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Wyrm

Wyrm

Titel: Wyrm
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sich dieses Unternehmen als gar nicht so einfach, wie es im ersten Moment den Anschein gehabt hatte. Der Wald endete zwar zu beiden Seiten des Tales auf dem Grat und die sanft abfallenden Hänge waren nur spärlich bewachsen, aber die Straße wurde auch immer schlechter. Die Schlaglöcher erreichten bald eine Tiefe von einem Meter oder mehr, und die Risse waren keine Risse mehr, sondern Gräben, über die er mehr als einmal nur mit gewagten Sprüngen hinwegsetzen konnte.
    Schließlich verschwand die Fahrbahn ganz. Vor ihm lagen jetzt nur noch einige fast formlose, nicht mehr miteinander verbundene Teerflecke, die keinem erkennbaren Muster mehr folgten. Selbst wenn er diese ärgerliche Wagenpanne nicht gehabt hätte, wäre er mit dem Ford auf diesem Weg nicht bis zur Farm gekommen.
    Da es nun keinen Weg mehr gab, dem er folgen konnte, visierte er den einzigen Durchgang in dem Erdwall rings um die Farm an und marschierte in direkter Linie darauf zu. Er kam allerdings immer noch nicht annähernd so schnell vorwärts, wie er wollte, denn der Hang war mit zwar meist nur kniehoher, aber sehr dichter Vegetation bewachsen. Manchmal waren Büsche und Unterholz so ineinander verfilzt, dass es einer Machete bedurft hätte, um hindurchzukommen, und er traf immer wieder auf große Ansammlungen eines zähen, mit spitzen Dornen bewehrten Gebüschs, dem er lieber im großen Bogen aus dem Weg ging. Obwohl er auf seinem Weg nach unten so vorsichtig wie nur möglich war, war seine gesamte Erscheinung vollkommen derangiert, als er die Lücke im Erdwall endlich erreichte.
    Er blieb noch einmal stehen und versuchte seine Kleider in Ordnung zu bringen, mit allerdings höchst mäßigem Erfolg. Hemd und Jacke waren vollkommen verdreckt, und in seiner Hose entdeckte er zu seinem großen Ärger einen gezackten Riss, den er nach seiner Rückkehr nach Providence wohl für viel Geld würde kunststopfen lassen müssen. Trotzdem tat er, was er konnte, um seine Erscheinung wenigstens einigermaßen in Ordnung zu bringen. Schließlich war er eine Amtsperson und in einer hochoffiziellen Mission hier, und es war seinem Anliegen sicher nicht von Nutzen, wenn er wie ein abgerissener Bettler vor Morrison trat.
    Als er mit seinen Vorbereitungen fertig war und aufsah, erblickte er eine Gestalt, die unter der Tür eines der beiden größeren Gebäude stand und zu ihm herübersah. Obwohl die Entfernung zu groß war, um viele Einzelheiten zu erkennen, wusste er sofort, dass er Morrison gegenüberstand, dem Besitzer der Farm. Waiden hatte ihm ihn hinlänglich beschrieben. Der Mann war ein Krüppel. Seine verwachsene Gestalt war trotz der großen Entfernung deutlich zu erkennen, und er hielt ein Schrotgewehr in den Armen. Auch das war etwas, was er von Waiden wusste: Morrison verließ das Haus niemals ohne seine Waffe.
    Coppelstone klemmte sich seine Papiere unter den linken Arm, straffte sich und marschierte hoch aufgerichtet und mit energischen Schritten los. Von Waiden wusste er, dass Morrison schwierig war, aber manchmal genügte bei diesen einfachen Leuten vom Lande schon ein energisches Auftreten und ein selbstbewusster Habitus, um den Großteil aller Schwierigkeiten aus dem Weg zu räumen.
    Während er näher kam, blickte ihm Morrison wort- und reglos entgegen, und Coppelstone seinerseits unterzog die verwachsene Gestalt einer zweiten, eingehenderen Musterung. Morrison war wirklich sonderbar – Coppelstone erinnerte sich jetzt, dass Waiden das Wort unheimlich benutzt hatte, und obwohl er mit solcherlei Attributen normalerweise höchst vorsichtig umging, konnte er ihm in diesem Fall nur beipflichten.
    Dabei konnte er – mit Ausnahme des Gesichts, das ein reiner Albtraum war – nicht einmal genau sagen, welcher Art seine Verkrüppelung war. Er hatte zwei Arme, zwei Beine und an jeder Hand fünf Finger, doch seine gesamte Gestalt schien irgendwie … verschoben, als hätte jemand eine menschliche Gestalt aus Lehm geformt und anschließend ein paarmal kräftig auf den Boden gestaucht, sodass zwar alles da, aber irgendwie nicht mehr ganz an seinem üblichen Platz und irgendwie auch nicht mehr richtig proportioniert war. Morrisons linke Hand zum Beispiel war wesentlich dicker als die rechte, die Finger kürzer und plumper, und seine Schultern bildeten keine gerade Linie, sondern fielen steil zu einer Seite ab. Sonderbarerweise konnte Coppelstone nicht sagen, zu welcher – es schien immer gerade die zu sein, die er ansah, als befände sich seine gesamte
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