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X 7 antwortet nicht

X 7 antwortet nicht

Titel: X 7 antwortet nicht
Autoren: Stefan Wolf
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gerade
in der Branche gäbe es viele schwarze Schafe, wie man ja anhand der miesen
Wohnsilos und Mietskasernen überall feststellen könnte.
    Er schimpfte den ganzen Weg — auf
alles, was ihm in den Sinn kam. Bis seine Freunde ihn aufforderten, sich den
Mund doch endlich mit Schokolade zuzustopfen.
    „Das höre ich zum ersten Mal“, lachte
er. „Und recht habt ihr. Nur mit Schokolade gewinne ich mein seelisches
Gleichgewicht zurück.“
    Das Polizeirevier lag in einer
schattigen Nebenstraße. Ein Streifenwagen parkte schräg auf dem Bordstein. Die
Kinder betraten die Amtsstube. Sie roch alt und staubig. Holzdielen knarrten.
Und hinter einer Barriere machten zwei Uniformierte an ihren Schreibtischen
Dienst.
    Ein Polizeimeister biß gerade in sein
Leberwurstbrot, legte es dann bedächtig auf ein leeres Formular und bedeutete
den Kindern, sich zu gedulden, bis er aufgekaut hätte. Das geschah ohne Hast.
Dann fragte er freundlich, worum es ginge.
    Tarzan machte sich zum Wortführer und
berichtete knapp, aber lückenlos.
    „Gansangerweg?“ sagte der Polizist. „Na
so was! Das ist nämlich ganz in der Nähe. Da können wir gleich feststellen, ob
es den Herrn Kuhleber gibt.“
    Er wandte sich an seinen Kollegen, der
verbissen mit einem Finger auf einer uralten Schreibmaschine tippte und dabei
die Lippen bewegte. Offenbar buchstabierte er jedes Wort.
    „Josef, ich gehe mit den Kindern mal
rüber.“
    Josef nickte. „... erklärte... die...
Beschuldigte. Ist gut, Werner!“ Er hatte weiter getippt, ohne den Blick zu
heben.
    Der Polizeimeister griff nach seiner
Mütze.
    Auf der Straße sagte er: „Das sind
sicherlich eure Räder. Aber wir können zu Fuß hin.“
    Es war nur ein Katzensprung. Sie gingen
ein Stück die Straße hinunter und bogen dann auf einen sandigen Weg ab. Er
führte auf freies Feld hinaus, denn das Revier lag am Stadtrand. Den Weg
säumten kleine Grundstücke mit ebenso kleinen, schmucklosen Häusern. Ein Bach
plätscherte neben dem Weg dahin, war zum Teil kanalisiert, kam aber immer
wieder ans Tageslicht. Das Wasser sah trübe aus und roch auch so.
    Gansangerweg Nr. 10 konnte man über
eine schmale Brücke erreichen. Am Gartentor hing ein Namensschild. H. E.
Schmid.
    Eine primitive Klingel zierte den
Pfosten. Doch klingeln mußten sie nicht, denn H. E. Schmid befand sich im
Garten und jätete Unkraut. Er hatte die Hemdsärmel hochgestreift, die Hose mit
mächtigen Trägem gesichert und einen buschigen Schnauzbart unter der Nase. Die
Sonne beschien seinen ältlichen Graukopf.
    Neugierig blickte er auf. Der
Polizeimeister grüßte.
    „Gibt es hier einen Herrn namens Horst
Kuhleber?“
    „Wie bitte?“ Der Graukopf schien
schwerhörig zu sein und legte eine erdige Hand hinters Ohr.

     
    „Sind Sie Horst Kuhleber?“ brüllte der
Polizist.
    „Meine Name ist Schmid.“
    „Gibt es hier einen Horst Kuhleber?“
    „Wie kommen Sie darauf? Ich wohne
allein.“
    „Und vielleicht in der Nachbarschaft?“
Zur Verdeutlichung zeigte der Polizist auf umliegende Häuser.
    „Ich kenne keinen Kuhleber“, sagte
Schmid. „Und ich kenne hier jeden. Seit 40 Jahren wohne ich hier. Damals wurde
man mit dem Unkraut noch fertig. Aber jetzt... Entweder ich vertilge es mit
Chemikalien, aber dann kann ich auch gleich die Stachelbeeren in den Kamin
schreiben, oder... Was ist denn mit diesem Kuhleber?“
    „Nur eine Routineangelegenheit“, sagte
der Polizeimeister. „Vielen Dank.“
    Als sie zurückgingen, sagte er: „Pech
gehabt. Aber das war ja fast zu erwarten. Immerhin beweist es: der Mann muß der
Dieb sein. Sonst hätte er es nicht nötig, einen falschen Namen anzugeben. Wir
nehmen jetzt ein Protokoll auf. Allerdings kann ich euch keine großen
Hoffnungen machen. Es müßte schon ein irrer Zufall sein, wenn die Kamera noch
mal auftaucht. Tut mir leid für dich.“
    Er klapste Klößchen auf die Schulter.
    Protokoll? dachte Tarzan. Wenn auch er
nur einfingerig tippt, sitzen wir heute abend noch hier.
    Aber die Sorge war unberechtigt. Der
Polizeimeister beherrschte immerhin ein Drei-, bzw. Vierfingersystem. Ganz
genau ließ sich das nicht feststellen. Denn manchmal tat der linke Mittelfinger
mit — manchmal auch nur der linke Zeigefinger. Immerhin hätte er bei einem
Wettippen seinen Kollegen klar auf den zweiten Platz verwiesen. Das Protokoll
dauerte keine zehn Minuten.
    Alles stand drin. Nur nichts vom
Fotografen Rosenthal und der heißen Spur, die sich möglicherweise mit dem Bild
der Rothaarigen ergeben
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