Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Xeelee 5: Vakuum-Diagramme

Titel: Xeelee 5: Vakuum-Diagramme
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
Mondlandschaft an.« Hassans dunkles Gesicht war hinter dem vergoldeten Visier kaum zu erkennen. »Geht dir denn nicht das Herz auf bei diesem großartigen Anblick, Susan Chen? Wer wollte nicht für eine Weile hier allein sein und Kontemplation im Angesicht der Unendlichkeit betreiben?«
    Die Eremiten machen alle nur Ärger, sagte Chen sich. Niemand kam an einen so entlegenen Ort wie diesen – der er jedenfalls gewesen war, bis man das Wurmloch hier positioniert hatte –, wenn er oder sie keinen triftigen Grund dafür hatte.
    Chen hatte den Auftrag, den Grund für Marsdens Rückzug in die Einsamkeit herauszufinden. Sie hoffte inständig, dass es sich um etwas Harmloses und Akademisches handelte, weitab von den menschlichen Niederungen. Falls jedoch etwas Schwerwiegendes vorlag, wollte sie es gar nicht wissen.
    Hassan spürte ihr Unbehagen und grinste. Seine weißen Zähne schimmerten hinter dem vergoldeten Helmvisier. Lass ihn doch. Sie legte den Kopf in den Nacken und versuchte Muster in den Wolken von Neptun zu erkennen.
    * * *
    Es gab eine Reihe peripherer Strukturen: Flachere Kuppeln, die sich an die Hauptkuppel schmiegten, als ob sie dort Schutz suchten. Chen sah, dass Vorräte in den Kuppeln aufgestapelt waren. Neben der Anlage parkte ein kleiner Gleiter, der veraltet, doch offensichtlich einsatzbereit war. Er saß in einem breiten flachen Krater, den der Abgasstrahl in die Oberfläche gefräst hatte. Statuslampen blinkten gemächlich. Chen wusste, dass man Marsdens EFT-Schiff, mit dem er aus dem inneren System hierher gekommen war, unversehrt in einem hohen Orbit um den Mond gefunden hatte.
    Die Station war trist und nüchtern, schien sich aber in gutem Zustand zu befinden. Wieso hatte Marsden die Anrufe dann nicht beantwortet?
    Hassan war ein Funktionär der intraSystem-Regierung. Nachdem Marsden nicht auf die Ankündigungen vom Aufbau der Interface-Kolonie reagiert hatte, war Hassan durchs neue Wurmloch hergeschickt worden, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Er hatte Bayliss mitgenommen, eine frühere Mitarbeiterin von Marsden – und Chen, die eigentlich zur Interface-Mannschaft gehörte, aber über gewisse Erfahrung in der Beurteilung neuer Situationen verfügte…
    Hassan näherte sich dem Eingang der Kuppel. Chen strich unwillkürlich über den Waffengurt. Die Tür öffnete sich und gab den Blick in eine leere Luftschleuse frei.
    Das dreiköpfige Expeditionskorps quetschte sich in die enge Schleuse. Sie vermieden geflissentlich Blickkontakt, während der Schleusenzyklus ablief. Chen musterte die Wand und rüstete sich seelisch für das, was sie in der Kuppel vorfinden würde. Wie Marsdens Gleiter war auch das Innere der Station funktional, trist und spartanisch.
    Bayliss beobachtete sie neugierig. »Du versuchst dir ein Bild von Marsden zu machen, stimmt’s? Das Ambiente ist so – kahl. Es sagt gar nichts über ihn aus.«
    »Ganz im Gegenteil«, sagte Hassan mit leiser Stimme. Der große Mann hatte sich in der Schleuse regelrecht verkeilt. »Ich glaube, Chen hat sich bereits ein umfassendes Bild von ihm gemacht.«
    Die Innentür glitt lautlos auf.
    Hassan führte sie aus der Schleuse in die Kuppel. Chen verharrte am Eingang. Sie stand mit dem Rücken zur Wand, und die Hände schwebten über den Waffen.
    Stille.
    Leuchtstoffkörper, die von der gerippten Decke hingen, zeichneten Rechtecke aus fahlem Licht auf den blanken Boden. Ein Viertel der Grundfläche der Kuppel wurde durch Trennwände abgeteilt, und der Rest wurde von Computer-Terminals belegt.
    Hinter den Trennwänden sah sie ein Bett, eine Dusche und eine kleine Küche mit aufgestapelten Konservendosen. Die Küche und die Duschkabine machten einen sauberen Eindruck, aber das Bett war zerwühlt. Nachdem sie einen Blick auf die Anzeigen des Lebenserhaltungssystems geworfen hatte, öffnete sie das Helmvisier und sog vorsichtig die Luft ein. Ein schwacher Geruch nach menschlichen Ausdünstungen lag in der Luft – muffig, wie schmutzige Wäsche. Der Bereich wurde weder durch Farbtupfer noch durch dekorative Elemente aufgelockert. Es herrschte absolute Stille, die nur durch die leise summenden Computer und Hassans und Bayliss’ unregelmäßigen Atem unterbrochen wurde.
    Eine Anomalie indes stach ins Auge: Ein kreisrunder, drei Meter durchmessender Ausschnitt im Boden, der schwach glühte. Ein gedrungener Zylinder, etwa so groß wie ihre Faust, wuchs aus dem Mittelpunkt der Scheibe. Und da lag etwas auf dieser Scheibe aus Licht und warf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher