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Wo ist Thursday Next?

Wo ist Thursday Next?

Titel: Wo ist Thursday Next?
Autoren: J Fforde
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sie zu finden. Wir haben fast eine Viertelmilliarde Titel. Und wir sind nur eine von vielen Inseln in einer BuchWelt mit zweihundertachtundzwanzigsehr deutlich unterschiedenen Sachgruppen. Und selbst wenn Sie recht haben, und ich hoffe sehr, dass Sie recht haben, dann kann sich Thursday überall befinden   – in der Urdu-Übersetzung von
Wuthering Heights
genauso wie in der Gebrauchsanweisung für eine Moulinex ›Chefette‹ von 1965.«
    »Aber Sie suchen doch noch?«
    »Natürlich. Wir arbeiten vor allem mit den telemetrischen Messungen unserer vielen unbemannten TextSonden, die sich überall durch die BuchWelt bewegen. Sämtliche Textsiebe sind so eingestellt, dass sie sofort festgehalten wird, wenn sie sich bewegt, und die Filter an den Abflussrohren der BildÜbertragungsMaschinen sind darauf programmiert, jede ›Thursday-Next‹-Wortfolge sofort zu melden. Hoffnung gibt es natürlich immer, aber die BuchWelt da draußen ist wirklich groß.«
    »Wenn sie noch lebt«, sagte ich entschlossen, »dann werde ich sie auch finden.«
    »Wenn Sie das schaffen«, sagte Bradshaw mit einem Lächeln, »dann können Sie in Ihren Büchern ändern, was Sie wollen   – sogar die Nationale Toast-Komission können Sie aufnehmen.«
    Ich zuckte zusammen. »Das wissen Sie?«
    Er lächelte. »Wir erfahren
alles
. Nehmen Sie Thursdays Abzeichen. Nutzen Sie ihre Rechte und Privilegien. Sie werden sie brauchen. Und wenn Sie es sich anders überlegen und wirklich Thursday sein wollen, dann rufen Sie mich jederzeit an.«
    Ich nahm den Stern vom Tisch und steckte ihn in die Tasche.
    »Commander?«, sagte die Herzkönigin, die offenbar nur darauf gewartet hatte, dass unser Gespräch ein Ende fand. »Die TextZentrale hat eine erhebliche Textveränderung bei Shakespeare gemeldet. Wie es aussieht, hat Othello seine Frau umgebracht.«
    »Schon wieder? Ich wünschte, dieses Flittchen Desdemona wäre ein bisschen vorsichtiger, wenn sie sich herumtreibt. Was ist es denn diesmal? Inkriminierende Liebesbriefe?«
    Die Herzkönigin warf einen Blick auf ihre Notizen. »Nein   – wie es scheint, war es irgendwas mit einem Taschentuch   …«
    »Verdammte Höllenbrut!«, schrie Bradshaw frustriert. »Mussman hier alles selbst machen? Ich will Jago in zehn Minuten in meinem Büro sehen!«
    »Der arbeitet gerade an dieser Fernsehserie mit Hamlet«, sagte Mr Fainset von der anderen Seite des Raums.
    »
Jago gegen Hamlet
? Dafür haben die grünes Licht gekriegt?«
    »Shylock hat das Projekt finanziert und hat Portia dafür gewonnen, sie zu vertreten. Sie waren einfach stinksauer, als die Verbraucherschutz-Direktive aus Brüssel wegen der
453   Gramm Fleisch nächst dem Herzen
kam. Deshalb gibt es auch diese rabiate Anti-Europa-Polemik in
Jago gegen Hamlet

    »Na schön, er soll so bald wie möglich vorbeischauen. Sonst noch was, Mr Fainset?«
    »Die Ungelesenen, Sir.«
    »Machen sie wieder Ärger?«
    »Sie haben das ganze Horror-Genre besetzt. Schlimmer als billiges Parfüm, diese Kerle.«
    Ich verzog mich, denn Geschichten über die Ungelesenen machten mir Angst. Die meisten Figuren aus Büchern, die längere Zeit nicht gelesen wurden, machten sich entweder nützlich wie Bradshaw oder versanken in zunehmender Apathie. Aber manche wurden auch bösartig, ohne dass man wusste, warum. Diese halb verwesten Figuren schlossen sich den
Ungelesenen
an. Sie lauerten im fauligen Gestank von dunklen Gassen, in Löchern und Höhlen, in den Lücken und Spalten zwischen Wörtern und Absätzen   – überall, wo sie plötzlich hervorspringen, eine Figur umschlingen und ihr das Leselicht aussaugen konnten. Sogar Grammasiten, Kobolde und Danvers gingen ihnen sorgfältig aus dem Weg.
    Ich ging zu Thursdays Schreibtisch hinüber und strich über das glatte Eichenholz. Bradshaw hatte zu tun, und meine Nachbesprechung war vorbei. Thursday wurde vermisst, aber deswegen hörte die Jurisfiktion-Arbeit nicht auf. Sie konnten nicht alle ausschwärmen, um sie zu suchen. Das wäre bei jedem anderen Agenten genauso gewesen, und das wussten sie auch.
    Der Schreibtisch war frisch gewischt und, abgesehen von einem Foto von Landen, ein paar eiligen Nachrichten und einem dickenAktenstapel im Eingangskorb, auch ordentlich aufgeräumt. Ich sah mir den abgewetzten Stuhl an, konnte mich aber nicht entschließen, mich hinzusetzen. Das war nicht mein Schreibtisch. Ich zog die Schubladen auf, fand aber nichts von Bedeutung   – was insofern nicht überraschend war, als ich gar nicht
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