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Worum Es Geht

Worum Es Geht

Titel: Worum Es Geht
Autoren: Jutta Ditfurth
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»Übermäßig fruchtbare« Menschen in ein wohlhabendes Land einzuladen sei eine »Politik des nationalen Selbstmordes«, sogar des Selbstmordes der Spezies Mensch. 8 Es sei daher, sagt Hardin, unsinnig, auf universellen Menschenrechten zu bestehen.
    In inhumaner Tradition stehen auch andere Repräsentanten des rechten Flügels der Umweltschutz- und Ökologiebewegung, zum Beispiel Konrad Lorenz, Max Otto Bruker und Herbert Gruhl. Noch im Berliner Wahlkampf von 2011 bezog sich ein Spitzenkandidat der Ökologisch Demokratischen Partei positiv auf ÖDP-Parteigründer Gruhl. 9 In der Natur, sagte Sozialdarwinist Gruhl, herrsche ständiger Anpassungsdruck, fortwährende Leistungsbereitschaft, überall Todesdrohung, keine Gnade – nirgends. Diese »Naturgesetze« übertrug er auf die menschliche Gesellschaft, jedes soziales Netz sei demzufolge »unnatürlich«. Wozu Einwanderung erlauben? Auch Gruhl drohte den »zu vielen« mit dem Tod: »Für einige überfüllte Populationen [er meint Menschen; J. D.] mag dann Gewalt oder sogar die Atombombe eines Tages keine Drohung mehr sein, sondern Befreiung.« 10
    Die ökologische ist ein untrennbarer Teil der sozialen Frage. Die Lohnarbeitenden sind gezwungen, an ihrer eigenen Gesundheitsschädigung mitzuarbeiten, um zu leben. So verarmen sie auch ökologisch. Für ihr Kranksein erklärt man sie anschließend – wegen schlechter Lebensführung – für »selbstverantwortlich«, längst ein Orwellscher Begriff. Aber Menschen müssen die Natur bearbeiten, um zu leben.
Wie
diese Bearbeitung geschieht, welche Produktionsweise dabei zum Einsatz kommt, wer über sie wofür und zu wessen Nutzen verfügt, das sind die entscheidenden Fragen.
    Die Techniken und das Wissen, um allen Menschen ein würdiges Leben zu ermöglichen und zugleich die Natur in einem menschenfreundlichen Zustand zu erhalten, sind längst entwickelt. Insofern ist die Utopie an ihrem Ende, wie Herbert Marcuse 1967 11 sagte: Alle Techniken sind entwickelt, um den Menschen und die Natur zu zerstören. Aber es sind auch alle Mittel gefunden, um die Welt zu einer menschenwürdigen zu machen. Doch die Ruinierung des Menschen und der Natur bleiben profitabler als ihr Glück und ihre Freiheit. Die Sache ist also niemals eine Frage fehlender Alternativen, sondern eine der Herrschaft von Staat und Kapital und wann, wie und mit welchem Ziel wir mit ihr brechen können.

4
WAS TUN

    Was also tun, wenn wir nicht in einem Land leben wollen, in dem bald Millionen Menschen im Ghetto eines mickrigen Grundeinkommens und einer schäbigen Grundrente existieren sollen? Wenn wir wollen, dass keiner früher stirbt, nur weil er arm ist, schlechte Lebens- und Arbeitsbedingungen hat und nie die bestmögliche Gesundheitsversorgung erfährt? Was tun, wenn wir nicht möchten, dass Menschen an den verrammelten Grenzen dieses Landes zerschellen? Wenn wir eine Gesellschaft nicht mehr ertragen, die von schreiender Ungleichheit durchtränkt ist? Wenn wir der Vernichtung der ökologischen Lebensgrundlagen nicht weiter zusehen wollen? Wenn wir nicht mehr erleben möchten, wie soziale Verachtung und Rassismus Kindern das Rückgrat brechen, so dass sie verwelken, bevor sie ihre Einzigartigkeit entfalten können?
    Wenn
wir
die Opposition gegen diesen Terror der »Normalität« in einer kapitalistischen Gesellschaft ernst meinen, hat das Konsequenzen für uns. »Wir« meint kritische Menschen und emanzipatorische Linke aller Arten, zu deren Grundsätzen die Freiheit auf Basis sozialer Gleichheit gehört, Menschen, die diese Programmatik nicht nur als heimlichen Traum in ihren Köpfen verbergen, sondern handeln wollen und Bündnispartner suchen.
    Eine solche emanzipatorische linke Politik ist während einer Weltwirtschaftskrise noch schwerer zu machen als zu anderen Zeiten –
einerseits
. Mit der Krise haben Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Antisemitismus und die soziale Stigmatisierung von Langzeitarbeitslosen, Hartz-IV-Empfängern und Obdachlosen zugenommen. Ihre Würde wird längst angetastet. Angepasste Untertanen treten, wenn sie unter Druck geraten, gern nach unten, wälzen alle Risiken auf sozial Schwächere ab, während sie selbst sich dorthin durchzuprügeln versuchen, wo in dieser Gesellschaft »oben« zu sein scheint. Sie sind rassistisch, antisemitisch (auch wenn sie ihren Antisemitismus gelegentlich hinter wohlfeilen Bekundungen pro Israel verstecken), sie sind islamophob und beten Law and Order an, weil die herrschende ja ihre Ordnung ist und
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