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Wolfslegende

Wolfslegende

Titel: Wolfslegende
Autoren: Vampira VA
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zu.
    »Ich hörte, du selbst nennst dich Oodgeroo Noonuccal, Esben Storm. Stimmt das?«
    Wie er dasaß, ähnelte der Aboriginal einem aus der Meditation erwachten Guru. Seine Handkanten ruhten auf den Oberschenkeln der überkreuzten Beine. Sein flaches, von Kerben und Wülsten geprägtes Gesicht blieb in sich maskenhaft.
    »Es stimmt, Wyando, der sich Hidden Moon nennt.«
    Nur ein Hauch von einem Lächeln materialisierte auf den Zügen des Arapaho. »Sicher kennst du die Bedeutung meines zweiten Namens. Aber was bedeutet Oodgeroo Noonuccal?«
    »Muß es etwas bedeuten?« Esben Storm blieb sitzen, machte keine Anstalten, sich zu erheben, wie andere es fast zwanghaft getan hätten, wenn sich jemand aufrecht unmittelbar vor sie gestellt hätte. Es unterstrich das Selbstbewußtsein dieses der Gestalt nach unscheinbaren, fast schmächtigen Aboriginal, der auf noch seltsameren Wegen als Makootemane in Chiyodas Sphäre gefunden hatte.
    »Ich bin sicher.«
    »Du hast recht.«
    »Du willst es mir nicht verraten?«
    »Es bedeutet Niemandes Freund.«
    »Niemandes Freund .« Wyando legte den Kopf schief, so daß Storms Blick auf den Gefiederflaum im Nacken des Arapaho fiel. Der Flaum war einmal von derselben Schwärze wie das darüber fallende Haar gewesen.
    Nun war er grau, weiß beinahe.
    »Wie ist das passiert?« fragte Esben Storm ruhig. Der auf den Flaum gerichtete Blick ließ keinen Zweifel, was er meinte.
    »Wie, weiß ich nicht. Aber es geschah über Nacht. Als ich heute früh aufwachte, entdeckte ich es.« »Wir haben noch nie miteinander gesprochen, seit du mit der Wolfsfrau angekommen bist«, sagte Esben Storm. »Was erwartest du von mir? Hilfe dabei?« Er hob die Hand und zeigte auf den Flaum.
    »Du lebst eine besondere Beziehung mit Makootemane und Chiyoda«, sagte Hidden Moon.
    »Beziehung?« Zum ersten Mal erschien überhaupt ein Ausdruck in Esben Storms Augen. Es war Spott.
    »Euch verbindet etwas, wozu ich keinen Zugang finde.«
    »Das ist wahr.«
    »Makootemane, der in gewissem Sinn ein Vater für mich ist, hat mir von dir erzählt. Er war beeindruckt von deinem Wissen und deinem Verständnis der Natur. Indianer und Aborigines scheinen sich sehr ähnlich zu sein. Nur die Traumzeit unterscheidet uns.«
    Esben Storm schüttelte fast belustigt den Kopf. »Sie unterscheidet uns nicht. Die Traumzeit ist allgegenwärtig. Sie ist Bestandteil jeder Mythologie. Ihre Gesetze finden sich in jeder Kultur. Ob Jahwe, Buddha, Allah oder Manitou - die Wondjinas waren immer Werkzeuge des vielnamigen Einen. Sie halfen ihm, die Welt mit Formen und Leben zu füllen. Die besungenen Linien, die sie zurückließen, sind unsichtbar. Aber den Wissenden erlauben sie Reisen in Welten, in die Unwissende niemals Zutritt haben werden. - Hast du das verstanden? Nein, sicher nicht. Geh jetzt. Ich möchte allein sein.«
    »Du willst mir nicht helfen?«
    »Ich sagte doch, wer ich bin: niemandes Helfer, niemandes Freund.«
    »Du hast Chiyoda und Makootemane unterstützt, als sie Nona und mich aus dem Dschungel und von Lilith wegholten ...«
    »Sie brauchten viel Energie, um zwei Körper durch das Labyrinth der Wirklichkeiten zu lotsen. Sehr viel mehr Energie, als ihnen zur Verfügung stand.«
    »Du hast ihnen geholfen«, beharrte Wyando. »Hilf auch mir!« »Wobei?«
    »Sieh mich an . Nein, nicht hier, nicht mit den Augen, die alles ebenso sehen wie meine Augen. Wechsele einmal auf die Pfade, die ich nie betreten werde, und sag mir hinterher, wie du mich gesehen hast. Ob dir etwas an mir aufgefallen ist!«
    »Du bist ein Vampir.«
    »Davon rede ich nicht.«
    »Aber ich. Wenn du wüßtest, wie deinesgleichen für mich aussehen, würdest du -«
    »Ich will wissen, wie der Flaum aussieht. Ob du daran eine Besonderheit erkennst - oder die Ursache seiner Veränderung.«
    »Es scheint dich tatsächlich zu beunruhigen, und wahrscheinlich sogar mit Recht.«
    Wyando verschränkte die Arme vor der Brust. »Es hat begonnen, nachdem ich Chiyodas Rat befolgte und das erste Mal intensiv an mir gearbeitet habe.«
    »Unter gearbeitet verstehst du, das Böse in dir bekämpft zu haben, die Dunkelheit?«
    »Ja.«
    »Einverstanden. Ich werde einen Blick auf dich werfen. Es dauert nicht lange. Warte hier.«
    Esben Storm schloß die Augen. Und als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt, begann sein Körper damit, unscharf zu werden.
    Kurz darauf war er gegangen.
    * 
    Als Caleb die Augen wieder aufschlug, war es Nacht. Im Zimmer war es dunkel geworden, nur
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