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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter
Autoren: Sarah Bryant
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sich an diesem Morgen vor Zeyneb versteckt hatten. Er nickte.
    »Gib vor, nach den Pferden sehen zu wollen. Wenn du ein Mal um die Herde herumgeschritten bist, steig dort hinauf. Auf der Ostseite findest du eine kleine Höhle. Ich werde dort auf dich warten.« Sie wandte sich ab, dann drehte sie sich noch einmal um. »Hast du auch einen Namen, Spielmann?«
    »Sulayman«, erwiderte er.
    Khalidah nickte und eilte davon. Sie umrundete das Lager und kletterte dann den Hügel empor, wobei sie sich im Schatten der Felsen hielt, wo immer sie konnte, und hoffte, dass niemand sie sah. Dann huschte sie in die Höhle und beobachtete einen Falken, der am Himmel seine Kreise zog, bis Sulayman erschien. Das Gegenlicht tauchte  sein Gesicht in Schatten und umgab seinen Kopf wie ein Glorienschein. Einen Moment lang meinte Khalidah, auf jemanden zu blicken, der mehr als ein Mensch war. Dann kniete er sich neben sie, und der Bann war gebrochen.
    »Danke, dass du mir vertraust, Sayyida«, sagte er.
    »Davon war nie die Rede«, versetzte Khalidah.
    »Nun, dann dafür, dass du mir zuhörst.« Khalidah bestätigte dies mit einem Ncken und wartete dann darauf, dass er weitersprach. Endlich begann er: »Ich weiß nicht recht, wie ich es dir schonend beibringen soll, also sage ich es geradeheraus. Du schwebst in großer Gefahr. Ich wollte dich vorhin nicht beunruhigen, aber es war zwingend notwendig, dass du Numairs Antrag widerspruchslos annimmst.«
    »Warum?«
    »Weil du sonst diese Nacht nicht überlebt hättest. Er will das Land deines Stammes um jeden Preis an sich reißen.«
    »Und mich deswegen in meinem Bett umbringen?«
    »Ganz genau.«
    »Und wie sollte er das mit seiner Hand voll Männern bewerkstelligen, wenn ich von meinem ganzen Stamm umgeben bin?«
    Sulayman seufzte. »Die Dinge sind nicht ganz so, wie sie scheinen. Einige Meilen westlich von hier gibt es ein weiteres Lager. Das Lager der ghuzat deines Onkels - und einer beträchtlichen Anzahl fränkischer Söldner.«
    »Franken!« Sie hielt inne und erwog verschiedene Möglichkeiten, unter anderem die, dass Sulayman nicht bei Verstand war. »Woher weißt du das?«
    Er legte den Kopf zur Seite. »Der Spielmann eines reichen Mannes hört vieles, was nicht für seine Ohren bestimmt ist. Ich werde dich nicht in Gefahr bringen, indem ich dir meine Quellen nenne, aber ich versichere dir, dass sie alle vollkommen vertrauenswürdig sind.«
    Natürlich log er, er musste lügen. Bei den ghazawat oder Raubzügen der Beduinen ging es einzig und allein um Ehre. Überraschungsangriffe galten als ehrenvoll. Das Anheuern fränkischer Söldner ganz und gar nicht.
    »Das ergibt doch keinen Sinn«, sagte sie mehr zu sich als zu Sulayman. »Unser Land ist es nicht wert, dass er deswegen seine Ehre opfert.«
    »Jetzt vielleicht noch nicht«, antwortete Sulayman. »Aber es könnte wertvoll werden. Nämlich dann, wenn dein Vetter eine daran angrenzende Hafenstadt kontrolliert.«
    »Das tut er aber nicht.«
    »Noch nicht. Aber ich habe gehört, er hätte jemandem in einflussreicher Position das Versprechen abgerungen, ihm im Gegenzug für gewisse Dienste die Herrschaft über Ayla zu übertragen.«
    Das klang gerade seltsam genug, um wahr sein zu können. Außerdem fand Khalidah keinen plausiblen Grund, warum Sulayman sie belügen sollte, von welcher Warte aus sie die Dinge auch betrachtete. »Was soll ich also tun?«, fragte sie bitter. »Mir bleibt keine andere Wahl, als mich Numair zu unterwerfen und Herrin von Ayla zu werden. In einem Palast zu leben wie ein Kanarienvogel in einem goldenen Käfig und die Augen davor zu verschließen, dass die Franken Pilger und Kinder abschlachten. Oder beabsichtigt mein ehrenwerter Vetter, mich in unserer Hochzeitsnacht zu erdrosseln?«
    Die Worte hatten sarkastisch klingen sollen, aber noch während sie sprach, wurde ihr klar, dass sie Numair eine solche Tat durchaus zutraute. »Nach der Hochzeit wird er vermutlich meinem Vater die Kehle durchschneiden«, sagte sie, plötzlich von Mutlosigkeit ergriffen. »Und vielleicht seinem eigenen Vater auch. Dann wird er unsere Pferde und unseren Besitz an sich bringen, und der Rest der Hassani wird wie ein Trupp Ausgestoßener die Wüste durchstreifen ….« Sie schüttelte den Kopf. »Es muss doch irgendeinen Ausweg geben.«
    »Den gibt es auch. Deswegen bin ich hier.«
    »Du? Willst du eigenhändig gegen Numairs ghuzat kämpfen?«
    »Wohl kaum.«
    »Dann hast du wohl vor, fortzulaufen und dich vor ihnen zu
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