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Wolfslied Roman

Wolfslied Roman

Titel: Wolfslied Roman
Autoren: Alisa Sheckley
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Schulter hinweg einen Blick zu. Als er weiterredete, klang sein Tonfall ein wenig gequält. »Er ist … er war ein Kojote. Von uns allen war stets er derjenige, der sich am mühelosesten zwischen den Welten hin- und herbewegen konnte. Weil er ein geschickter Trickbetrüger ist. Tu comprends ? Er hat nichts Eigenes, weshalb er sich alles zu eigen machen kann, was er will. Im Gegensatz zu uns anderen kann er sterben und wiedergeboren werden. Immer wieder. Doch eines besitzt er nicht, chérie , und das ist eine unsterbliche Seele.«
    Bruin presste meine Schnauze schmerzhaft zusammen. Mehr noch schmerzten mich jedoch seine Worte.
    »Er hat sich für dich geopfert. Weil er glaubte, dass du ihn
liebst. Wenn du dich mit ihm verbunden und dich ihm von diesem Moment an ganz überlassen hättest, wenn du ihm treu geblieben wärst, dann hättest du ihm gewissermaßen den Schutz deiner Seele zur Verfügung gestellt. Du hättest deine Seele nicht verloren, sondern nur einen kleinen Teil davon an ihn abgetreten - einen Splitter, der sich in seine Seele verwandelt hätte.«
    »Es ist nicht ihre Schuld«, sagte Red. »Sie hat nichts davon gewusst.«
    »Du meinst, es ist nicht ihre Schuld, dass du stirbst, weil sie dir untreu war?« Bruin ließ meine Schnauze los. »Jetzt weiß sie es jedenfalls. Vielleicht amüsiert es dich in Wirklichkeit ja sogar, die Femme fatale zu spielen, meine Gute. Warte einen Augenblick … ich will hören, was du zu sagen hast …«
    Ohne auf mein warnendes Knurren zu achten, packte er mich am Nacken und schüttelte mich.
    Einen Augenblick später hatte ich wieder meine menschliche Gestalt - und war splitterfasernackt.

36
    Red starb.
    Ich wusste nicht, wie ich diesen Gedanken verdauen sollte. Es fiel mir ohnehin schwer, mich zu konzentrieren. Schließlich befand ich mich in einer eiskalten Höhle, umgeben von Feinden und bedeckt mit nichts anderem als Gänsehaut. Zudem war ich kaum in der Lage, etwas zu sehen. In Zukunft musste ich mir angewöhnen, Kontaktlinsen zu tragen, ganz gleich, wie sehr sie meine Augen reizen mochten. Oder ich ließ mir die Augen gleich lasern.
    »Könnte ich etwas zum Überziehen bekommen?«, fragte ich zitternd.
    »Ich bin dagegen«, meinte Rocky keck.
    »Hier«, sagte die Manitufrau, die früher einmal Ladyhawke gewesen war, und reichte mir eine Decke. »Ich musste dich lange genug nackt sehen - mit dem da drüben«, fügte sie hinzu und wies mit dem Kopf auf Hunter.
    »Und ich habe deine Vogelkacke weggeputzt, Schiefschnabel«, gab ich wütend zurück.
    »Umso besser«, erwiderte sie und warf ihre roten Haare so zurück, dass man für einen Moment die vernarbte Haut an jener Stelle sehen konnte, an der früher einmal ein Auge gewesen war.

    »Du bist es niemals wert gewesen, dass er sich für dich geopfert hat. Ich begreife nicht, was er jemals an dir gefunden haben kann.«
    Ich wickelte mir die Decke wie einen Sarong um den Körper. »Vielleicht habe ich ihn wirklich nicht verdient«, entgegnete ich. »Ich hatte gerade erst eine miese Beziehung hinter mir. Deshalb brauchte ich wohl auch etwas länger, um zu begreifen, was ich da Wertvolles und Wichtiges gefunden hatte.«
    Ich trat auf Red zu, und erst jetzt fiel mir auf, wie blass und dünn er geworden war. Unter seinen Augen zeigten sich dunkle Schatten, die vorher nicht da gewesen waren. Er schien auch älter auszusehen als noch vor wenigen Minuten.
    »Stirbst du wirklich?«, fragte ich leise mit belegter Stimme.
    Er nickte. »Ja. Aber du musst dir keine Vorwürfe machen, Doc.«
    »Aber kann man denn nichts dagegen tun? Kann ich mir jetzt noch diese Symbole einritzen lassen?«
    Er lächelte traurig. »So etwas funktioniert nicht, wenn man es nur aus Mitleid tut. Man kann es auch nicht nur halb oder zum Teil wollen. Es gilt: entweder alles oder nichts. Das hätte ich dir besser erklären sollen. Tut mir leid. Meine Schuld.«
    Ich legte meine Hand auf seine Wange. Die Wolldecke rutschte an mir herunter. Ich schaffte es gerade noch, sie festzuhalten. »Das ist nicht deine Schuld, Red. Es ist allein meine.« Ich schluckte. »Es tut mir so leid, was mit Malachy passiert ist. Falls das noch irgendeinen Unterschied macht, möchte ich dir sagen, dass ich viel lieber mit dir zusammen
sein möchte. Als sich die Stadt verwandelte, habe ich versucht, zu dir zu kommen. Und jedes Mal, wenn etwas passierte, habe ich daran gedacht, was du mir beigebracht oder was du gesagt hast. Schließlich ist mir klargeworden, dass es nur einen
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