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Wo ist Thursday Next?

Wo ist Thursday Next?

Titel: Wo ist Thursday Next?
Autoren: J Fforde
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für kriminelle Geisteskranke.
    Wenn ich real gewesen wäre, hätte ich sicher mehr Angst gehabt. Aber ich war ja im Land der Psychothriller, wo es Dutzende von Heimen dieser Art gab. Sicher waren sie allerdings alle nicht. Ich befand mich in einem kleinen überwucherten Friedhof, dessen flechtenbewachsene Grabsteine kreuz und quer durcheinanderstanden. Als Zufluchtsort bot sich nur ein kleines, verfallenes Mausoleum aus Ziegelsteinen und Mörtel an. Wenn ich mit einem Taxi abgestürzt wäre, hätte ich mich sicher dort untergestellt.
    Die Türen bestanden aus grünspanüberzogener Bronze. In der Mitte war ein metergroßes rundes Loch, so dass man den Eindruck hatte, aus beiden Türflügeln wäre jeweils ein Halbkreis ausgeschnitten. Ich stieß mit dem Fuß an einen Gegenstand auf dem Boden. Es war Thursdays alte Pistole, ihre Initialen waren auf dem Lauf eingraviert. Offenbar hatte sie das Loch in die Tür geschossen. Ich kam der Sache Schritt für Schritt näher. Vorsichtig kletterte ich durch das Loch in der Tür und wischte mir den Regen aus dem Gesicht.
    Im Inneren des Mausoleums war es ziemlich dunkel, aber ich konnte erkennen, dass unter dem gesprungenen Dachfenster einTisch mit verwelkten Blumen und schmutzigen Vasen stand. Es waren auch ein paar persönliche Habseligkeiten von Thursday verstreut   – ein Foto von Landen und den Kindern, eine Fünf-Pfund-Note und ein Firmenausweis von Acme Carpets.
    »Manchmal ist es schwierig, zu wissen, wer man ist, nicht wahr?«
    Ich drehte mich hastig um und sah die Gestalt eines kleinen Mädchens in einem Lichtstrahl stehen.
    »Hallo, Jenny«, sagte ich leise.
    »Hat dich irgendjemand durchschaut?«, fragte sie. »Sich vor aller Augen als die geschriebene Thursday zu verstecken war wirklich sehr raffiniert. Was hat denn die geschriebene Thursday dazu gesagt, dass sie eine Weile zurücktreten musste? Wo ist sie denn überhaupt?«
    »Bin ich denn wirklich Thursday?«
    »O ja«, sagte Jenny und kicherte. »Passt jetzt nicht alles zusammen?«
    Vor zwei Tagen hätte ich ihr vielleicht noch geglaubt.
    »Nein«, sagte ich. »Denn ich habe mit Landen gesprochen, und er hat mir gesagt, ich sei wie eine echte BuchPerson aus der RealWelt verschwunden. Also erzähl mir keinen Unsinn.«
    »Na schön«, sagte Jenny, die ziemlich fix denken konnte. »Wie wäre es damit: Du erlebst gerade   …«
    »Die
Owlcreek -Nummer
kannst du vergessen«, sagte ich. »Und wenn wir schon dabei sind: Du bist gar nicht Jenny.«
    »Macht sie Schwierigkeiten?«, sagte eine andere Stimme, die mir bekannt vorkam.
    »Ein bisschen«, sagte Jenny, und Sprockett   – oder zumindest eine glaubwürdige Kopie   – trat aus den Schatten. Ich seufzte. Als Nächstes würde meine Mutter auftreten, und dann würde ich wahrscheinlich selbst kommen. Es wurde allmählich ein bisschen lästig.
    »Hast du es mit dem
Eigentlich-bist-du-ja-Thursday -Ende
versucht?«, fragte Sprockett.
    »Sie hat’s nicht geglaubt. Ich hab’s auch mit dem
Das-sind-die-letzten-Augenblicke-vor-deinem-Tod -Gambit
versucht. Hat nicht geklappt.«
    Der Ersatz-Sprockett dachte nach. »Was ist denn mit dem Sie-sind-eigentlich-Patientin-in-einer-Klinik-für-Geisteskranke-und-wir-haben-das-alles-nur-inszeniert-um-herauszufinden-ob-Sie-Thursday-umgebracht-haben-Komplott? Das funktioniert meistens.«
    »Ach, herrje«, sagte die falsche Jenny. »Das hab ich ja glatt vergessen.«
    »Und nachdem ihr’s mir gerade erzählt habt, werd ich wohl auch nicht drauf reinfallen.«
    »Na toll, Einstein«, sagte die falsche Jenny zu ihrem Partner. »Hast du noch mehr solche fabelhaften Ideen?«
    Der falsche Sprockett sah erst mich und dann die falsche Jenny an. Er versuchte, ihr eine Idee zu übermitteln, indem er so tat, als stünde er unter der Dusche.
    »Oh!«, sagte die falsche Jenny, als sie kapierte, was er damit meinte. »Gute Idee.«
    Aber ich hatte die schlappe Pantomime auch längst verstanden. »Ihr wollt doch keinen
Bobby Ewing
mit mir versuchen?«
    Beide fluchten sie leise.
    »Tja«, knurrte der falsche Sprockett und zuckte die Achseln. »Jetzt hab ich auch keine Ideen mehr.«
    Vor meinen Augen verwandelten die beiden sich in die hässlichen Gestaltwandler, von denen es im Psychothriller nur so wimmelte. Diese Typen hingen überall herum und versuchten, arglosen Reisenden einzureden, sie seien mörderische Irre und all ihre Albträume seien in Wirklichkeit nur verdrängte Erinnerungen. Mit einem Wort, die zwei waren richtige
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