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Wuestentochter

Wuestentochter

Titel: Wuestentochter
Autoren: Sarah Bryant
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Kastanienbraun nach, aber Mähne und Schweif blieben silberweiß. Er war der sichtbare Beweis für die erfolgreiche Kreuzung von Dschinn- und al-Hassani-Pferden, und bald waren Asifa und Zahirah als Zuchtstuten so gefragt, dass Khalidah auf ihren Missionen fast ausschließlich Shahin zu reiten begann.
    Sie zählte nicht zu den besten Dschinn-Kriegerinnen, aber sie kämpfte entschlossen und tapfer und ließ Feinden gegenüber Gerechtigkeit walten, sodass sie am Ende auch die stärksten Zweifler als eine der ihren akzeptierten. Wenn sie nicht kämpfte, verbrachte sie viel Zeit mit ihrem Großvater, der sie in der Geschichte und den Bräuchen der Dschinn unterwies. Sie spürte, wie ihr Dschinn-Selbst nach und nach die Oberhand über die Beduinin in ihr gewann, bis ihr sogar die Religion der Dschinn nicht mehr so fremd und unbegreiflich vorkam. Zwar glaubte sie nicht, dass sie jemals wirklich eine  kafir werden würde, aber sie wusste auch, dass sie keine reine Muslimin mehr war. Als sie diese Bedenken ihrem Großvater gegenüber erwähnte, zuckte Tor Gul Khan nur die Achseln.
    »Alles im Leben ändert sich, Khalidah. Sogar der Glaube.«
    »Aber wie kann ich Khanum der Dschinn werden, wenn ich immer noch zum Teil Muslimin bin?«
    »Ich habe dir doch vor langer Zeit erklärt, dass unsere friedliche Existenz hauptsächlich davon abhängt, dass unser Khan sich bezüglich gegensätzlicher religiöser Überzeugungen diplomatisch verhält. In deinem Fall ist das nicht anders. Respektiere unsere Religion, so wie wir die deine respektieren, dann kommt es nicht zu Auseinandersetzungen. Und ich weiß, dass du das schaffen wirst.«
    Dem hatte Khalidah nichts entgegenzusetzen, und als Tor Gul Khan am Ende ihrer ersten sechs Jahre in Qaf an der Lungenentzündung erkrankte, die ihn schließlich dahinraffen sollte, hatte sie keine Einwände mehr dagegen, seinen Platz einzunehmen.
    »Es gibt zwei Dinge in meinem Leben, die ich zutiefst bedauere«, sagte er bei einem ihrer letzten Gespräche.
    »Wenn es nur zwei sind, kannst du dich glücklicher schätzen als die meisten Menschen«, gab sie zurück, dabei strich sie ihm eine feuchte Haarsträhne aus der Stirn.
    Er seufzte. »Nicht unbedingt, denn es handelt sich um die beiden Dinge, die mir am meisten am Herzen liegen.«
    Khalidah überlegte einen Moment. »Was zwischen dir und Brekhna vorgefallen ist, ist traurig, aber es war vom Schicksal vorherbestimmt, wie das Volk meines Vaters sagen würde. Wie soll man etwas bereuen, was unvermeidlich war?«
    »Vielleicht hast du Recht. Trotzdem bereue ich zutiefst, keine Gelegenheit mehr bekommen zu haben, ihr zu sagen, wie leid es mir tut.«
    »Ich glaube, das weiß sie, dadaji«, erwiderte Khalidah. »Aber sollte ich ihr je begegnen, werde ich es ihr sagen.«
    Er drückte ihre Hand. »Du bist eine gute Enkeltochter, Khalidahjan. Zu gut.«
    »Willst du mir zu verstehen geben, dass du es bereust, mich hier aufgenommen zu haben?«, fragte sie ihn mit einem leisen Lächeln.
    »Ich werde nie bereuen, dich kennen gelernt zu haben«, gab er zurück. »Aber ich bedaure, dich um so vieles gebracht zu haben, indem ich dich zu mir gerufen habe.«
    »Worum hast du mich denn schon gebracht?«, versetzte sie. »Um ein Leben voller Plackerei in einem Nomadenlager? Um einen Mann, den ich nicht selbst hätte wählen dürfen, und Kinder, die ich nur großgezogen hätte, damit sie mich dann verlassen? Nein, dadaji, da war Qaf die weitaus bessere Wahl.«
    »Ich weiß, dass du ihn verlassen hast, um hierher zurückzukommen«, sagte Tor Gul Khan weich. »Sulayman.«
    Khalidah schluckte hart, weil sich in ihrer Kehle ein Kloß gebildet hatte - wie immer, wenn sie an ihn dachte. »Auch das war mir vom Schicksal vorherbestimmt. Und vergiss nicht, dass ich ihn verlassen habe. Es war meine freie Entscheidung, auf ihn zu verzichten, um zurück zu dir zu kommen.«
    »Du bist viel zu jung, um dich in der Einsamkeit zu vergraben«, mahnte ihr Großvater sanft.
    »Mach dir keine Sorgen, dadaji«, beruhigte Khalidah ihn. »Ich bin mit meinem Leben durchaus zufrieden.«
     Sie bestatteten Tor Gul Khan zwei Wochen vor psarlay, und Khalidah fragte sich verzweifelt, wie sie diese wichtigste Zeremonie der Dschinn nun ganz allein durchstehen sollte. Ein paar Tage vor dem Fest saß sie in ihrem Gemach in der Klause und las, als es an der Tür klopfte. Es war Bilal. Er hatte mit dem Jungen, der mit gebrochenem Herzen Saladins Lager verlassen hatte, nichts mehr gemein. Am Leben eines
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