Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter
Autoren: Sarah Bryant
Vom Netzwerk:
wieder wie unter der Herrschaft meines Vaters vereint zu sehen. Jetzt hat mir mein Bruder einen Vorschlag unterbreitet, der dies bewirken und unseren Zwist beenden könnte.« Er zögerte, schien sich innerlich zu wappnen. »Er schlägt vor, dass du deinen Vetter Numair heiratest.«
    Khalidah sah ihren Vater fest an. »Und welche Antwort hast du ihm gegeben, abatah?«
    »Bis jetzt noch gar keine.«
    »Und warum nicht?«, fragte sie, ohne sich darum zu scheren, ob die beiden Männer sie für unbotmäßig keck hielten.
    Nach einer langen Pause antwortete ihr Vater: »Als der fränkische Kindkönig letzten Sommer starb, brach in seinem Reich das Chaos aus, und seine Mutter Sibylle erhob Anspruch auf die Krone. Schlimmer noch, er ermächtigte sie in seinem letzten Willen, ihren neuen Gemahl zum König auszurufen, weshalb wir jetzt mit Guy de Lusignan gestraft sind, einem willensschwachen, trägen Mann, der viel zu leicht bereit ist, auf die lauteste Stimme in einer Menge zu hören, und zu dumm, um sich an mehr als an die letzten Worte dieser Stimme zu erinnern.«
    Khalidah stellte ihr Teeglas ab, sagte aber nichts darauf, denn obwohl ihr all dies bekannt war, schien ihr Vater die Gäste glauben machen zu wollen, er würde ihr etwas Neues berichten.
    »Unglücklicherweise«, fuhr er stirnrunzelnd fort, »gehört diese lauteste Stimme momentan Brins Arnat, und Arnat respektiert Saladins Waffenruhe nicht.«
    »Was ist mit dem Grafen Tripolis?«, fragte Khalidah, was ihr eine hochgezogene Braue seitens des Spielmanns, ein nachsichtiges Lächeln von Abd al-Hadi und einen argwöhnischen Blick Numairs eintrug. »Er mag ja nicht König sein, aber seine Untertanen verehren ihn, und er hegt großen Respekt für Saladin.«
    Abd al-Aziz bedeutete ihr, ihm ebenfalls Tee einzuschenken. Als er feststellte, dass er kalt war, wurden seine Augen schmal, aber statt eine diesbezügliche Bemerkung zu machen sagte er nur: »Genau hier liegt das Problem. Tripolis war der Regent des verstorbenen Königs. Viele sind der Meinung, die Krone hätte auf ihn übergehen müssen, aber er hat zu viel damit zu tun, sich seine eigenen Rechte zu sichern, um sich um solche Dinge zu kümmern. In der Zwischenzeit sitzt Arnat in der Festung seiner Frau in Kerak, lässt Guy wie eine Marionette an seinen Fäden tanzen und lechzt ohne ersichtlichen Grund nach Sarazenenblut. Es heißt sogar, er hätte den Großmeister der Templer für seine Pläne gewonnen. Wenn das stimmt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis er Guy zum Handeln zwingt, und dann wird Saladin den Kampf gegen ihn nur zu gerne aufnehmen.«
    Abd al-Aziz verfiel in Schweigen und starrte den Wandbehang an, der das majlis von dem Stall trennte. Zeyneb hatte ihn gewoben; er zeigte ein kunstvolles Muster aus Blau, Scharlachrot und Grün, das sich immer zu einem Bild zu formen schien und es dann doch nie tat. Als Khalidah sicher war, dass keiner der Männer weitersprechen würde, ergriff sie das Wort.
    »Verzeih, abatah, aber was hat das alles mit meiner Heirat zu tun?«
    Wieder wechselten die Brüder einen schwer zu deutenden Blick. Es war Abd al-Hadi, der antwortete. »Sowohl mein Bruder als auch ich meinen …«, die Kälte in seinem Ton entging Khalidah nicht, »… dass wir endlich aufhören müssen, unser eigenes Blut zu vergießen, und stattdessen die Hassani zu einer Armee vereinen sollten, die sich sowohl gegen die Franken als auch gegen die Kurden behaupten kann.«
    Khalidah war klar, dass hinter den Worten beider Männer weitaus mehr steckte, als laut ausgesprochen wurde, doch das, was sie ihr mitgeteilt hatten, war an sich schon seltsam genug. Dass sie sich gegen die Franken zusammenschließen wollten, ergab einen Sinn, aber sie wusste, dass ihr Vater Saladin großen Respekt entgegenbrachte, und aus dem Gespräch, das sie mit angehört hatte, ging deutlich hervor, dass er bereitwillig für ihn kämpfen würde. Warum sprach er dann davon, ihm Widerstand zu leisten?
    Endlich fragte sie leise: »Und wann wünschst du, dass wir heiraten?«
    Diesmal senkte Abd al-Aziz den Blick, als sein Bruder ihn ansah.  Abd al-Hadi rang sich ein Lächeln ab. »Angesichts der Umstände würde ich vorschlagen, die Laylat al-Henna heute Abend abzuhalten.«
    Nur die Liebe zu ihrem Vater hielt Khalidah davon ab, ihrem Onkel ihren Tee ins Gesicht zu schütten. Die Laylat al-Henna war die erste einer Reihe von Zeremonien, die eine Woche dauerten und an deren Ende sie Numairs Frau sein würde. Zuvor hätten zwei andere
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher