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Wunder

Wunder

Titel: Wunder
Autoren: R.J. Palacio
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meinen, wir machen das jetzt?«, fragte ich.
    »Dachtest du, wir gehen ins Kino?«, antwortete er und lächelte, während er sich aufrichtete.
    »Du hast mir nicht gesagt, dass wir einen Rundgang machen«, sagte ich mit meiner anklagenden Stimme zu Mom.
    »Auggie …«, begann sie.
    »Das wird wunderbar, August«, sagte Mr. Pomann und streckte mir seine Hand entgegen. »Versprochen.«
    Ich glaube, er wollte, dass ich seine Hand nahm, aber stattdessen nahm ich die von Mom. Er lächelte und ging auf den Eingang zu.
    Mommy presste meine Finger kurz zusammen, auch wenn ich nicht weiß, ob es ein »Hab dich lieb«-Drücken oder ein »Tut mir leid«-Drücken war. Wahrscheinlich von beidem was.
    Die einzige Schule, die ich bisher von innen gesehen hatte, war die von Via, die ich ich mit Mom und Dad besuchte, wenn sie im Frühjahr bei den Konzerten mitsang und so. Diese Schule war ganz anders. Sie war kleiner. Sie roch wie ein Krankenhaus.

Die nette Mrs. Garcia
     
    Wir folgten Mr. Pomann einige Flure entlang. Es waren nicht gerade viele Leute da. Und die paar, die da waren, schienen mich überhaupt nicht zu bemerken, auch wenn das daran liegen konnte, dass sie mich nicht sahen. Beim Gehen versteckte ich mich nämlich so halb hinter Mom. Ich weiß, das klingt ziemlich babyhaft, aber ich fühlte mich auch nicht besonders mutig in dem Moment.
    Wir kamen schließlich in einen kleinen Raum, auf dessen Tür Middle School Leitung stand. Dort gab es einen Schreibtisch, hinter dem eine nett aussehende Frau saß.
    »Das ist Mrs. Garcia«, sagte Mr. Pomann. Die Frau lächelte Mom an, nahm ihre Brille ab und stand auf.
    Meine Mutter schüttelte ihr die Hand und sagte: »Isabel Pullman, freut mich, Sie kennenzulernen.«
    »Und das hier ist August«, sagte Mr. Pomann. Mom trat ein Stückchen zur Seite, damit ich zu ihr gehen konnte. Dann passierte das, was ich schon eine Million Mal erlebt hatte. Als ich zu ihr aufschaute, weiteten sich ihre Augen für den Bruchteil einer Sekunde. Es ging so schnell, dass es niemand anderem aufgefallen wäre, denn der Rest ihres Gesichts veränderte sich kein bisschen. Sie setzte ein besonders strahlendes Lächeln auf.
    »Was für eine Freude, dich kennenzulernen, August«, sagte sie und streckte mir ihre Hand entgegen.
    »Hi«, sagte ich leise und gab ihr die Hand. Aber ihr Gesicht wollte ich nicht anschauen, also starrte ich weiterhin bloß ihre Brille an, die an einer Kette um ihren Hals hing.
    »Wow, was für ein fester Händedruck«, sagte Mrs. Garcia. Ihre Hand war sehr warm.
    »Der Junge hat einen Killerhändedruck«, stimmte Mr. Pomann zu, und über meinem Kopf lachten alle.
    »Du kannst mich Mrs. G. nennen«, sagte Mrs. Garcia. Ich nehme an, dass sie mit mir sprach, aber ich schaute mir gerade das ganze Zeug auf ihrem Schreibtisch an. »So nennen mich alle: Mrs. G., ich habe meine Schlosskombination vergessen. Mrs. G., ich brauche ein Entschuldigungsformular, Mrs. G., ich möchte mein Wahlfach ändern.«
    »In Wirklichkeit schmeißt Mrs. G. den ganzen Laden«, sagte Mr. Pomann, was wieder alle Erwachsenen zum Lachen brachte.
    »Ich bin jeden Morgen ab halb acht hier«, fuhr Mrs. Garcia fort und schaute mich noch immer an, während ich ihre braunen Sandalen anstarrte, auf deren Riemen kleine lilafarbene Blüten steckten. »Falls du also jemals etwas brauchen solltest, August, bin ich diejenige, an die du dich wenden kannst. Zu mir kannst du jederzeit kommen.«
    »Okay«, nuschelte ich.
    »Oh, was für ein niedliches Baby«, sagte Mom und zeigte auf eines der Fotos an Mrs. Garcias Pinnwand. »Ist das Ihrer?«
    »Ach du liebe Zeit, nein!«, sagte Mrs. Garcia und lächelte jetzt ein breites Lächeln, das völlig anders war als ihr strahlendes Lächeln. »Jetzt haben Sie mir aber gerade den Tag gerettet. Das ist mein Enkelsohn.«
    »Was für ein Süßer!«, sagte Mom und schüttelte den Kopf. »Wie alt?«
    »Auf dem Bild war er fünf Monate, glaub ich. Aber jetzt ist er schon groß. Fast acht Jahre alt!«
    »Wow«, sagte Mom, nickte und lächelte. »Also, der ist ja wirklich hübsch.«
    »Danke schön!«, sagte Mrs. Garcia und nickte, als wolle sie noch etwas über ihren Enkel sagen. Aber dann wurde ihr Lächeln ganz plötzlich etwas kleiner. »Wir werden hier alle sehr gut auf August aufpassen«, sagte sie zu Mom, und mir fiel auf, dass sie Moms Hand leicht drückte. Ich schaute Moms Gesicht an, und in diesem Moment wurde mir klar, dass sie genauso nervös war wie ich. Ich nehme an, ich mochte Mrs.
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