Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wuensch dir was

Wuensch dir was

Titel: Wuensch dir was
Autoren: Adena Halpern Ursula C Sturm
Vom Netzwerk:
mich an diesem Morgen Barbaras Anruf aus dem Tiefschlaf riss, griff ich daher instinktiv nach meiner linken Brust, und bei dieser Gelegenheit stellte ich fest, dass sie sich nicht wie üblich irgendwo im Abseits befand, sondern dort, wo eine Brust normalerweise hingehört.
    Das hätte mich stutzig machen müssen, aber noch dachte ich mir nichts dabei. Es war quasi der erste Hinweis darauf, dass sich über Nacht etwas geändert hatte, doch das wurde mir erst später klar.
    Allerdings fiel mir sehr wohl auf, dass ich scharf sehen konnte.
    Nachdem ich die Augen aufgeschlagen und nach meiner Brust getastet hatte, warf ich nämlich einen Blick auf den Digitalwecker auf meinem Nachttisch
und sah, dass es halb neun war. Das kam mir dann doch etwas seltsam vor. Schließlich bin ich seit meinem fünfzigsten Lebensjahr praktisch blind wie ein Maulwurf. Mein erster Gedanke war: Du bist wieder mit der Brille auf der Nase eingeschlafen. Das passierte mir oft, nur verrutschte sie sonst immer, weil ich ja auf dem Bauch schlief. Meine Brille war von Versace; Schildpatt und ziemlich groß. Ich spähte noch einmal zum Wecker und tappte mir dann auf die Nase. Nichts. Ich fand meine Brille in der Nachttischschublade. Vielleicht hatte ich mir ja bloß eingebildet , dass ich den Wecker gesehen hatte. Ich war wohl noch ziemlich verschlafen.
    Also richtete ich mich im Bett auf und schob mir die Brille auf die Nase, worauf alles um mich herum plötzlich verschwamm.
    Ich nahm sie wieder ab.
    Und sah meine Umgebung wieder klar.
    Ich setzte die Brille erneut auf.
    Verschwommen.
    Mir fiel Bernice Zankhower, eine Bekannte meiner Freundin Lois Gordon ein, die eines schönen Morgens feststellen musste, dass ihre Füße über Nacht um eine halbe Schuhgröße geschrumpft waren. Wer weiß, vielleicht war das hier ja ein ähnliches Phänomen.
    Das Telefon hatte die ganze Zeit über unablässig geklingelt. Jetzt nahm ich den Hörer ab. Es war Barbara, wer sonst.
    »Na, war das gestern ein Geburtstag nach deinem Geschmack?«, fragte sie.

    »Oh ja, Liebes«, antwortete ich. An diesem Morgen hatte ich noch keinen Ton von mir gegeben, und doch klang meine Stimme ungewöhnlich hell und jugendlich. Spätestens jetzt hätte ich Verdacht schöpfen müssen, aber ich dachte mir wiederum nichts dabei. Wie auch – wer kommt denn schon auf die Idee, dass so etwas tatsächlich geschehen könnte? Selbst Barbara war die Veränderung nicht entgangen.
    »Heute klingst du jedenfalls um einiges entspannter«, bemerkte sie.
    »Ich fühl mich auch entspannter«, sagte ich.
    Mit diesen Worten schlüpfte ich in meine Pantoffeln. Dabei hätte mir, wenn ich nicht so schwer von Begriff gewesen wäre, auffallen müssen, dass meine Zehen nicht mehr verformt waren vom jahrelangen Tragen zu enger Stöckelschuhe und die Krampfadern, die ich nach der Geburt der Kinder bekommen hatte, verschwunden waren. Doch ich registrierte lediglich, dass meine Pediküre noch erstaunlich gut aussah nach einer Woche, ein Rekord. Und auch darüber zerbrach ich mir nicht weiter den Kopf. Ich war abgelenkt von Barbaras Geschwafel.
    »Sah Lucy nicht fürchterlich aus gestern?«, klagte sie. »Wie sie sich manchmal anzieht! Ich weiß, du findest die Sachen, die sie trägt, oft ganz hübsch, aber sei doch mal ganz ehrlich, Mutter …«
    Es gab schon so viele Hinweise, die mir hätten zu denken geben müssen, ehe ich vor den Badezimmerspiegel trat, aber wer nimmt schon gleich morgens nach
dem Aufstehen seinen Körper kritisch ins Visier? Trotzdem hätte ich ohne Barbaras Gejammer vielleicht bemerkt, dass sich die Altersflecken auf meinen Händen verflüchtigt hatten, genau wie die hässlichen Spuren der Sonne auf meinem Dekolletee. Meine Oberarme waren muskulös; verschwunden die »Fledermausärmel«, die sonst im Wind flattern, sobald ich die Arme hebe.
    »Und mein Steak war nicht richtig durch«, fuhr Barbara fort, während ich das Bad betrat.
    »Nun hör schon auf, Barbara. Es war alles in bester Ordnung.«
    »Trotzdem finde ich, dass wir länger als nötig auf das Essen gewartet haben. Deine Freundinnen sahen aus, als würden sie vor Hunger gleich vom Stuhl kippen.«
    Ich gebe zu, Frida hatte tatsächlich deutlich hörbar der Magen geknurrt, aber sie sollte ohnehin etwas abspecken. Vor den Wechseljahren hatte sie stets Größe achtunddreißig getragen, bis sie dann vor gut fünfundzwanzig Jahren von einem Tag auf den anderen aufgegangen war wie ein Hefeteig, und so sieht sie heute noch aus.
    »Na egal.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher