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Wyrm

Wyrm

Titel: Wyrm
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gut gemeinten Rat einer alten Frau hören wollen: auch die Stadt.«
    Das war deutlich. Coppelstone stand auf und griff nach seiner Brieftasche, aber die Restaurantbesitzerin winkte ab. »Das Essen geht auf Kosten des Hauses.«
    »Danke«, sagte Coppelstone kühl.
    »Dafür gibt es einen Grund«, antwortete Ellie Garver. »Wir wollen Ihr Geld hier nicht. Gehen Sie.«
    Um die Situation – soweit dies überhaupt möglich war – nicht noch peinlicher zu machen, verzichtete Coppelstone auf jede Antwort und verließ das Restaurant, so schnell es gerade noch möglich war, ohne endgültig das Gesicht zu verlieren.
    Heller Sonnenschein, aber auch eine fast unnatürliche Ruhe schlugen ihm entgegen, als er auf die Straße hinaustrat. Aus der Schmiede drang noch immer das gleichmäßige Geräusch von Karlssons Hammerschlägen, doch ansonsten herrschte eine fast geisterhafte Stille, und vor allem: Es war nicht ein Mensch auf der Straße zu sehen. Magotty lag wie ausgestorben da.
    Coppelstone wusste aus seinen Unterlagen, dass die Gemeinde nicht einmal zweihundert Seelen zählte, und dabei waren die Farmer im Umkreis von fünf Meilen bereits mitgezählt. Trotzdem hätte er wenigstens einige Menschen sehen müssen.
    Möglicherweise waren sie ja in der Kirche. Coppelstone warf einen Blick auf seine Taschenuhr, stellte fest, dass es knapp drei vorüber war – also ganz und gar nicht die Zeit für einen gemeinsamen Kirchgang –, und dann wandte er sich der kleinen Baptistenkirche am anderen Ende des Ortes zu. Nach seinem jüngsten Erlebnis schien es ihm nicht unbedingt ratsam, den Kontakt zu anderen Einwohnern Magottys zu suchen. Andererseits dachte er nicht daran, so einfach klein beizugeben, und vielleicht war es an der Zeit, Stärke zu zeigen. Er musste es vermutlich, wenn er hier überhaupt Erfolg haben wollte.
    Nun ist es ein ziemlich schmaler Grat zwischen Stärke zeigen und provozieren, und dieser Unterschied war Coppelstone sehr wohl bewusst. Vielleicht war es keine so üble Idee, wenn er tatsächlich in die Kirche ging, gerade weil im Augenblick keiner der Dorfbewohner dort war, und mit dem Geistlichen sprach. Das war oft die einzige Möglichkeit, Einzelheiten über eine Gemeinde herauszufinden, deren Einwohner sich als wenig kooperativ erwiesen.
    Während er langsam die menschenleere Straße hinunterging, dachte er an Waiden, seinen Assistenten. Die Liste der Dinge, über die sie nach seiner Rückkehr reden mussten, begann allmählich ziemlich lang zu werden.

06
    Obwohl die Kirche am jenseitigen Ortsrand lag und er nur gemächlich schlenderte, brauchte er nicht einmal fünf Minuten, um sie zu erreichen. Sie war sehr klein, befand sich aber in einem ausgezeichneten Zustand und lag hinter einem schmucken, weiß gestrichenen Lattenzaun. Das winzige Grundstück war fast zur Gänze von Blumenrabatten und blühenden Büschen bedeckt, und der Geruch von frischer Farbe lag in der Luft. Die Einwohner von Magotty mochten sonderbar sein, aber sie pflegten ihr Gotteshaus mit großer Sorgfalt. Wahrscheinlich waren sie sehr gläubig, wie es bei solch kleinen Gemeinden auf dem Lande häufig der Fall war. Das konnte sich für Coppelstones Pläne als ganz besonders gut, aber auch als ganz besonders schlecht erweisen – möglicherweise war der Pfarrer ebenso verstockt wie alle anderen hier. Wenn es ihm jedoch gelang, ihn auf seine Seite zu ziehen, dann war er ein gutes Stück weiter.
    Trotzdem zögerte er noch einen Moment, ehe er das Tor öffnete und die drei Stufen zur Kirchentür hinaufging, und noch einmal, bevor er die Hand auf die Klinke legte und sie herunterdrückte.
    Die Tür war verschlossen. Die Klinke ließ sich nur ein winziges Stück nach unten drücken und rührte sich dann nicht mehr. Coppelstone rüttelte zwei-, dreimal vergeblich an der Tür, hob dann die Hand und klopfte energisch.
    Er bekam keine Antwort, doch als er die Hand wieder zurückzog, klebte weiße Farbe an seinen Fingerknöcheln. Die Tür schien tatsächlich vor sehr kurzer Zeit gestrichen worden zu sein. Prüfend hob er die Hand ans Gesicht und roch frischen Lack, wie nicht anders zu erwarten gewesen war. Doch er roch auch noch etwas anderes … etwas … Düsteres … Schlechtes. Es war nur ein Hauch, noch nicht einmal das, nur die Andeutung eines Hauches, und doch, so schwach er auch sein mochte, so war er doch so fremdartig und falsch, dass es ihm einfach nicht möglich war, ihn zu ignorieren. Und er … erinnerte ihn an etwas. Coppelstone
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