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Wyoming 2 - Wildes Herz

Titel: Wyoming 2 - Wildes Herz
Autoren: Johanna Lindsey
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Jocelyn und ihre recht große Entourage noch tun mußten, war aufbrechen. Sogar gepackt war schon alles.
    Vanessa hatte den Gründen für diese Voraussicht des Herzogs recht skeptisch gegenübergestanden, bis sie seine entfernten Verwandten kennengelernt hatte, die >Geier<, wie er sie nannte, die nur darauf warteten, sich auf seine Besitztümer zu stürzen und sie zu zerpflücken.
    Hatte man je einen Menschen als habgierig, hart und erbarmungslos bezeichnen können, so war das Maurice Fleming, der derzeitige Erbe des Herzogtums. Edward hatte keine nahen Verwandten. Maurice war nur ein Cousin zweiten Grades, mit dem es der Herzog noch nicht einmal im selben Raum aushielt. Aber Maurice mußte eine weitverzweigte Familie unterstützen, die angeheiratet war, und außerdem eine Mutter und vier Schwestern, und zu behaupten, er könne Edwards Ableben kaum erwarten, wäre zu gelinde ausgedrückt. Er hatte auch seine Spitzel in Fleming Hall, die ihn über Edwards Zustand auf dem laufenden hielten, und in dem Moment, in dem der Herzog für tot erklärt würde, würde es zweifellos an der Haustür klopfen.
    Die arme Jocelyn war in etwas hineingezogen worden, was man nur noch als eine Familienfehde über die Generationen bezeichnen konnte. Edwards Verwandte hatten ihr Bestes getan, um ihn davon abzubringen, sie zu heiraten. Als sie damit gescheitert waren, hatten sie gewisse Drohungen ausgestoßen, zwar nicht in Edwards Hörweite, aber er hatte trotzdem davon erfahren. All die Vorkehrungen, die er für die Zukunft seiner jungen Ehefrau traf, gingen nicht nur auf einen übermäßig ausgeprägten Beschützerinstinkt zurück, sondern waren leider begründet.
    Vanessa wäre jetzt die erste gewesen, die ihm zugestimmt hätte, daß es Irrsinn war, in England zu bleiben und das Schicksal herauszufordern. Der neue Herzog würde nicht untätig dasitzen und Zusehen, wie ein Großteil des Familienbesitzes seinem Zugriff entzogen wurde. Er hätte alles getan, was in seiner Macht stand, um alles wieder an sich zu bringen, und in seinem Rang als der neue Duke of Eaton würde seine Macht immens sein. Aber Edward legte es mit großer Entschlossenheit darauf an, daß Maurice und seine habgierige Familie nichts von ihm bekommen sollten, was nicht rechtlich als Erbe an sie fiel, und daß Jocelyn für ihre Anhänglichkeit und ihre selbstlose Aufopferung alles bekommen sollte.
    Wenn jemand Vanessas Rat und Unterweisung brauchte, dann war es dieses junge Mädchen mit den feuchten Augen. Jocelyn wollte England und alles, was ihr lieb und vertraut war, nicht verlassen. Seit er diesen Vorschlag zum ersten Mal gemacht hatte, diskutierte sie mit ihrem Mann darüber, doch es war zwecklos. Sie war in dieser Hinsicht wie ein Kind, das sich vor dem Unbekannten fürchtete. Sie konnte nicht begreifen, in welche Gefahr sie sich begäbe, wenn sie bliebe und Maurice in die Hände fiele. Vanessa dagegen begriff es. Gütiger Himmel, man durfte es sich gar nicht vorstellen. Jocelyn mochte zwar die Herzogin - und zwangsläufig bald die Herzoginwitwe - sein, aber Maurice hatte eine Frau, die die neue Duchess of Eaton sein würde, doch Jocelyns Titel würde sie nicht im geringsten schützen, wenn Maurice sie erst in der Hand hätte.
    »Euer Gnaden? « Die Haushälterin tauchte zögernd in der Tür auf, und der persönliche Arzt der Königin stand an ihrer Seite. »Euer Gnaden? «
    Sie mußte noch ein drittes mal »Euer Gnaden« sagen, ehe es ihr gelang, Jocelyn aus ihren trübsinnigen Gedanken zu reißen. Vanessa konnte ihr ansehen, daß sie immer noch Hoffnung gehegt hatte, wenn auch noch so wenig. Aber ein
    Blick in das Gesicht des Arztes reichte aus, um diese Hoffnung endgültig sterben zu lassen.
    »Wie lange noch? « fragte Jocelyn tonlos.
    »Bis heute abend, Euer Gnaden«, erwiderte der alte Arzt. »Es tut mir leid. Wir wußten, daß es nur noch eine Frage der Zeit war... « Seine Stimme verklang.
    »Kann ich ihn jetzt sehen? «
    »Gewiß. Er hat nach Ihnen gefragt. «
    Jocelyn nickte und straffte die Schultern. Wenn sie in diesem letzten Jahr etwas von ihrem Mann gelernt hatte, dann waren das Haltung und ein gewisses Selbstvertrauen, das einer bedeutenden Position entsprang. Sie würde nicht weinen, nicht vor den Hausangestellten. Aber wenn sie erst allein war...
    Er war erst fünfundfünfzig Jahre alt. Sein braunes Haar war vor vier Jahren, als Jocelyn ihn kennengelernt hatte, leicht graumeliert gewesen. Er war nach Devonshire gekommen, um von ihrem Vater ein
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