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Wo die Wasser sich finden australien2

Wo die Wasser sich finden australien2

Titel: Wo die Wasser sich finden australien2
Autoren: treasure
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Harrys Mutter gestorben war. Der Wintergarten bestand aus riesigen, in Stahl gefassten Glasscheiben und einer großen Schiebetür, die direkt in den schattigen alten Garten führte. Im Lauf der Jahre hatten Weinranken und Glyzinien den Anbau überwuchert und den Anblick von verschnörkelten grünen Ranken, Trauben und hängenden Blütendolden im Haus geboten.
    Tom betrachtete seinen Vater, der jetzt dort saß. Er musste daran denken, wie er selbst als Kind auf einem sonnigen Fleck in dem brandneuen Raum gesessen hatte. Er war nicht zur Schule gegangen, weil er Windpocken hatte. Frankie
hatte große Bögen Butterbrotpapier und Wachsmalkreiden auf dem Schieferboden ausgebreitet.
    »So, Tom. Versuch dein Glück damit. Vielleicht findest du ja deine Berufung. Man kann nie wissen.« Als Frankie wieder in den Raum gekommen war und die wirbelnden Farben der Fische, den Meeresgarten und das Unterwasserschloss gesehen hatte, waren ihr Tränen in die Augen getreten, und sie hatte die Hand vor den Mund gepresst.
    Als kleiner Junge hatte sich Tom immer gefragt, warum seine Gemälde seine Mutter zum Weinen brachten. Erst viel später, als er älter war, hatte er begriffen, dass sein künstlerisches Talent sie jedes Mal verzückte und gleichzeitig verstörte, weil sie wusste, dass sein Vater seine Zukunft längst vorgezeichnet hatte.
    Als Harry an jenem Tag die Zeichnungen seines Sohnes zusammengeknüllt und in den Ofen gesteckt hatte, hatte Frankie begonnen, ihren Mann für seinen Zwang, seine Söhne zu dominieren, zu verabscheuen. Es war jener Tag, an dem ihr aufgegangen war, dass er jene Muster des Vaterseins wiederholen würde, die er selbst erlebt hatte. Diese Aussicht hatte sie mit einer stillen, endlosen Furcht erfüllt.
    Jetzt lag Harry ausgestreckt auf einer Rattancouch unter der laubüberwachsenen Decke. Landwirtschaftszeitungen, Briefe, Rechnungen und aufgerissene Umschläge lagen verstreut um ihn herum. Ein mit Krümeln übersäter Porzellanteller mit einem braunen Apfelbutzen darauf stand neben einem halb vollen Teebecher auf dem Schieferboden. Die in grobwollene Socken gekleideten Füße waren an den Knöcheln übereinandergeschlagen, die braunen Arme über dem schlanken Bauch gefaltet. Auf dem Gesicht des Dösenden lag aufgeschlagen das Australian Farm Journal.
    Toms Blick ruhte auf seinem stillen Bruder und Vater. Zwei vom gleichen Schlag. Seit Frankie nicht mehr da war, waren alle Küchenarbeiten Rebecca und Tom zugefallen.
Mick schaffte es immer, sich um alles zu drücken, was nach Hausarbeit oder Arbeit mit den Tieren schmeckte. Allerdings störte das Bec und Tom nicht weiter. Sie spendeten einander Trost. Aber manchmal, in seinem dunklen Zimmer, zerrte Tom wütend an seinen Haaren. Er wollte seine Mutter wiederhaben. Er hatte Rebeccas wegen ein schlechtes Gewissen. Schließlich verließ er sich darauf, dass sie ihn bemutterte. In manchen Nächten weinte er nach seiner Mutter, in anderen tobte in ihm der Zorn auf sie. Stimmen in seinem Kopf. Wütende, heulende Stimmen.
    In der sonnigen Küche grub Tom die Zähne in das weiße Fleisch eines Apfels und zog dann die Küchentür hinter sich zu. Er musste Rebecca finden.
    Die Kühle der Betonstufe hinter dem Haus drang durch seine Jeans, als er sich darauf niederließ und seine Stiefel anzog. Die rotbraune Katze rieb sich an Toms Rücken.
    »Es gibt zwei Stellen, wo sie sein könnte, wenn sie so ausrastet«, erklärte er der Katze.
    »Komm schon, Ginge. Gehen wir sie suchen.« Er ging über den Pfad davon. Die Katze setzte sich und sah ihm nach, bis er durch das Gartentor und hinter der Böschung am Fluss verschwunden war.
    Er rechnete damit, sie unten am Fluss zu finden, wo sie von ihren Hunden Stöcke apportieren ließ. Fast meinte er die zierliche Gestalt und die Kappe zu sehen, unter die sie ihre blonden, welligen Haare gestopft hatte. In seiner Fantasie stand sie leise lächelnd am Ufer und warf Stöcke in das träge dahinfließende Wasser. Aber an diesem Nachmittag war sie nicht unten am Fluss.
    Er ging zum Haus zurück. An der Gebäudeseite überschattete eine Gruppe von Pfefferbäumen eine Reihe von ausgehöhlten Baumstämmen. Er konnte sich noch gut daran erinnern, wie Rebecca mit ihrem Vater um die Hundezwinger gestritten hatte. Sie wollte ihre Hunde nicht in
den großen Auslaufzwinger zu Harrys Meute von kläffenden Mischlingen und durch Inzucht degenerierten Tieren stecken. Sie wollte die Hunde näher am Haus unterbringen, damit sie ihnen beibringen
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