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Wölfe und Kojoten

Wölfe und Kojoten

Titel: Wölfe und Kojoten
Autoren: Marcia Muller
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Schreibtischjob mit einem Stab von Ermittlern
und Anwaltsgehilfen unter meiner Fuchtel. Einsatzpläne, Sitzungen,
Vermittlungsgespräche... Puh! Als Gegenwert aber die Befriedigung, die
Abteilung und die gesamte Kooperative wachsen und gedeihen zu sehen. Und dann
die persönlichen Vorteile. Höheres Gehalt, Autotelefon, Gewinnbeteiligung. Ich
könnte die zweite Hypothek abzahlen, die ich für den Umbau meines Hauses
aufgenommen hatte, schöne Möbel kaufen und einen Teil meines Nettoeinkommens
auf die Bank tragen. Vielleicht könnte ich sogar wieder Flugstunden nehmen. Vor
ein paar Jahren hatte ich eine Weile Unterricht gehabt, und nebenbei hatte Hy
mir einiges beigebracht. Aber ich brauchte offiziellen Flugunterricht bei einem
lizenzierten Lehrer. Ein Schreibtischjob würde mir genügend Zeit dafür lassen.
Außerdem würde es keine Abende mehr geben, an denen ich mir bei Observierungen
den Hintern abfrieren müßte, und kein Wochenende würde ich mehr opfern müssen,
um flüchtigen Zeugen nachzujagen. Ich hätte eine Fünftagewoche, einen
Achtstundentag, und der Rest des Tages würde mir gehören.
    Zugleich aber bedeutete es auch
Verblödung durch Langeweile und ständiges Zur-Uhr-Sehen. Ich würde die Freiheit
aufgeben, die ich so liebte.
    Aber wenn du dieses Angebot nicht
annimmst, sagte ich mir, mußt du dir etwas ganz Neues suchen. Dann mußt du All
Souls aufgeben, und der Laden ist so was wie deine Familie, du hängst an ihm.
    Doch billig sollten sie auf keinen Fall
davonkommen. Sie sollten kräftig bluten. »Wie steht es mit einer
Pensionsregelung?« fragte ich. »Die Gesellschafter haben eine.«
    Sie tauschten überraschte Blicke. »Das
läßt sich sicher arrangieren«, sagte Hank.
    »Und diese Gehaltszulage — wie soll die
aussehen?«
    »Wenigstens um ein Drittel mehr, als du
derzeit bekommst.«
    Ich rechnete in Gedanken. »Das Doppelte
würde mich mehr reizen.«
    »Auch darüber läßt sich reden. Was
sagst du nun dazu?«
    »Ich muß darüber nachdenken.«
    »Aber dein erster Eindruck?«
    Beschissen, dachte ich. Laut sagte ich:
»Ich möchte All Souls nicht verlassen, und deswegen werde ich ernsthaft über
euer Angebot nachdenken.«
    Wieder tauschten die Gesellschafter
Blicke. Diesmal schien Erleichterung vorzuherrschen, vermischt mit Skepsis in
den Augen der drei Menschen, die mich gut kannten.
    »Wann können wir deine Antwort
erwarten?« fragte Hank.
    »Gebt mir Zeit bis Büroschluß am
Mittwoch.«
    »Das ist annehmbar. Wenn du in der
Zwischenzeit Fragen hast...«
    »Dann weiß ich, wo ich dich finde.« Ich
lächelte ihn gequält an, stand auf und ging zur Tür. Ich spürte, wie sich
hinter mir die allgemeine Spannung löste. Ich trat in den Flur hinaus, schloß
die Tür und ging zur Treppe.
    Als ich an Teds Schreibtisch vorbeikam,
fragte ich ihn: »Wie heißt der lateinische Spruch für ›Die Wahl haben zwischen
Pest und Cholera‹?«
    »Tut mir leid«, sagte er und sah mich
mitleidig an. »Dazu schweigt mein Buch.«
     
     
     
     
     

3
    Vor der Gesellschaftersitzung war es
notwendig gewesen, meine Gedanken von Hy abzulenken. Jetzt dagegen brauchte ich
die Gedanken an ihn, um nicht ins Brüten zu verfallen. In meinem Büro im ersten
Stock setzte ich mich an meinen Schreibtisch in der Fensternische. Ich
schwenkte den Sessel herum und starrte düster auf die Straße und die Häuser
hinter dem kleinen Park. Nach einer Weile wandte ich mich wieder dem
Schreibtisch zu, zog das Telefon heran und wählte die Nummer der Spaulding
Foundation.
    Kate Malloy, Hys geschäftsführende
Assistentin, meldete sich. »Haben Sie etwas von ihm gehört?« rief sie, als sie
meine Stimme erkannte.
    »Nein, nichts. Aber nach unserem
Gespräch heute morgen habe ich mir Sorgen gemacht und mich ein wenig umgehört.«
Ich berichtete ihr kurz, was ich herausgefunden hatte. »Kate, hat er Ihrer
Meinung nach für die Telefonate am Flughafen seine persönliche
Telefon-Kreditkarte benutzt oder die der Stiftung?«
    »Meistens benutzt er die Karte der
Stiftung und zahlt später den Betrag für private Gespräche zurück. Ich bin
nicht einmal sicher, ob er für seinen Privatanschluß überhaupt eine hat — Sie
kennen ja Hy und seine Liebe zu den Plastikdingern.«
    »Könnten Sie mir wohl den Geheimcode
geben?«
    Sie nannte ihn mir, und ich wiederholte
ihn. »Sie wollen wissen, wen er angerufen hat?«
    »Ich will versuchen, es
herauszubekommen. Ich nehme an, die American-Express-Karte gehört auch der
Stiftung?« Ich las ihr die
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