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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik
Autoren: Brockhaus
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Lord Admirals nachgeschobenen zweiten Teil fehlt der klare Aufbau. Tamerlan erringt weitere Siege, muss aber, als Zenocrate stirbt, erkennen, dass der Tod auch seiner Macht Schranken setzt. Er wird durch diese Erkenntnis jedoch keineswegs geläutert, sondern tötet seinen Sohn Calyphas wegen dessen Bemühungen um Frieden. Er verspottet blasphemisch Mohammed und den Koran, die den von ihm Besiegten nicht geholfen hätten. Am Ende des zweiten Teils befällt ihn ein tödliches Fieber. Vor einer Weltkarte sitzend trägt er seinen beiden anderen Söhnen die Eroberung der ganzen Erde als Vermächtnis auf. Das in dem innovativen Blankvers verfasste Stück wurde vermutlich 1587 oder 1588 uraufgeführt. Die Hauptfigur kennt keine moralischen oder religiösen Grenzen. Auch ihre Reden sprengen mit ihren Übersteigerungen die statischen Schemata der klassischen Rhetorik. Typisch ist neben dem Griff in die Bilderwelt der Antike die Einführung exotischer Namen. Die Redeweise entspricht erstmals dem jeweiligen dramatischen Geschehen und drückt die Leidenschaft und Energie der Figur adäquat aus. Doch fehlt dem Stück der eigentliche dramatische Konflikt, und sein Held hat nicht die Komplexität und die inneren Widersprüche der Figuren Shakespeares.
    »DER JUDE VON MALTA«
    Das Stück »Der Jude von Malta« ist bereits in die klassischen fünf Akte eingeteilt. Barabas, ein steinreicher Jude, soll auf Befehl der Malteserritter wie die übrigen Juden die Hälfte seines Vermögens zur Finanzierung des Tributs für die Türken abgeben. Als er sich weigert, nimmt man ihm sein gesamtes Vermögen. Er lässt seinen Rachegefühlen freien Lauf und kann dabei das politische Geschehen entscheidend beeinflussen. Meisterhaft beherrscht er wie Machiavelli, der ihn in einem Prolog als einen seiner Anhänger ankündigt, die Kunst der Intrige, geht über Leichen und opfert seinen Machenschaften sogar sein einziges Kind, seine Tochter Abigail. Er verrät Stadt und Insel an die Türken, die ihn zum Gouverneur machen, und verfolgt dann den Plan, die Türken wieder an die Malteserritter zu verraten. Deren Anführer Farnese sorgt aber dafür, dass Barabas in seiner eigenen Falle umkommt und in einen Kessel mit kochendem Wasser fällt. Barabas stirbt hasserfüllt und ohne jede Reue.
    Die Quellen sind im Fall dieses Stückes nicht eindeutig zu identifizieren. Wenn es eine Moral hat, dann nur die, dass der politische Machtmensch, und insbesondere der Außenseiter, auf einem Tiger reitet. Auch Barabas’ Gegenspieler sind ihrerseits ohne Hemmungen. Seine Gestalt inspirierte Shakespeare zu seinem »Juden von Venedig«, der aber mit Marlowes Juden wenig gemein hat.
    »DOKTOR FAUSTUS«
    Die Titelperson von »Doktor Faustus« ist nicht nur machtgierig, sondern als Renaissancemensch von Wissensdrang und Schönheitsverlangen erfüllt. Erstmals führt Marlowe die Welt des Übernatürlichen ein. Da Faustus mit dem menschlichen Wissen nicht weiterkommt, bedient er sich des Teufels Mephistophilis (Mephistopheles). Dieser ist bereit, ihm 24 Jahre zu dienen und verspricht, ihm für die Auslieferung seiner unsterblichen Seele zu grenzenloser Macht und Erkenntnis zu verhelfen. Doch Faustus erhält nicht wirklich, was er begehrt. In einer Beschwörung begegnet er zwar dem Idealbild der Frau, der sagenhaften griechischen Helena, das Erlebnis bleibt aber ein kurzer Spuk. Faustus wird auch kein Weltherrscher. Nur in einem Fall kann er hinter den Kulissen das Geschehen mitbestimmen: Er spielt dem Papst heimlich Streiche und befreit den Gegenpapst des Kaisers aus seiner Gewalt. Zu Anfang des Stückes ist er sich gewiss, dass die Hölle nur eine Fabel ist und es nach dem Tod keinen Schmerz gibt, in seinem letzten Monolog aber befällt ihn verzweifelte Angst vor den ewigen Höllenqualen. Glücklich nennt er die Tiere, deren Seele sich nach dem Tod einfach auflöst, und wünscht dies auch für sich. Dieser Monolog war in seiner inneren Dramatik und seiner unmittelbaren Vergegenwärtigung der Todesangst eine geniale Neuschöpfung. Doch sind auch noch alte Elemente der christlichen allegorischen »morality plays« enthalten. So kämpfen jeweils ein guter und ein böser Engel um Faustus’ Seele; in einer Szene treten die allegorischen Figuren der sieben Todsünden auf und in anderen sorgen schwankhafte Episoden für komischen Einlagen. Die Autorschaft Marlowes an den komischen Szenen ist umstritten. Quelle des Dramas war das 1587 in Frankfurt am Main gedruckte deutsche Volksbuch
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