntlich in der Monarchie geschaffen, um Kriegsversehrten eine Arbeitsmöglichkeit zu geben; wie viele Kriegsversehrte bedienen heute noch in Trafiken?
    Ein anderer Bereich, in dem Gebühreneinhebungen mehr oder minder Pseudoarbeit sind, ist der öffentliche Nahverkehr. Bei den Defiziten aller städtischen Verkehrsbetriebe und angesichts der Tatsache, dass die meisten Benutzer ohnehin gratis oder verbilligt fahren (Schüler, Senioren …), und wenn man bedenkt, dass immer wieder das Umsteigen von Privatautos auf Massenverkehrsmittel gefordert wird, sind der Druck und Verkauf von Fahrausweisen, die Erzeugung und Wartung von Entwertungsautomaten, die Fahrkarten-Kontrolleure usw. nichts anderes als ein aufgeblähtes System von Pseudoarbeit. Selbst das gesamte System der Arbeitslosen- und Hilflosenunterstützung kann als Pseudoarbeit gesehen werden, wenn man ein Grundeinkommen für alle Österreicher einführt wie ich im Beitrag 1.4: »Das Grundeinkommen« erläutere.
    Der vielleicht größte Beitrag zur Generierung von Pseudoarbeit wird aber in den Büros, vor allem in der staatlichen Verwaltung, geleistet. Die überdimensionierte Bürokratie in allen Ländern Europas enthält, dessen bin ich sicher, Teilbereiche, die sich nur gegenseitig Arbeit schaffen. Abteilung A verschickt zum Beispiel Fragebögen an eine Gruppe von Personen X (schafft auch bei diesen Pseudoarbeit oder vernichtet verfügbare Freizeit), die schlecht ausgefüllten Fragebögen (deren Daten daher in Wahrheit ohnehin unbrauchbar sind) werden dann von Abteilung B ausgewertet und von Abteilung C liebevoll zehn Jahre lang archiviert. Die Überbürokratisierung hat in verschiedenen Ländern verschiedene Gründe. In Österreich etwas ist es ein historischer: Die zentrale Verwaltung der Österreichisch- Ungarischen Monarchie mit rund 60 Millionen Einwohnern war bis 1918 in Wien konzentriert; nach 1918 verwaltete plötzlich dieselbe Beamtenschaft nur mehr knapp 7 Millionen Einwohner. Mit Ende des Ersten Weltkriegs stieg die Anzahl der Beamten pro tausend Österreicher sprunghaft an. Von diesem Schlag hat sich Österreich nie mehr erholt! Die vielen Beamten-Witze bestehen nicht zu Unrecht (»Am besten man heiratet einen Beamten. Wenn der am Abend nach Hause kommt, ist er ausgeschlafen und hat die Zeitung schon gelesen«). Übrigens, alle Beamten, die dies lesen – und natürlich auch
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