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Wolfslegende

Wolfslegende

Titel: Wolfslegende
Autoren: Vampira VA
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keine Angst.« Die Beherrschtheit ihrer Stimme, nachdem sie sich entschieden hatte, das Spiel zu beenden, machte Caleb eindringlicher als die Worte selbst klar, daß er sie nicht unterschätzen durfte.
    Sie würde schießen, wenn er sie dazu zwang.
    »Wer bist du? Und wo . ist mein Onkel wirklich?«
    Nona nickte in die Richtung, in die Jeb Holski Stunden zuvor gegangen war. »Im Haus der Chaims.«
    »Im Haus der Chaims?« Caleb glaubte ihr nicht.
    »Ja. Jemand machte ihm die Tür auf, und seitdem ist er drüben. Wahrscheinlich haben sie ihm den Hals umgedreht.«
    Die Wut in Calebs Augen wich einer ganz außergewöhnlichen Form von Mitleid. Nona ahnte seine Gedanken.
    »Ich bin nicht verrückt. Ich weiß einfach mehr als du. Mehr, als du dir erträumen könntest .«
    »Leg die Waffe weg. Wir können über alles reden. Wo ist Onkel Jeb?«
    Nona schüttelte den Kopf. Sinnlos, ihm die Sache erklären zu wollen. Und warum auch? Er würde sterben. Sie konnte ihn nicht am Leben lassen.
    »Komm her!« winkte sie ihn zu sich.
    Sie stand immer noch neben dem Bett, dessen Kopfseite an die Wand anschloß. Caleb näherte sich zögernd von der anderen Seite.
    »Leg dich hin!« befahl sie.
    »Warum?«
    »Ich werde dich fesseln und knebeln. Dann werde ich von hier verschwinden.«
    »Wohin?«
    »Darauf erwartest du nicht wirklich eine Antwort, oder?«
    Caleb kniff die Lippen zusammen. Als er die Schuhe auszog, bevor er sich auf das Bett legte, kitzelte in Nonas Rachen ein böses, mühsam unterdrücktes Lachen. Aber sie sagte nichts.
    Caleb sah zu ihr auf.
    »Worauf wartest du?« fragte er. »Fessele mich!«
    Ohne den Finger vom Abzug zu nehmen, griff Nona nach dem Kopfkissen und zog es unter Calebs Nacken hervor.
    Zwei schnelle Aktionen, die ineinanderfließen, dachte Nona. Das Kissen auf sein Gesicht pressen und den Lauf tief in die Daunen bohren. Sofort abdrücken.
    Die Fenster waren geschlossen. Trotzdem würde der Knall draußen oder in den angrenzenden Häusern zu hören sein. Aber die wenigsten Menschen würden vermuten, einen Gewehrschuß gehört zu haben.
    Wirklich nicht? Dies war nicht irgendein Land und nicht irgendeine Stadt.
    Der unterschwellige Kriegszustand, in dem die Bürger Jerusalems, die Bürger Israels lebten, war Nährboden für permanente Wachsamkeit. Immer und überall war man auf der Hut, berechtigterweise, denn Terroranschläge gehörten zum Alltag dieser Leute .
    . .. die vom wahren Terror nichts ahnen, dachte Nona. Von Vampiren und Werwölfen, die unter ihnen leben, die töten, um dunkle Triebe oder einfach nur ihr eigenes, unzählige Male beflecktes Leben zu verlängern ...
    »Warum nimmst du mir das Kissen weg?«
    Weil ich -
    Caleb glaubte immer noch nicht, daß er um sein Leben fürchten mußte.
    In all seinen Schrecken, all seine Ohnmacht mischt sich immer noch ... Bewunderung für mich.
    Nona fröstelte.
    Sie blickte auf Caleb hinab und dachte - obwohl keinerlei Ähnlichkeit die beiden verband - an Landru. »Sei endlich still!« preßte sie hervor. Kissen und Karabiner.
    Tu es!
    »Wer bist du? Warum erklärst du mir nicht, was hier geschieht? Niemand hat dir etwas getan - warum gehst du so mit anderen um? Sag! Sag mir, warum du mich so erniedrigst!« Calebs Gesicht verschwamm.
    Es brach wieder über Nona herein, ohne daß sie etwas dagegen tun konnte. Ein halbes Jahrtausend der Abhärtung, die aus einem so langen Leben erwuchs . umsonst! Die Trauer und Traurigkeit waren stärker.
    Caleb sah ihre Tränen, und die Reaktion, die sich auf seinem Gesicht spiegelte, machte es Nona unmöglich, die geplante Tat auszuführen. In hilfloser Wut über die eigene Unzulänglichkeit warf sie das Kissen aufs Bett zurück. Der Lauf des Karabiners neigte sich langsam zu Boden, ehe sie ihn jäh wieder hochriß und auf Caleb herabfahren ließ. Wuchtig traf Nona die Schläfe des Mannes, dessen Augen sich schlossen wie zwei herabfallende, stählerne Schotte.
    * 
    Der Adler kreiste im Abendrot. Dann - als hätte er eine Beute ausgemacht - stieß er urplötzlich im Sturzflug auf das Tal hinab.
    Der am Boden sitzende, nur um die Lenden bekleidete Mann zeigte kein Erschrecken, nicht einmal Überraschung, als der stolze Vogel direkt vor seinen Augen vom Himmel fiel und sich in einen athletisch gebauten Indianer mit markanten Zügen verwandelte. »Hidden Moon«, sagte er. Die Nennung des Namens ersetzte den Gruß.
    Mit einem Gesicht wie aus Stein gemeißelt kam der Arapaho-Vam-pir auf den Schamanen vom anderen Ende der Welt
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