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Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik

Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik

Titel: Worte bewegen die Welt - Die großen Dichter und Schriftsteller - Barock bis Klassik
Autoren: Brockhaus
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sehr schnell zum Publikumsliebling auf. Sein Erfolg erregte sogleich den Neid des Dramatikers Robert Greene. In einem 1588 gedruckten Pamphlet »Perimedes« hielt er Marlowe vor, mit »Tamerlan« einen Atheisten auf die Bühne gestellt zu haben, aus dessen Mund jedes Wort laut wie eine Schiffsglocke dröhne. Das war nicht ganz falsch, weil Marlowe tatsächlich ein Freigeist war und die Hauptfigur seines Dramas sich durch gigantomanische Reden auszeichnete. Greene selbst verfasste aber Dramen, in denen er sich ungeniert aus denen Marlowes bediente. Dessen weitere Stücke gewannen alle sofort die Gunst des Publikums. Nach »Tamerlan der Große«, an dessen Erfolg wohl auch der Schauspieler Edward Alleyn wesentlichen Anteil hatte, verfasste Marlowe für diesen vermutlich 1589 sein nächstes Drama »Der Jude von Malta« (»The Jew of Malta«), das 1590 seine Uraufführung erlebte. Die erste gedruckte Ausgabe kam erst 1633 heraus. Wahrscheinlich 1592 stellte Marlowe in »Doktor Faustus« (»The tragical history of Doctor Faustus«) wiederum einen über das Normalmaß hinausgreifenden Renaissancemenschen auf die Bühne. Die früheste Druckfassung stammt aus dem Jahr 1602. 1592 oder 1593 entstand das Drama über König Eduard II. von England, das 1594 erstmals in Buchform vorlag.
    DER FREIGEIST IM KONFLIKT MIT DEM STAAT
    Am 12. Mai 1593 wurde Marlowes damals bekanntester Rivale verhaftet: der Dramatiker Thomas Kyd. Man warf ihm vor, durch Pamphlete Londoner Handwerker aufgewiegelt zu haben, und verhörte und folterte ihn. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fand man auch eine Handschrift aus dem Jahr 1549, in der die göttliche Natur Christi angezweifelt wurde. Kyd behauptete, sie gehöre Marlowe, der mit ihm die Wohnung teilte. Marlowe wurde überdies im Schreiben eines Richard Baines bei der Regierung der Gotteslästerung bezichtigt. Er habe beispielsweise gesagt, die Religion sei nur entstanden, weil man damit Menschen in Furcht versetzen und beherrschen könne. Moses sei nichts als ein Gaukler gewesen, und Thomas Harriot, ein Astronom aus dem Umkreis des Piraten und Literaten Sir Walter Raleigh, in dem auch Marlowe verkehrte, beherrsche bessere Tricks. Christus habe mit dem heiligen Johannes eine ganz spezielle Art der Liebe praktiziert. Alle Protestanten seien heuchlerische Esel, dagegen hätten die Katholiken wenigstens eindrucksvolle Zeremonien. Damit kam Marlowe auch noch in den Verdacht, für den Katholizismus Sympathie zu hegen. All das konnte damals lebensgefährlich sein. Am 18. Mai 1593 erließ der Geheime Rat einen Haftbefehl gegen ihn. Marlowe stellte sich freiwillig und wurde einstweilen mit der Auflage, sich täglich zu melden, auf freien Fuß gesetzt.
    ROBERT GREENE
    (* 1558, † 1592)
    Der englische Schriftsteller Robert Greene reiste durch Europa und führte in London ein ausschweifendes Leben. Er schrieb Pamphlete mit realistischen Schilderungen des Londoner Gaunerlebens, Prosaromanzen und Theaterstücke, die das elisabethanische Drama begründeten. Seine romantisch-phantastischen Tragikomödien wie die 1594 erschienene »Wunderbare Sage von Pater Bacon« verbinden literarische und volkstümliche Stoffe und zeigen Einflüsse seines Konkurrenten Marlowe. 1588 schrieb Greene anlässlich von Marlowes Drama »Tamerlan der Große« ein Pamphlet, in dem er der Hauptfigur und damit auch dem Autor Atheismus vorwarf.
    Es war nicht Marlowes erstes Problem mit der Gerichtsbarkeit: Am 18. September 1589 war es zwischen William Bradley, einem ehemaligen Cambridgestudenten, und Thomas Watson, einem Dramenschreiber und – wie Marlowe – Protegé von Thomas Walsingham, zu einem Zusammenstoß gekommen, der für Bradley tödlich geendet hatte. Marlowe scheint bei diesem Vorfall lediglich anwesend, aber nicht aktiv beteiligt gewesen zu sein, doch wurde er gemeinsam mit Watson verhaftet und ins Newgate-Gefängnis gebracht. Marlowe wurde aber, nachdem zwei angesehene Bürger aus seinem Bekanntenkreis für ihn gebürgt hatten, am 1. Oktober wieder freigelassen.
    TOD IM WIRTSHAUS
    Entsprechend der Auflage des Geheimen Rats vom 18. Mai 1593 durfte Marlowe sich nicht weit von London entfernen. Dort zu bleiben war für ihn aber ebenfalls nicht ratsam, weil die Pest ausgebrochen war. Er ging daher in das nahe gelegene Deptford, wo er wahrscheinlich Verwandte hatte. Am 30. Mai 1593 nahm er in einem Wirtshaus in Deptford in trinkfester Runde – alle Anwesenden standen wie Marlowe in Verbindung zu Thomas Walsingham – ein
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