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Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Titel: Xeelee 5: Vakuum-Diagramme
Autoren: Stephen Baxter
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Lichtgeschwindigkeit. In ihrem ›Kielwasser‹ bildeten sich flache glühende Wellen – Flächen, die Materie mit einer Geschwindigkeit von ein paar Kilometern pro Sekunde anzogen.
    Paul richtete den Blick in die Mitte des Rings. Dort fand er eine Singularität. Sie war eine kreisrunde Störstelle: Der Raum war durch die Rotation der gewaltigen Masse des Rings aufgerissen. Die Singularität durchmaß etwa dreihundert Lichtjahre – viel weniger als der Ring selbst.
    Wenn der Ring sich langsamer gedreht hätte, wären die Postulate der Kerr-Metrik erfüllt worden. Die Singularität wäre dann von zwei Ereignishorizonten ummantelt gewesen – von Einbahn-Membranen ins Zentrum und einer dahinter befindlichen Ergosphäre: Eine Region mit einer so starken Anziehungskraft, dass nichts mit Unterlichtgeschwindigkeit ihr zu entkommen vermochte.
    Doch drehte der Ring sich nun einmal mit der gegebenen Geschwindigkeit… zu schnell, um die Bildung eines Ereignishorizonts und einer Ergosphäre zuzulassen. Deshalb war die Singularität nackt.
    Durchs Loch in der Mitte des Rings sah er verschwommen Schlieren aus blauverschobenem Sternenlicht. Hier waren die Wellenfunktionen verdrillt und gebrochen; hier war der Raum ›zerknittert‹ wie ein billiger Anzug.
    Freilich war diese Verzerrung gerade Sinn und Zweck des Rings: Er war eine Kerr-metrische Schnittstelle, eine Route zu anderen Universen – das Tor, durch das die Xeelee entkommen waren.
    Geisterhafte Schwärme glitten durch das Dickicht aus kosmischen Strings, das den Ring ausmachte.
    Paul erweiterte seine Wahrnehmung, um den ganzen Ring zu erfassen. Der Raum wimmelte nur so von Photino-Vögeln, die lautlos und zielstrebig ihre Bahn zogen. Irgendwie wirkte das große Artefakt hilflos, und Paul fühlte den Drang, vorzupreschen und das glorreiche baryonische Artefakt zu schützen.
    Dann schienen die Photino-Vögel zu einer Entscheidung zu kommen. Ein riesiger Pulk aus Vögeln, Milliarden an der Zahl, konzentrierte sich an einer Sektion des Rings – vielleicht eine Schwachstelle –, und vom ganzen Umfang des Rings kamen weitere Schwärme in kurzen Hyperraum-Sprüngen herbei und schlossen sich der anschwellenden Menge an. Bald harrten nur noch ein paar Späher an der Peripherie des Rings aus, und um die Schwachstelle hatten sich so viele Vögel versammelt, dass sie fast den ganzen Ring verdeckten.
    Vorsichtig schob Paul sein Bewusstsein näher an die bedrohte Region heran. Er sah, dass die Photino-Vögel nun in die Struktur des kosmischen Strings selbst eindrangen.
    Wenn ein kosmischer String sich überlagerte, kappte er sich selbst, und an der alten Schleife knospte eine Sub-Schleife. Und vielleicht überlagerte diese SubSchleife sich auch und zerfiel in noch kleinere Schleifen… und so weiter.
    Paul wusste, was das bedeutete. War der Prozess einmal angestoßen, würde ein exponentieller Verfall eintreten. Deshalb lenkten die Vögel durch die Konzentration ihrer Masse die String-Schleifen ab, so dass sie sich schnitten. Bald drifteten Fäden – viele tausend Meilen lange String-Fragmente – aus der Struktur und durchdrangen ungehindert die Reihen der Vögel.
    Die geister-grauen Vögel gerieten bei ihrem Zerstörungswerk schier in Ekstase, und schon nach ein paar Minuten färbte ein dünner Riss im Ring – nicht mehr als ein Lichtjahr breit – sich gelb.
    Die Photino-Vögel durchtrennten den Ring, wie Paul mit Unbehagen erkannte, und es sah so aus, dass sie bald damit fertig sein würden. Und seine kleine Schar von Menschen war noch immer Stunden entfernt.
    Er jagte über die Ebene des Rings und studierte den turbulenten Raum im Zentrum. Wegen der Aktivitäten der Photino-Vögel glich die Kerr-metrische Zone einem Teich, in den Kieselsteine geworfen wurden. Sterne spiegelten sich verzerrt in der inter-universalen Oberfläche, die in einem milchig blauen Licht glühte. Der Zugang zur Zone musste bereits unterbrochen sein…
    …und eine Schockwelle aus Gravitationsstrahlung brandete gegen ihn an.
    Sofort zog er die Aufmerksamkeits-Brennpunkte vom Ring ab und stieg zum Dach dieser aus Sternen gemauerten Kammer empor; er kam sich vor wie ein Insekt in einer riesigen Kathedrale. Irgendetwas Monströses war in dieser Region des Raums eruptiert, nur Lichtminuten von ihm entfernt. Er sondierte den Raum um den Ring und suchte nach der Quelle der Gravitationsstrahlung.
    Sie war aus dem Hyperraum gebrochen wie eine Faust. Zunächst erkannte Paul nichts außer einem Feuerwerk aus
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