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Wo brennt s denn - Vom Grossbrand in der U-Bahn bis zur Schlange im Klo Die unglaublichsten Einsaetze einer Feuerwehrfrau

Wo brennt s denn - Vom Grossbrand in der U-Bahn bis zur Schlange im Klo Die unglaublichsten Einsaetze einer Feuerwehrfrau

Titel: Wo brennt s denn - Vom Grossbrand in der U-Bahn bis zur Schlange im Klo Die unglaublichsten Einsaetze einer Feuerwehrfrau
Autoren: Manuela Wedel
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bei einem Feuer zählt jede Sekunde, und gedankenloses Parken kann Menschenleben kosten.
    Manchmal können die Menschen allerdings nichts für Blockaden – auch Schnee behindert die Arbeit der Feuerwehr. Doch er wird noch eine Weile auf sich warten lassen. Jetzt starten wir zuerst einmal in den Frühling. Auf den folgenden Seiten begleiten Sie mich bei vier Schichten in verschiedenen Funktionen. Weil jede Jahreszeit andere typische Einsätze mit sich bringt, werden wir je eine Schicht in einer der vier Jahreszeiten fahren. Helm auf und los geht’s!

Ein Wachtag im April
    6:43 Uhr. Ich fahre durch die schmale Toreinfahrt der Hauptfeuerwache München auf den Parkplatz. Diese Wache gibt es seit über hundert Jahren. Noch viel früher stand an dieser Stelle das Haus der gemeinen Dochterlein – das städtische Freudenhaus. Hier sorgte ein sogenannter Frauenmeister oder Frauenwirt für Ordnung. Er war » kein selbsternannter Zuhälter, sondern ein öffentlich Bediensteter, der einen Diensteid ablegen und sich verpflichten musste, die Dirnen und das Haus ordentlich zu versorgen, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten und der Stadt einen Zins abzugeben, seit 1450 6 0 P fennig jede Woche. Er selbst bekam von jeder Dirne pro Kunde 2 Pfennig, musste dafür aber Wohnung und Verpflegung stellen. Außerdem musste er sich um standesgemäße Kleidung und Gesundheit der Prostituierten kümmern.« ( München. Die Geschichte der Stadt, Süddeutsche Zeitung Edition, München 2008)
    Als ich in diesem Buch über die Stadtgeschichte Münchens von der Vergangenheit meines Arbeitsplatzes las, musste ich schmunzeln. Ein bisschen etwas von jener Zucht und Ordnung ist bis heute geblieben. Bei der Berufsfeuerwehr geht es sehr geregelt zu. Wir sind Beamte, und für alles gibt es Vorschriften – ob das den Turnus der Überprüfung der Löschgeräte, der Leitern, des technischen Gerätes wie Stromerzeuger oder Rettungsschere, die medizinische Ausrüstung oder die Mülltrennung betrifft. Davon abgesehen, ist es natürlich sehr atmosphärisch, in diesem alten Gemäuer Dienst zu tun. In unserer Fahrzeughalle standen seinerzeit Kutschen und Pferde. Wer bei uns heute Fahrzeugmeister und Maschinist heißt, war damals Wagner, Kutscher und Hufschmied. Meine Vorgänger zeigten sich überaus erfindungsreich. So entwickelten sie Schnelleinspannvorrichtungen, mit deren Hilfe sie in zwei, drei Minuten mit ihren Pferdekutschen ausrücken konnten. Das ist eine ziemlich gute Zeit, meine ich. Mir gefällt es, in einem so historischen Gebäude Dienst zu tun, auch wenn es recht verwinkelt und zum Teil unpraktisch ist. Dafür liegt es mitten drin, im Herzen der Stadt.
    Während ich mein Auto parke, winke ich mehreren Kollegen zu, die ihre Schicht hinter sich haben und nun nach Hause fahren. Um 7 Uhr ist bei uns auf der Wache Ablösung. Die Luft ist frisch, es verspricht ein sonniger Tag zu werden. Seit ein paar Wochen schon begrüßt mich Vogelgezwitscher im großen Innenhof. Bald werden die Jungen schlüpfen, hoffentlich fallen sie nicht aus dem Nest. Auch die Jungvogelrettung gehört zu unseren Aufgaben, gelegentlich fangen wir Enten, Schwäne oder auch Tauben ein. Einmal retteten wir sogar einen jungen Turmfalken, der beim ersten Flugversuch die Notbremse gezogen hatte und auf dem Straßenpflaster gelandet war. Von dort kam er nicht mehr weg. Wir gaben ihm eine Starthilfe, ohne Kabel. Beherztes Zugreifen und In-die-Luft-Werfen genügte.
    » Gottseidank bist da, war a Scheißnacht!« Huber 43, den ich in der Fahrzeughalle treffe, sieht nicht gut aus. Huber 43 ist zwar erst 32, doch da er bei der Münchner Feuerwehr der 43. Huber ist, wird er so genannt.
    » Ich seh’s«, sage ich.
    » Freitagnacht, Partygänger, Discovolk, drei Feuermelder, First Responder, und heute früh hatten wir eine Person unter.«
    » Oh je!« Person unter mag keiner bei der Feuerwehr – jemanden retten, der unter einen Zug geraten ist. Außer er hat es noch nie gesehen. Aber eigentlich ist nach dem ersten Mal jeder geheilt von der Vorstellung, das sei nicht so schlimm. Ich kann jedenfalls verstehen, dass Huber 43 sich auf sein Dienstende freut.
    » Gute Nacht«, wünsche ich ihm.
    » Bis morgen«, nickt er. Am nächsten Morgen werden wir den gleichen Auftritt mit vertauschten Rollen spielen. Er wird mich frisch erholt ablösen. Ich hoffe mal, dass meine Schicht ruhiger verläuft, aber nicht zu ruhig. Ich bin nun schon seit sieben Jahren bei der Feuerwehr und obendrein Oberbrandmeisterin.
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