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Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Titel: Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
Autoren: Stanislaw Belkowski
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Ausnahmen, aber sie bestätigen nur die Regel.
• Putin hat nie die für Russland legendäre Machtvertikale geschaffen, über die so viel geschrieben und gesagt wurde. Unter ihm entstand eine Horizontale der Macht, die aus einer unzählbaren Menge von Gewaltzentren besteht. In jedem dieser Zentren, die das große Geld mit der zivilen und staatlichen Bürokratie vereinen, entsteht die russische Macht, hier lebt sie und stirbt von Zeit zu Zeit ab. Von vielen Entscheidungen, die an den Knotenpunkten dieser Horizontalen getroffen werden, erfährt Putin als Letzter oder nie. Die Philosophen der Postmoderne würden ein solches Machtmodell »rhizomatisch« nennen, ein Systemadministrator »verlinkt«. Auf keinen Fall jedoch kann man von einer strengen Hierarchie sprechen, an deren Spitze Putin steht, so wie heute die Mehrheit der Menschheit denkt.
• Putin war nie ein Imperialist und ist es auch heute nicht. Er ist ein Kleinbürger, dem imperiale Ausmaße Angst machen, wenn es um Ideen, Konzepte, Maßnahmen, Gegenmaßnahmen oder andere langfristige Entscheidungen geht. Keines der bisherigen russischen Staatsoberhäupter hat so viel zum Zerfall des Russischen Imperiums und zur Umwandlung des Landes in einen Nationalstaat europäischen Musters beigetragen, wozu die freiwillige und unfreiwillige Diskreditierung von imperialen Symbolen gehört, die den Russen bereits in Fleisch und Blut übergegangen sind. Darin liegt ja das Paradox: Indem er die imperialen Symbole konserviert, setzte er die zügellose Kraft des imperialen Zerfalls frei.
• Putin ist antisowjetisch. Alles Graue und Grässliche, was an die Sowjetunion erinnert, ist ihm zuwider. Und sei es nur deshalb, weil er in der Tragödie der UdSSR ein Pechvogel war, während er im Vaudeville der Russischen Föderation ein mustergültiger Glücksritter wurde.
• Putin ist russophob. Und zwar ganz klassisch und par excellence, als habe er sich aus einer wissenschaftlichen Broschüre materialisiert. Das russische Volk betrachtet er äußerst kritisch, er traut ihm keine kontinuierliche schöpferische Tätigkeit zu. Putin meint, die Russen seien untätige Schwärmer. Wahrscheinlich würde er der These zustimmen, dass die Russen Heilige sein können, dabei aber unredlich sind, wie der russische Denker Konstantin Leontjew es formulierte. Wie aber soll man einen modernen Kapitalismus aufbauen, wenn es an der banalen, langweiligen, bourgeoisen Ehrlichkeit mangelt? Putin meint, sowohl die Macht als auch die Philosophie in Russland müssten deutsch sein. Bleibt nur die Frage, wie man das erreicht.
• Putin hat keinen der Kriege gegen Tschetschenien angefangen. Er hat weder Anna Politkowskaja noch Alexander Litwinenko umgebracht. Generell ist er kein Mörder, weder von seinen Intentionen noch von seiner Mentalität her. Und wenn er dennoch Mordbefehle ausgegeben hat oder davon wusste, dass sie einem seiner Freunde erteilt wurden, hat er dabei stets Augen und Ohren verschlossen.
• Putin ist kein Macho und kein atemberaubender Liebhaber. Er ist ein Held der geschlechtlichen Einsamkeit mit unklarer (oder wie man es gebildet ausdrückt: amorpher) Sexualität. Die Mehrzahl der Gerüchte über seine Eroberungen und Affären sind Werbetricks, die mal besser funktionieren (wie zum Beispiel die Affäre mit der Kunstturnerin Alina Kabajewa, an der niemand zweifelt) und mal schlechter (die Affäre mit der Sängerin Anna Netrebko, an der sogar die zweifeln, die wissen, dass es eine solche Opernsängerin gibt).
• Putin ist Idealist. Er glaubt aufrichtig, für das gegenwärtige Russland und unter den gegebenen Umständen ein guter Regierungschef zu sein – kein großartiger, kein glänzender, sondern ein ordentlicher und solider. Er hat weder das Land betrogen noch diejenigen, die ihn in sein Amt gebracht haben. Vielleicht hat er damit gar nicht so unrecht.
• Von Putin ist alles Mögliche zu erwarten, nur keine radikalen Reformen. Die vorherrschende Idee seiner Staatsführung ist, nichts zu »verschütten«, damit er, gemessen an einer gewissen Auswahl formaler Kriterien, nach seiner Regierungszeit nicht schlechter dasteht als vorher. Boris Jelzin gab ihm die Worte mit auf den Weg: »Behüten Sie Russland!«, und WWP hat das ganz wörtlich genommen, ohne darin einen Hauch von Ironie oder Zynismus zu sehen. Deswegen muss man sich die hundertsiebenundzwanzigste Beteuerung des russischen Präsidenten, es stünden »Veränderung des russischen Wirtschaftsmodells« oder »massenhafte
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