Xeelee 5: Vakuum-Diagramme
Reaktion, auf die er gewartet hatte. Geisterhafte Schiffe mit meilenweiten Schwingen erschienen im System des Gasplaneten.
Die Präsenz des antiXeelee würde einem aufmerksamen Beobachter suggerieren, dass die Xeelee in den Kosmos zurückgekehrt seien. Und das hatte, Pauls Kalkül gemäß, den Erzfeind der Xeelee, die Dunkelmaterie-Photino-Vögel auf den Plan gerufen.
Paul hielt mit größter Anstrengung die Illusion/Substanz des antiXeelee aufrecht. Dann nahmen die Dunkelmaterie-Schiffe, wie Paul gehofft hatte, Kurs auf ein neues Ziel.
Er entspannte sich, und die Silhouette des antiXeelee verschmolz mit dem Quanten-Rauschen des Universums.
In der festen Überzeugung, dass die Xeelee eine Invasion des Universums planten, aus dem sie vertrieben worden waren, gaben die Photino-Vögel ihre Projekte auf und konzentrierten ihre gesamte Energie auf Bolders Ring. Sie hatten bereits langfristige Mechanismen zur Zerstörung des Rings implementiert. Nun musste die Schließung dieses Tors forciert werden; der Ring musste gesperrt werden, ehe die Xeelee ihn als Einfallstor benutzten.
Doch wenn der Ring geschlossen wurde, wären die Qax in einem sterbenden Universum eingesperrt und der Traum von der Unsterblichkeit der Spezies gefährdet. Deshalb, so Pauls Kalkül, würden die Qax die Photino-Vögel an der Zerstörung des Rings hindern müssen. Mit einem Gefühl von Belustigung und Faszination verfolgte er die aufgeregte Debatte der Qax, wobei Raum und Zeit in allen Maßstäben von Daten und Propositionen widerhallten.
Paul wurde von niemandem mehr beachtet. Er gestattete sich einen Moment des Überschwangs. Sein Plan schien zu funktionieren. Dann hätte er nicht nur den Überresten der Menschheit eine Überlebenschance geboten, sondern auch die Imperative zweier großer Rassen geändert.
Er glitt übers Quantennetz zu seiner menschlichen Schar.
Aus dem ganzen Universum strebten riesige Kampfverbände Bolders Ring zu.
* * *
Der Freund war zurückgekehrt. Und die Visionen waren so lebendig, dass sie schier geblendet wurde.
Ein Ort, unvorstellbar weit entfernt, wo ein funkelnder Ring im Raum sich drehte; ein Ort, wo das ganze Sternenlicht blau war…
»Erwal? Alles in Ordnung mit dir?«
Die phantastischen Bilder überlagerten Suras besorgtes Gesicht. Erwal rieb sich die ledrige Haut um die Augen. Mit von anderen Welten umwölktem Blick klammerte sie sich an die tröstlichen Bruchstücke der Realität: Das Lachen der Kinder, den süßen milchigen Geruch der Mummy-Kuh. »Ich bin in Ordnung. Nur ein bisschen benebelt. Ich muss mich setzen…« Mit Suras Hilfe stützte sie sich gegen die warme weiche Wand der Kammer und ließ sich wie eine Blinde tastend auf dem Boden nieder.
Sie jagte über den riesigen geflochtenen Ring; die Finger zitterten in der Handschuh-Steuerung.
Sie öffnete schaudernd die Augen.
Sura setzte sich neben sie und hielt ihre Hand. »Du bist nicht nur ein bisschen benebelt, stimmt’s?«
»Nein.« Erwal zögerte, obwohl sie sich danach sehnte, die Last abzuschütteln. »Sura, ich glaube, wir müssen wieder eine Reise unternehmen. Wir müssen von hier verschwinden.«
Sura verstärkte den Griff. »Wieder durch den Schnee? Aber…«
»Nein, du verstehst nicht. Im Schiff. Wir müssen mit dem Schiff reisen.«
»Aber wohin?«
Erwal sagte nichts.
»Wieso müssen wir überhaupt gehen?«, fragte Sura. »Ich verstehe das nicht. Woher weißt du das alles? Du machst mir Angst, Erwal.«
»Es tut mir leid. Das wollte ich nicht. Aber ich glaube nicht, dass ich eine Erklärung habe. Und…« Und ich habe auch Angst, sagte sie sich. Nicht vor den geheimnisvollen Visionen – nicht mehr –, sondern davor, wofür sie standen: Eine Reise, wie sie seit Millionen von Jahren kein Mensch mehr unternommen hatte.
Sie wollte nicht gehen. Sie wollte lieber hier im Warmen bleiben, anstatt sich wieder der Gefahr und Ungewissheit auszusetzen. Doch die Visionen waren viel machtvoller als zuvor; es war, als ob der Freund ihr ins Gesicht schrie.
Der Freund hatte Angst, wie ihr plötzlich bewusst wurde. Doch wovor sollte solch ein gottähnliches Wesen sich wohl fürchten?
»Wir müssen gehen«, sagte sie und spürte, wie Suras Hand sich in ihrer versteifte. »Du glaubst, ich sei verrückt, nicht wahr?«, fragte sie sanft.
»Nein, Erwal, aber…«
»Du musst mir noch einmal vertrauen«, sagte Erwal mit bemüht ruhiger Stimme. »Schau, in der Vergangenheit habe ich auch immer Recht gehabt. Mit den heilenden Paneelen und
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