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Wo Elfen noch helfen - Walter, A: Wo Elfen noch helfen

Wo Elfen noch helfen - Walter, A: Wo Elfen noch helfen

Titel: Wo Elfen noch helfen - Walter, A: Wo Elfen noch helfen
Autoren: Andrea Walter
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eine doppelte Agenda.
    Die Entscheidung, sie wirklich ins Leben zu rufen, traf Jón im Dezember 2009. Damals war er in Puerto Rico und verfolgte die Krisennachrichten aus der Ferne auf dem Laptop. Als er darüber
nachdachte, was daheim alles passiert war, wie seine Landsleute auf ein paar Männer vom IWF in schwarzen Anzügen warteten, und Gerüchte kursierten, dass die Deutsche Bank das Land übernehmen könnte oder die Engländer, fragte Jón sich: Warum bleibe ich nicht einfach hier? Warum soll ich dahin zurück, wenn alles auseinanderfällt? Stattdessen entschied er sich für die Partei. Mitglieder sind neben Einar Örn Benediktsson noch viele weitere Künstler wie etwa der Musiker Óttar Proppé.
    Seit sie im Mai 2010 tatsächlich gewählt und auf Anhieb stärkste Kraft im Stadtrat wurden, bilden sie mit der sozialdemokratischen Allianz eine Koalition im Rathaus. Wie Jón den Moment des Wahlsiegs empfand? »Ich bin eine sehr verantwortliche Person«, sagt er und ihm sei klar geworden, dass die Leute tatsächlich ihre Gründe hatten, sie zu wählen, weshalb er sie nicht im Stich lassen wollte. Er dachte: »Wir können diese negative Stimmung und Hoffnungslosigkeit in Optimismus und Hoffnung ändern. Wir müssen nur daran arbeiten.« Seitdem haben sie Verantwortung übernommen und nehmen ihre Aufgaben ernst. Jetzt, nach einem Jahr im Amt, sagt er, dass er es selbst manchmal erstaunlich findet, dass niemand in der Besten Partei jemals vorher Politiker war und trotzdem noch keiner von ihnen aufgehört hat. Und das, obwohl es oft nicht einfach sei. Beispielsweise sei die Kommunikation in der politischen Welt manchmal brutal. »Es kann grob und primitiv werden.« Er habe schon in den komischsten Jobs gearbeitet, aber dieser sei der merkwürdigste, wenn es um die Kommunikation gehe.
    Was langfristig das Ergebnis dieses Experiments sein soll? »Dass wir etwas Neues und anderes machen können. Rücksichtsvoller und ehrlicher sein. Dass wir besser miteinander kommunizieren und lernen, wieder Dialoge zu führen«, sagt Jón. »Ich würde mich freuen, wenn die Leute wieder an sich selbst glauben.
« Die Zeit der Helden sei im Grunde vorbei. Der letzte Held sei Obama gewesen. »Man hat geglaubt, er würde alles ändern. Aber das wird auch er nicht, wenn wir nichts ändern«, so Jón. »Und da sind noch immer 160 Menschen in Guantánamo.« Wenn Obama zu Besuch nach Island käme, würde er sich gegen die Todesstrafe aussprechen. Oder einen Guantánamo-Anzug anziehen.
    Mitten in unserer Unterhaltung kommt übrigens immer wieder der Assistent von Jón in den Raum und erinnert daran, dass die Interviewzeit abgelaufen ist. Jón erzählt trotzdem weiter. Irgendwann im Gespräch sagt er im Spaß: »Ich bin Komiker und ich bin Bürgermeister und ich bin zurzeit wahrscheinlich die gefährlichste Person in Island. Weil ich unberechenbar bin.« Wer weiß, vielleicht übernimmt er auch noch das Parlament.
    Als wir uns verabschieden, sagt Jón, der Komiker und Bürgermeister: »Jetzt hab ich dir gar nicht meinen liebsten Deutsch-Witz erzählt.« Sein Gesicht sieht gleich viel entspannter aus als bei unserem ernsten Gespräch. Jón ist selbst Teil seines Witzes. Und zwar wollte er unbedingt Deutsch lernen. Also hat er sich eine Linguaphone-CD besorgt, bei der man immer Sätze nachsprechen sollte, und hat sie im Auto gehört. »Aber es gibt nichts Langweiligeres als das!«, sagt Jón. Deshalb lautet der einzige Satz, den er bis heute spricht: »Hören Sie gut zu und wiederholen Sie.« Er lacht. Dann muss auch er dringend in die nächste Sitzung.

Björk ist vermutlich doch keine Elfe
    An meinem letzten Abend in Island gehe ich am Meer spazieren. Graue Wellen schwappen ans Ufer. Und da passiert es. Ganz plötzlich. Ich sehe Björk. Sie steht zusammen mit einer Frau in einem Hauseingang und unterhält sich. Entweder gehöre ich jetzt tatsächlich zu dem Zirkel jener, die Elfen sehen können. Oder Björk ist ein ganz normaler Mensch. Ich schäme mich ein wenig. Denn während ich ganz baff, sie tatsächlich einmal zu sehen, zu ihr hinüberstarre, tritt sie einen Schritt in den Hauseingang zurück. Schnell schaue ich weg, gehe weiter und denke: Man sollte diese tolle Frau einfach in Ruhe lassen, genau wie die Elfen, die in Felsen leben.

Der perfekte Staat
    Kurz bevor ich in den Flieger zurück nach Berlin steige, treffe ich mich mit Viktor, einem Kollegen vom Morgunblaðið , den ich bei diesem Aufenthalt noch gar nicht gesehen habe. Wir
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