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Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Wölfe und Lämmer: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Susanne Mischke
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an der Sache: Mochte sein eigener Garten noch so dezent gehalten sein, von seinem Schreibtisch aus blickte er genau auf Barbaras hemmungslos verwirklichte Hausfrauenträume. Er hatte schon erwogen, Schlaf- und Arbeitszimmer zu tauschen. Das Schlafzimmer ging nach Osten, mit Blick auf die Felder und die Windräder auf dem Vörjer Berg. Aber das Morgenlicht auf dem Bildschirm würde seine Arbeit erschweren, es sei denn, er verbarrikadierte sich hinter Jalousien. Was hätte er dann von der Landschaft? Außerdem befand sich hinter dem Haus der Zwinger, und den wollte er ebensowenig vor Augen haben.
    Robin stellte die Musik ab und schlängelte sich durch seine Wohnzimmereinrichtung in die Küche. Er machte Wasser heiß und brühte sich eine Tasse Pulverkaffee auf. Dabei kam ihm eine Idee, wie man diesem lila Kraut da unten beikommen könnte.
    Der Bus überquerte die Kreuzung und scherte gleich darauf an der Haltestelle aus. Barbaras Blick fiel auf die Reklame eines Umzugsunternehmens, ohne daß die Worte zu ihr durchdrangen. Sie war zu sehr in Gedanken, zu freudig erregt. Nur eine Formsache, hatte die Leiterin gesagt, aber auch Formsachen konnten schließlich schiefgehen. Übermorgen würde der Ausschuß für Kinder, Jugend, Frauen und Soziales der Gemeinde beraten und über ihr Schicksal entscheiden. Nun ja, nicht gerade über ihr Schicksal, aber doch … Sie zuckte zusammen, als hinter ihr gehupt wurde. Die Ampel zeigte grün, und der Kuhfänger eines Jeeps drohte ihren Polo von der Straße zu schieben. Hastig legte sie den Gang ein und gab Gas. Im Anfahren sah sie aus dem Augenwinkel heraus den Umriß eines Menschen auf sich zukommen, bremste, aber da war die Person auch schon aus ihrem Blickfeld verschwunden. Barbara stieß einen erschrockenen Laut aus und würgte den Motor ab. Sie hatte doch grün gehabt, oder? Sie mußte aussteigen und nachsehen, aber sie zögerte. Die Frau – sie glaubte, daß es eine Frau gewesen war – mußte direkt vor ihrem Wagen zu Fall gekommen sein. Hatte Barbara sie angefahren? Umgefahren? Sie hätte doch zumindest einen Schlag spüren müssen, aber sie hatte nichts gespürt, gar nichts.
    Gott sei Dank! Die Gestalt rappelte sich auf. Es war eine junge Frau, sie schaute dem davonfahrenden Bus hinterher. Der Fahrer des Jeeps war ausgestiegen und sprach das Mädchen an: »Sind Sie verletzt?«
    Das Mädchen schüttelte den Kopf, klaubte ihre schäbige Sporttasche auf und stolperte hinüber zur Haltestelle. Hinter ihnen hatte sich eine kleine Schlange gebildet, irgend jemand hupte.
    »Glück gehabt«, sagte der Vorstadtcowboy zu Barbara, die das Seitenfenster heruntergelassen hatte und zu dem Mädchen hinübersah. Sie saß auf der Bank der Bushaltestelle und rieb ihr rechtes Knie. In ihrem schwarzen Pullover, mit den schwarzen Haaren und dem schmalen, blassen Gesicht mit der hervorstechenden Nase sah sie aus wie ein trauriger Rabenvogel.
    »Sie sollten ihr Ihre Personalien geben. Sonst kann sie Ihnen noch eine Fahrerflucht anhängen.« Der Mann zückte seine Brieftasche und reichte ihr eine Visitenkarte durch das Wagenfenster. »Hier. Falls Sie einen Zeugen brauchen.« Er war ein kräftiger Typ in den Vierzigern. Sein mausgraues Haar wies tiefe Schneisen auf, der Rest war blond gesträhnt. »Womöglich fällt ihr später ein, Sie zu verklagen. Mit denen muß man vorsichtig sein.« Er warf dem Mädchen an der Haltestelle einen mißtrauischen Blick zu. Die versteckte ihr Gesicht hinter einem Vorhang aus dunklen Locken.
    Fahrerflucht? Verklagen? Es war doch gar nichts passiert. Verwirrt setzte Barbara den Wagen bis zur Bushaltestelle vor. Dort hielt sie an und atmete tief durch. Der Jeep rauschte vorbei. Barbara stieg aus und fragte über das Dach ihres Wagens hinweg: »Kann ich Sie irgendwohin bringen?«
    Die Angesprochene reagierte nicht. Irgendwie kam sie Barbara bekannt vor.
    »Der nächste Bus kommt erst in einer Stunde.«
    Das Mädchen hob das Kinn. In dem Moment hatte Barbara eine kleine Erleuchtung.
    »Nasrin?«
    Ein verwirrter Blick aus großen, hellbraunen Augen. Barbara hatte die Augen dunkler in Erinnerung, aber Nasrin hatte sie damals immer schwarz geschminkt.
    »Du kennst mich nicht mehr, oder? Vom Kindergarten? Du hast immer deinen kleinen Bruder abgeholt. Ich war die Leiterin seiner Gruppe.«
    Das Mädchen lächelte, wie man jemandem zulächelt, der nicht merken soll, daß man sich beim besten Willen nicht mehr an ihn erinnert.
    »Barbara Klein«, half ihr Barbara auf die
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