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Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin

Titel: Wladimir - die ganze Wahrheit über Putin
Autoren: Stanislaw Belkowski
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Wahlkampagne zur Seite gestanden hatten, indem sie mit ihrer hohen Popularität die dankbare Wählerschaft bearbeiteten. Wohl kaum jemand im Westen kennt solche Namen wie Stass Michajlow oder Grigory Leps (der eigentlich Lepsweridse heißt und einer der wenigen Georgier ist, die Putin ertragen kann) – im heutigen Russland sind sie die angesagtesten Popsänger. Als Extraröschen auf der Torte fungierten der geschlagene Expräsident Dmitri Medwedew mit seiner Gattin Swetlana und das ebenso gestürzte, erste und letzte Oberhaupt der UdSSR, der Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow.
    Besonders pikant wurde die Veranstaltung auch durch die Anwesenheit persönlicher Freunde Wladimir Putins aus dem Ausland, von denen vor allem der ewige Gerhard Schröder und Silvio Berlusconi zu nennen sind. Für ihre Ankunft wurde im Regierungsflughafen extra ein Terminal reserviert. Schröder und Berlusconi nahmen am Empfang im Kreml entgegen der Amtseinweihungstradition statt, die sich bereits unter Boris Jelzin herausgebildet hatte: ausländische Gäste möglichst nicht zuzulassen. Damit zeigte Putin, dass ihm die persönliche Freundschaft um einiges wichtiger ist als Formalitäten oder Anstand.
    Der offizielle Teil der Zeremonie verlief nach dem üblichen Muster und war langweilig. Die Organisatoren des Präsidialamts verwiesen darauf, dass eine Tradition erst entstehen muss und deshalb zunächst einmal nichts verändert werden sollte. Es begann damit, dass die russische Staatsflagge, die Standarte des Präsidenten, die Verfassung und die Kette mit dem symbolischen Anhänger des russischen Präsidenten feierlich in den Andrejewski-Saal des Großen Kremlpalasts getragen wurden.
    Damit keine Missverständnisse aufkommen: Der Große Kremlpalast ist nicht der Ort, an dem der russische Präsident arbeitet. Die dunklen Interieurs aus Nussbaumholz, die man oft im Fernsehen zeigt, gehören zum ehemaligen Senatsgebäude des Imperiums. Der Palast dagegen wird heute vor allem für feierliche Zeremonien und VIP-Exkursionen genutzt. Man kann ihn komplett für ein Fest oder eine Hochzeit mieten, und zwar zum Preis von etwa 1 Million Euro.
    Dann legte der gewählte Präsident seinen Treueschwur gegenüber dem russischen Volk ab, wobei er beteuerte, die Verfassung »zu achten und die Rechte und Freiheiten des Menschen und der Bürger zu wahren« (die Versammelten fingen nicht an zu lachen, sonst hätte man es bis weit hinter die Kreml-Mauern gehört), wonach der Vorsitzende des Verfassungsgericht, Waleri Sorkin, den Eintritt Wladimir Putins in das Amt des russischen Staatsoberhaupts verkündete.
    Waleri Sorkin ist überhaupt eine bemerkenswerte Figur der neueren russischen Geschichte. 1993 versuchte er, Boris Jelzin in den Ruhestand zu schicken, weswegen er aus der hohen Richterschaft entlassen wurde und in eine lang andauernde Ungnade fiel. 2002 holte ihn Wladimir Putin wieder aus der Mottenkiste hervor, und seitdem ist er für seine Fähigkeit berühmt, alle für den Kreml unabdingbaren Entscheidungen durchzudrücken, egal ob sie verfassungswidrig sind oder nicht. So befand das Hohe Gericht des Landes unter dem Vorsitz von Herrn Sorkin die Abschaffung der Gouvernementswahlen für verfassungstreu, obwohl sie sowohl dem Buchstaben als auch dem Geist des Grundgesetzes des föderalen Staates widersprach.
    Nachdem er offiziell zum Präsidenten ernannt worden war, hielt Putin eine Rede, in der er nicht ohne Ironie Dmitri Medwedew für die Gewährleistung der Machtfolge dankte. Er bezeichnete die nächsten Jahre als entscheidend für das Schicksal der kommenden Generationen und sprach von der Notwendigkeit, das Land zum Zentrum der Anziehungskraft von ganz Eurasien zu machen, die Demokratie, die Menschenrechte, die Freiheit zu stärken und für die Einbeziehung der Bürger in die Lenkung des Landes zu sorgen. Keiner glaubte ihm.
    Danach fand auf dem Kathedralenplatz der Aufmarsch der Präsidentenwache statt, die an diesem Tag ihr 76-jähriges Bestehen feierte. Die Amtseinführung im Kreml endete mit einem epochalen Ereignis, das von vielen, wenn nicht allen Anwesenden mit hängendem Magen erwartet wurde – einem Bankett. Ein Bankett ist in Russland mehr als nur ein Festschmaus. Alle meine Mitbürger, die älter als dreißig Jahre sind, leiden, auch wenn sie wohlhabend oder sehr reich sind, am Syndrom einer kargen Kindheit. Ständig befürchten wir, in unserem Land, unserer Stadt oder unserem Dorf könnten die Nahrungsmittel ausgehen oder es
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