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Wuensch dir was

Wuensch dir was

Titel: Wuensch dir was
Autoren: Adena Halpern Ursula C Sturm
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muss alles wieder so werden wie es war.«
    Ich wusste, dass Barbara meine Geburtstagstorte in meiner Lieblingsbäckerei gekauft hatte, im Swiss Pastry Shop in der 19 th Street, wo wir seit jeher sämtliche Torten und Kuchen kauften. Ich hatte auf der ganzen Welt Kuchen gegessen, in Frankreich und Italien, in New York und Philadelphia, aber keiner kam auch nur annähernd an die Torten des Swiss Pastry Shop heran. Dieser unglaublich lockere goldgelbe Biskuitteig, ummantelt von zarten Schokoladeflocken! Sowohl die
Glasur als auch die Füllung waren einfach perfekt – weder zu süß noch zu fest. Diese Torten zergingen einem förmlich auf der Zunge, und sie passten hervorragend zu einer schönen heißen Tasse Kaffee. Zuweilen musste ich mir einfach ein Stück gönnen, auch wenn gerade niemand Geburtstag hatte. Nicht allzu oft natürlich. Ich achtete trotz meines hervorragenden Stoffwechsels auf mein Gewicht. In meinem Alter durfte man nicht zu häufig über die Stränge schlagen. Aber ein- oder zweimal im Jahr gestattete ich mir diesen Luxus.
    Ich hastete in meinen begehbaren Kleiderschrank, um mich anzuziehen und etwas gegen meine Haare zu unternehmen, die mir ins Gesicht hingen. Zum Glück hatte Lucy eines ihrer mit Stoff bezogenen Haargummis hiergelassen, die sich »Scrunggy« oder »Scrunchy« nennen und mit denen sich eine Frau, die etwas auf sich hält, unter keinen Umständen in der Öffentlichkeit blicken ließ, wie mir Lucy erzählt hatte. Wie ein Haargummi als modischer Fauxpas gelten konnte, war mir zwar schleierhaft, aber wenn ich etwas sehen wollte, musste ich wohl oder übel gegen die Regeln der Modewelt verstoßen und mir die Haare zusammenbinden, ehe ich mich hinauswagte.
    Ganz automatisch griff ich zu meiner khakifarbenen Hose mit dem Seidenfutter, die ich vor allem auf Flugreisen gerne trug. Sie war elegant genug für die erste Klasse und zugleich so bequem, dass man darin ohne weiteres bis ans andere Ende der Welt und zurück fliegen
konnte. Dann wurde mir klar, dass nur alte Damen solche Hosen trugen. Frauen um die dreißig würden so etwas nie und nimmer anziehen.
    Wo war eigentlich die Blue Jeans, die ich mir vor ein paar Jahren für unseren Ausflug auf die Touristen-Ranch in Arizona zugelegt hatte? Ich machte mich auf die Suche und entdeckte sie schließlich in der hintersten Ecke meines Kleiderschranks. Rasch riss ich sie vom Kleiderbügel, hob mein Nachthemd an und schlüpfte hinein, um dann aufgeregt zum Spiegel zu laufen. Ich war überzeugt, ich würde aussehen wie Lucy in ihren Jeans.
    Irrtum. Großer Irrtum.
    Unter anderem, weil mir die Hose jetzt eine Nummer zu groß war. Mein Bauchspeck hatte sich in Luft aufgelöst! Ich hatte mehrfach in Erwägung gezogen, mir um die Leibesmitte das Fett absaugen zu lassen, aber wer sich je das Gesicht liften oder die Stirn straffen ließ und weiß, mit welchen Schmerzen ein solcher Eingriff verbunden ist, der wird verstehen, weshalb ich davor zurückschreckte. Wie dem auch sei, das war jetzt alles einerlei – mein Bauch war wieder flach wie damals! Fasziniert starrte ich auf den hübschen kleinen Nabel meines Spiegelbilds.
    Genug! Ich sollte lieber an meine arme Tochter denken. Ich musste mich zurückverwandeln.
    Flugs holte ich einen Gürtel, streifte mir eines meiner Poloshirts über und schlüpfte in meine Mokassins von Tods. Dann schnappte ich mir meine Handtasche
und verließ meine Wohnung. Erst draußen fiel mir ein, dass ich kein Gramm Make-up trug. Nicht einmal einen Hauch Lippenstift, dabei hatte ich mich die letzten fünfzig Jahre nicht mehr aus der Tür gewagt, ohne mir vorher die Lippen nachzuziehen. Ich war ganz schön neben mir und aus dem Häuschen.
    Auf dem Weg zur Bäckerei, die sich fünf Straßen weiter befand, wurde ich von allen Leuten angestarrt. Ich konnte mir nicht erklären, weshalb. Vielleicht hatte es mit meinem nervösen Gesichtsausdruck zu tun – oder war ich ohne Make-up womöglich doch nicht so hübsch, wie ich gedacht hatte, selbst mit neunundzwanzig? Zugegeben, meine Hose rutschte, und zweifellos spiegelte sich Panik in meinem Gesicht wider, aber es gab doch weiß Gott furchteinflößendere Gestalten. Nachdem ich ungefähr drei Blocks im Laufschritt zurückgelegt hatte, war ich noch kein bisschen außer Atem. Ich fühlte mich großartig, frei; am liebsten wäre ich einfach an der Bäckerei vorbeigetrabt, so toll fühlte sich das an.
    Doch nein, ich durfte meinen Zustand nicht genießen, nicht einmal einen Tag lang. Ich
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