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Wolfsflüstern (German Edition)

Wolfsflüstern (German Edition)

Titel: Wolfsflüstern (German Edition)
Autoren: Lori Handeland
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gesagt?«
    »Worte besitzen Macht«, antwortete Mandenauer. »Was im Leben eines Wesens geschieht, macht es zu dem, was es ist.«
    Matt dachte an die Wand, die die Geschichte des Nahuals erzählte, oder zumindest den Teil, der den Ute, die sie angefertigt hatten, bekannt gewesen war, und mit einem Mal verstand er, welche Bedeutung die Hieroglyphen hatten.
    »Er berichtete außerdem, dass ein Opfer erforderlich war, um …«, Mandenauer schürzte die dünnen Lippen, »… den Zauber umzusetzen.«
    »Welche Art von Opfer?«
    »Blut.«
    Das passte.
    »Was werden wir tun?«
    »Die Inkarnation dieses steinalten Wesens hat eine neue Geschichte. Um die Kreatur festzusetzen, werden wir diese Geschichte an die Grabkammer schreiben.«
    »Und dann spaziert der Nahual einfach gefügig hinein und lässt sich einschließen?«
    Mandenauers Blick erinnerte Matt sehr stark an seine Mutter, die ihn auch immer so angesehen hatte, wenn sie sich über ihn ärgerte. »Wohl kaum.«
    »Wie sollen wir ihn dann dort reinlocken?«
    »Lassen Sie das mal meine Sorge sein.«
    Eine kurze Weile später seilte Matt sich in den Krater ab. Er erreichte den Grund und wartete darauf, dass Mandenauer es ihm nachtun würde. Stattdessen winkte der Alte ihn weiter. »Ich werde hier oben bleiben und Wache halten.«
    »Es ist heller Tag.«
    »Für Gina«, wandte Edward ein, »macht das keinen Unterschied. Solange sie nicht getötet hat, wird sie ein Wolf bleiben.«
    »Denken Sie, sie wird sich wieder an unsere Fersen heften?«
    »Das tut sie sogar hundertprozentig.«
    »Töten Sie sie nicht«, warnte Matt ihn ein weiteres Mal.
    »Sorgen Sie dafür, dass ich es nicht tun muss. Je eher Sie fertig sind, desto besser für uns alle.«
    Matt passierte die mit Hieroglyphen bebilderte Wand und das steinerne Tor, dann bog er um die Ecke und nahm sich sozusagen eine neue Leinwand vor.
    Mithilfe der Farben und Pinsel, die er in dem Rucksack entdeckte, den Mandenauer ihm gegeben hatte – Matt war davon ausgegangen, dass darin Magazine, Patronen, womöglich ein paar Granaten stecken würden –, machte er sich eilig ans Werk. Er war kein Künstler, und es kümmerte ihn nicht, wie die Hieroglyphen aussahen. Ihn interessierte einzig und allein, dass sie entzifferbar waren und ihre Bedeutung offenbarten. Denn das schien der Schlüssel zu sein.
    Er zeichnete die Mann-Wolf-Figur, dann fügte er die La -Hieroglyphe hinzu, genau wie die Ute es damals getan hatten. Die Genialität dieser winzigen Bedeutungsänderung fügte dem Zauber eine Art Schloss hinzu, das nur durch blindes, dummes Pech geknackt worden war.
    Matt skizzierte eine Frau, die vor einer vollgekritzelten Wand stand, eine schwarze Rauchsäule, die aus einem Loch in der Erde schoss, dann noch die magischen Hunde, denn sie gefielen ihm. In den Hintergrund malte er die Ranch, umringt von Wölfen. Er trat zurück und begutachtete sein Werk. Etwas fehlte noch.
    Matt nahm die Laterne, die Gina und er zurückgelassen hatten, dann lief er das kurze Stück zurück, bis er vor dem anderen Tableau stand. Er erkannte den Unterschied zwischen dieser Wand und der neuen auf einen Blick. Eine dünne krakelige Linie umrahmte das Original.
    »Worte besitzen Macht«, murmelte er. »Was im Leben eines Wesens geschieht, macht es zu dem, was es ist. Ein freiwilliges Opfer bedeutet unermessliche Macht.« Dann dachte er an Dereks Computerspiel, an den Trick, mit dem man einen Worgen gefangen nehmen konnte. Zu dem Zeitpunkt hatte er die Idee dumm gefunden – brutal und irgendwie abstoßend. Aber jetzt …?
    Matt zeichnete mit dem Finger die rötlich braune Linie nach, und da wusste er ohne jeden Zweifel, auf welche Weise die Azteken den Zauber manifestiert und den Nahual eingesperrt hatten.
    Er eilte in Richtung Ausstieg, als er plötzlich ein Wusch , ein Heulen und einen dumpfen Schlag hörte.
    Dann nichts mehr.

26
    Graues Licht sickerte durch die Öffnung. Wann war die Sonne untergegangen?
    Matt lief hastig wieder zurück in die Kaverne. Selbst wenn Mandenauer noch am Leben sein sollte, blieb keine Zeit für Beratungen. Matt würde seine Theorie ohne Rückversicherung umsetzen müssen. Es gab keine Alternative.
    Er stellte die Laterne ab und durchwühlte den Rucksack, doch fand sich darin keine Waffe. Der schärfste Gegenstand, den er entdeckte, war ein Pinsel mit einem abgebrochenen Ende. Wie hatte Mandenauer sich vorgestellt, damit ein Blutopfer darbringen zu können?
    Matt suchte den Boden ab, entdeckte einen geeigneten Stein und
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