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Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Titel: Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
Autoren: Stanislaw Belkowski
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könnte eine Zeit kommen, in der man Essen für kein Geld der Welt kaufen kann.
    Die Älteren unter uns können sich noch an die Zeit unter Chruschtschow oder sogar an die späte Stalin-Zeit erinnern. Ich wiederum erinnere mich gut an die Jahre 1990/91 unter Präsident Michail Gorbatschow, als die Lebensmittel komplett aus den Regalen verschwanden und es nur noch Buchweizen und Hering in Tomatensoße gab. Und wenn auf einmal Wurst auftauchte, egal von welcher Qualität, musste man dafür eine Stunde oder länger in der Schlange stehen. Überhaupt nahm nach Angaben von Soziologen die Wartezeit eines Sowjetmenschen in Lebensmittelschlangen ungefähr 20 Prozent seiner Freizeit und 5 Prozent seiner Lebenszeit ein. Wenn also jemand siebzig Jahre lebte, stand er davon dreieinhalb Jahre in Warteschlangen.
    Deswegen ist jeder Empfang oder jedes Bankett, bei dem man sich kostenlos bedienen kann, selbst wenn das Essen nur mittelmäßig ist, ein großes Glück und ein Fest für alle, die am Syndrom einer kargen Kindheit litten. Wir sind es, die Kinder des sowjetischen Hungers, die der russischen Sprache das Wort chaljawa eingepflanzt haben, was bedeutet: Man kann sich ungestraft und ungehindert auf fremde Kosten den Bauch vollschlagen.
    Die chaljawa bei Putin 2012 war überaus erlesen, oder wie sich der Pressesprecher der Kreml-Küche ausdrückte: Es wurde die Crème de la Crème der russischen Küche gereicht, jedoch auf europäische Art serviert. Das ist so zu verstehen, dass die Kellner keinen Sekt in den Borschtsch schütteten und den Gästen keine Julienne auf die Knie kippten. Die kalten Vorspeisen: Kammmuschel mit Gemüseblinys und einer Edelpilzsoße, geräucherter Heilbutt mit jungen Salatblättern, Rollbraten aus gebratener Ente mit Rosmarin an Kirschsauce, Meeresfrüchtesalat mit Avocadopüree. Warme Vorspeisen: gebratene Kamtschatkakrabbe mit Miniratatouille und einem Cappuccino aus Kokosmilch. Hauptspeise: Störsteak, gefüllt mit Gemüse und Sauce de Champagne.
    Abgesehen von Fruchtsäften und anderen kühlen Getränken standen der Wodka Kremlin, der zehn Jahre gelagerte und ebenfalls in Russland hergestellte Cognac Kremlin sowie der russische Weißwein Pinot Aligote Selection Château le Grand Vostock 2009 und der russische Auslesechampagner Abrau Djurso 2008 zur Wahl. Alle genannten Getränke werden in Russland hergestellt und haben mit Cognac und Champagner im eigentlichen Sinne (also als Getränken, die in den französischen Provinzen Champagne und Cognac hergestellt werden) nichts zu tun. Ob man sie konsumieren kann, ohne den Verlust der Verdauung und später auch des Sehvermögens zu riskieren, weiß ich nicht, ich habe es nicht ausprobiert. Wenn Putin sein Amt antritt, ist wahrscheinlich alles möglich.
    Ich kann nur sagen, dass der Abfüller des Abrau Djurso, Boris Titow, schon bald nach der Zeremonie mit dem Posten des Beauftragten für die Rechte der Unternehmer in Russland belohnt wurde. Das Amt ist fiktiv, es handelt sich um einen Ruheposten, da die Rechte der Unternehmer im gegenwärtigen Russland nur von korrumpierten Vertretern der staatlichen Organe gewahrt werden können und nicht von einem Sekthersteller. Aber Herr Titow hat sich sicher trotzdem gefreut – er konnte seinen Trank an den Mann bringen und hat sogar noch ein Pöstchen erhalten.
    Übrigens wurde die chaljawa großzügig vom russischen Steuerzahler finanziert. Das Budget für das Bankett betrug 26 Millionen Rubel (fast 800 000 Dollar), das sind 400 Dollar für jeden Gast. Sie werden mir zustimmen, dass man selbst in Paris nach einem Restaurant mit drei Michelin-Sternen suchen muss, das solche Rechnung aufstellt. Organisiert wurde das Festmahl zu Wahnsinnspreisen von dem bekannten Moskauer Gastronom Arkadi Nowikow, dem Besitzer der allerteuersten Lokale der russischen Hauptstadt. Wenn Sie für Essen ein Vermögen ausgeben und dabei trotzdem hungrig bleiben wollen, sind Sie dort an der richtigen Adresse.
    Das Wichtigste am 7. Mai 2012 war jedoch, dass Putin zur Amtseinführung aus seiner Vorstadtresidenz Nowo-Ogarjowo elf Kilometer durch eine absolut leere Stadt in den Kreml fuhr. Kein Mensch war in der Hauptstadt zu sehen. Das lag nicht nur daran, dass die Fahrtroute bis zum Spasski-Tor des Kremls lange vor Putins Fahrt für alle Formen menschlicher oder motorisierter Bewegung gesperrt worden wäre. Der Grund war auch, dass die gesamte Stadt Putin mit dieser vielsagenden Leere etwas zeigen wollte. Niemand wollte die Eskorte
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