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WoW 05 - Der Tag des Drachen

WoW 05 - Der Tag des Drachen

Titel: WoW 05 - Der Tag des Drachen
Autoren: Richard A. Knaak
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müssen.
    »Noch eine Stunde«, murmelte sie. »Noch eine Stunde, dann verschwinde ich.«
    Ihre schlanke, kastanienbraune Elfenstute schnaubte ganz leise. Nach Generationen der Zucht war das Tier seinen normalen Artgenossen weit überlegen – jedenfalls glaubte Vereesas Volk das. Die Stute war im Einklang mit ihrer Reiterin, und das, was anderen nur als ein simples Schnauben erschienen wäre, ließ die Waldläuferin sofort auf die Beine kommen, den Pfeil schon im Bogen eingelegt.
    Aber das Waldland, das sich um sie herum ausbreitete, zeugte nur von Stille, nicht von Verrat, und so tief im Herzen des Lordaeron-Bündnisses konnte es sich kaum um einen Angriff von Orcs oder Trollen handeln.
    Sie blickte zu dem kleinen Rasthaus, das der Treffpunkt sein sollte, aber außer einem Stalljungen, der Heu karrte, sah Vereesa niemanden. Trotzdem legte sie den Bogen nicht nieder. Ihr Pferd hätte sich nicht gerührt, wenn es nicht irgendetwas gewittert hätte. Banditen vielleicht?
    Langsam drehte sich die Waldläuferin auf der Stelle. Der Wind blies ihr ein paar lange, silbrig weiße Haare ins Gesicht, nahm ihr aber nicht die Sicht. Mandelförmige Augen von reinstem Himmelblau registrierten selbst die kleinste Bewegung im Dickicht der Blätter, und die langen spitzen Ohren konnten einen Schmetterling auf einer Blume landen hören.
    Doch noch immer konnte sie keinen Grund für die Warnung der Stute finden.
    Vielleicht hatte sie den Störenfried schon verjagt. Wie alle Elfen war Vereesa eine beeindruckende Erscheinung. Sie war größer als die meisten Menschen, gekleidet in kniehohe Lederstiefel, waldgrüne Hosen mit gleichfarbenem Hemd und einen eichenbraunen Reiseumhang. Die Hände waren durch Handschuhe geschützt, die fast bis zu den Ellbogen reichten, um ihr den Gebrauch von Schwert und Bogen zu erleichtern.
    Über ihrem Hemd trug sie einen Harnisch, der ihre schlanken, aber weiblichen Formen betonte. Einer der Ortsansässigen in dem kleinen Rasthaus hatte den Fehler begangen, ihre weiblichen Vorzüge zu bewundern und dabei ihre kämpferischen zu ignorieren. Doch da er betrunken war und anderenfalls wohl seine rüden Bemerkungen für sich behalten hätte, hatte Vereesa ihm nur ein paar Finger gebrochen.
    Die Stute schnaubte erneut. Die Waldläuferin starrte das Tier an und hatte schon Worte der Zurechtweisung auf der Zunge.
    »Ihr seid Vereesa Windrunner, nehme ich an«, klang plötzlich eine tiefe, angenehme Stimme hinter ihr auf.
    Bevor der Sprecher mehr sagen konnte, berührte die Spitze ihres Pfeils seine Kehle. Hätte Vereesa den Pfeil losgelassen, wäre er durch den Hals des Mannes gedrungen.
    Seltsamerweise schien ihn diese Tatsache nicht zu beeindrucken.
    Die Elfe musterte ihn von oben bis unten – keine unangenehme Aufgabe, wie sie zugeben musste – und stellte fest, dass der Ankömmling der Zauberer sein musste, auf den sie gewartet hatte. Es hätte jedenfalls erklärt, warum ihre Stute sich so seltsam benommen hatte, und warum sie selbst seine Gegenwart nicht schon früher bemerkt hatte.
    »Ihr seid Rhonin?«, fragte die Waldläuferin schließlich.
    »Ich entspreche offenbar nicht Euren Erwartungen«, sagte er mit dem Anflug eines spöttischen Lächelns.
    Sie senkte den Bogen und entspannte sich leicht. »Man sagte mir, dass ein Zauberer käme – ein Mensch. Das war alles. Wie könnten da Erwartungen enttäuscht werden?«
    »Und mir sagten sie: ein Elf, ein Waldläufer – sonst nichts.« Er bedachte sie mit einem Blick, der sie fast veranlasste, den Bogen wieder anzuheben. »Da wären wir ja quitt.«
    »Nicht ganz. Ich habe drei Tage hier gewartet. Drei wertvolle Tage sind vergeudet!«
    »Es ging nicht anders. Vorbereitungen mussten getroffen werden.« Mehr sagte der Zauberer nicht zu seiner Rechtfertigung.
    Vereesa gab auf. Wie die meisten Menschen schien auch diesem hier nichts wichtig außer ihm selbst. Sie konnte von Glück sagen, dass er sie nicht noch länger hatte warten lassen.
    Es erstaunte sie, dass das Bündnis mit solchen wie Rhonin in seinen Reihen überhaupt hatte triumphieren können.
    »Nun, wenn Ihr wünscht, die Reise nach Khaz Modan anzutreten, wäre es wohl das beste, wenn wir sofort aufbrechen würden.« Die Elfe spähte hinter ihn. »Wo ist euer Pferd?«
    Halb erwartete sie, dass er sagte, er besitze keins und seine bemerkenswerten Kräfte dazu benutzt habe, sich hierher zu begeben … aber wenn das möglich gewesen wäre, wozu hätte Rhonin sie dann noch als Führer zu dem Schiff
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