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Worum Es Geht

Worum Es Geht

Titel: Worum Es Geht
Autoren: Jutta Ditfurth
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oder ein Auto anhäufen dürfen.
    Der Kapitalismus hat, seit er vor rund 500 Jahren aufkam, mit ungeheurer Wucht den Feudalismus weggesprengt. Er zwang die Menschen in die Fabriken, veränderte die gesamte Organisation der Arbeit und des Lebens und machte sich die Natur untertan.
    Indem er die feudalen Verhältnisse umgestoßen hat, hat er uns aber keineswegs von allem befreit, was er vorfand. Patriarchat, Sklaverei und Religion verleibte er sich ein und modernisierte sie, um uns effizienter auszubeuten und ruhig zu stellen. Diese Wandlungs- und Integrationsfähigkeit gehört zu des Kapitalismus besonderen und stets unterschätzten Begabungen. Mit der Erweiterung seiner Unterdrückungsformen – ins noch diktatorischere und autoritärere bis hin zum offenen Faschismus – rettet er sich im Allgemeinen aus seinen Krisen.
    Es gab aber auch soziale Rechte und Gewohnheiten, die zu übernehmen der Kapitalismus sich weigerte: die Allmende beispielsweise, das Recht auf kollektives Land. Oder das Recht auf Faulheit, auf Muße, Tagträumerei, auf »unproduktiven« Genuss, sofern der nicht dazu diente, die Arbeitskraft für den nächsten Arbeitstag wiederherzustellen. »Müßiggang« wurde getreu dem christlichen Arbeitsethos »aller Laster Anfang«. Des Menschen Wert wurde künftig an seiner Arbeitsfähigkeit und seiner Leistung gemessen. Auch die Mehrheit der Arbeiterbewegung sah das so und wurde anfällig für Ideologien, die den vermeintlich »unproduktiven« Menschen verachteten: Eugenik, Rassismus und Antisemitismus, aber auch die Intellektuellen und die »brotlose« Kunst.
    Besonders unproduktiv schien der zu sein, der mit Geld handelte. Dass aber die Herstellung und Verwertung eines Produkts ohne Rechnungsführung, Management, Vertrieb, Handel, Kredite, Devisen usw. im Kapitalismus nicht funktionieren kann, blieb ausgeblendet. Diese Funktionen schöpfen zwar selbst keinen Wert, weil Buchhalter, Manager, Händler, Banker ja selbst nichts Konkretes herstellen (auch wenn sie manche ihrer Dienstleistungen und Geschäfte heute gern Produkte nennen), aber ihre Funktionen sind kapitalistisch notwendige. Sie sind die Kehrseite des Produktionsprozesses.
    Der produzierende Mensch schafft ein Produkt. Der Kapitalist eignet sich, indem er den Lohnabhängigen ausbeutet, diesen geschaffenen Gebrauchswert als Mehrwert an. Ausgebeutet ist der Lohnabhängige deshalb, weil er gezwungen ist, seine Arbeitskraft, um leben zu können, zu einem Preis zu verkaufen, den er nicht bestimmt, und weil er aufgrund der gesellschaftlichen Gewaltverhältnisse niemals den wahren Wert seiner Arbeit als Lohn erhält. Die Umformung eines Rohstoffs durch eine Arbeiterin zu einem Gegenstand ist die konkrete Seite desselben Kapitalismus, der einen Händler handeln und eine Bank zocken lässt. Man kann die Banken nicht bekämpfen, ohne den Kapitalismus zu bekämpfen. Es gibt keine Trennung von Produktiv- und Finanzkapital. Auch um die heutigen Banken loszuwerden, muss man den Kapitalismus abschaffen.
    Es geht im Kapitalismus darum, Geld in mehr Geld zu verwandeln. Produkte sind nichts als Mittel zum Zweck. Es geht auf dem kapitalistischen Markt nicht um den rationalen Tausch von Gebrauchsgütern, sondern um die Rückverwandlung von Waren in mehr Geld. Zweck der Sache ist die Realisierung des von den ausgebeuteten Arbeitern in abhängiger Lohnarbeit geschaffenen Mehrwerts zur Maximierung des Profits des Kapitalisten.
    Um noch mehr dieser Produkte, dieser Mittel zum Zweck, verkaufen zu können, müssen Bedürfnisse geweckt werden. Ihre Befriedigung ist
nicht
der Sinn der ganzen Sache, sondern auch nur ein Abfallprodukt kapitalistischer Produktion. Das Kapital bezahlt Werbeagenturen, damit sie den Menschen Bedürfnisse einreden. Fettere Autos, mehr Kleidung, Kosmetik, die jung hält.
    Den größten Erfolg aber hat das Kapital, wenn es ihm gelingt, die Träume des Menschen zu okkupieren, die Bilder des Menschen von sich selbst. Wenn es ihm gelingt, die Sehnsucht nach Freiheit, nach einem angstfreien, selbstbestimmten Leben, durch den Wunsch nach Ersatzwelten zu unterlaufen, nach käuflichen Ersatzwelten aus Konsumgütern und Dienstleistungen, für die leider hingenommen werden muss, dass die Natur geplündert wird und Menschen sich totschuften.
    Die Sache mit dem Konsum ist vertrackt. Ein Teil des Konsums ist lebensnotwendig: Essen, Kleidung, gelegentlich Medikamente. Anderes notwendig: Möbel, Bücher, Werkzeug. Aber ein riesiger Anteil des Konsums bedient vor
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