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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm
Autoren: James Clavell
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an die Macht kommt, braucht dringend Stabilität und Einnahmen – und das bedeutet Öl. Ja. Alles kommt in Ordnung. Scharazad glaubt es, und wenn sie glaubt, daß alles okay sein wird, sobald der Schah gestürzt und Khomeini wieder im Land ist, warum sollte ich es dann nicht auch glauben? Ach, Scharazad, wie sehr hast du mir gefehlt!
    Es war unmöglich gewesen, sie von England aus anzurufen. Das Telefonnetz im Iran hatte nie allzu gut funktioniert, weil es infolge der zu raschen Industrialisierung überlastet war, aber in den acht Monaten seit dem Beginn der Unruhen hatten sich die Verbindungen innerhalb des Landes und mit dem Ausland wegen der beinahe ununterbrochenen Streiks immer mehr verschlechtert und jetzt waren sie praktisch nicht mehr herzustellen. Während Tom im Hauptquartier in Aberdeen die halbjährliche ärztliche Untersuchung über sich ergehen ließ, hatte er es geschafft, ihr nach achtstündigem Anlauf ein Telex zu schicken. Er hatte es zu ihren Händen an Duncan McIver nach Teheran gesandt, wo sie sich im Augenblick aufhielt. Man kann in einem Telex nicht viel sagen: Auf baldiges Wiedersehen, ich liebe dich, du fehlst mir. Nicht mehr lang, mein Liebling.
    »Tom?«
    »Ah, ja, Jean-Luc. Was ist los?«
    »Es wird bald schneien.«
    »Ja.« Jean-Luc hatte ein schmales Gesicht, eine große Gallier-Nase und braune Augen. Er war schlank wie alle Piloten, die alle sechs Monate einer strengen ärztlichen Untersuchung unterzogen werden und daher kein Übergewicht aufweisen dürfen. »Wer hat auf uns geschossen, Tom?«
    Lochart hob die Schultern. »Ich habe niemanden gesehen. Du vielleicht?«
    »Nein. Ich hoffe, daß es nur ein Verrückter war.« Jean-Luc blickte Lochart scharf an. »Einen Augenblick lang habe ich geglaubt, daß ich wieder in Algier bin, daß ich wieder in der Luftwaffe gegen die Fellagha und die FLN kämpfe, die Gott auf ewig verfluchen möge.« Er trat den Zigarettenstummel mit dem Absatz aus. »Ich habe einen Bürgerkrieg mitgemacht und ihn gehaßt. Damals hatte ich wenigstens Bomben und Maschinengewehre zur Verfügung. Ich will nicht als Zivilist in einen Bürgerkrieg geraten, weil ich mich dann nur auf meine schnellen Beine verlassen könnte.«
    »Es war ein einzelner Irrer.«
    »Wir werden es vermutlich mit einer Menge solcher Irrer zu tun bekommen, Tom. Seit ich in Frankreich abgereist bin, werde ich ein schlechtes Gefühl nicht los. Und seit ich zurück bin, ist es ärger geworden. Du und ich haben den Krieg mitgemacht, die meisten anderen kennen ihn nicht. Du und ich haben eine Nase dafür: Wir müssen uns auf eine Menge Ärger gefaßt machen.«
    »Nein, du bist nur müde.«
    »Das stimmt. War Andy tatsächlich zuversichtlich?«
    »Und wie. Er läßt grüßen und sagt, wir sollen nur die Ohren steifhalten.«
    Jean-Luc lachte und unterdrückte ein Gähnen. »Madonna, ich hin am Verhungern. Was hat Scot sich für unsere Rückkehr ausgedacht?«
    »Er hat ein Schild ›Willkommen daheim‹ am Hangar befestigt.«
    »Zum Abendessen, mon vieux , zum Abendessen.«
    »Scot hat erzählt, daß er mit den Leuten vom Dorf auf die Jagd gegangen ist, daher gibt es eine Rehkeule und ein paar Hasen. Die Grillparty soll nach unserer Ankunft starten.«
    Jean-Lucs Augen leuchteten auf. »Toll. Hör zu, ich habe Brie, ein ganzes Kilo Knoblauch, geräucherten Schinken, Sardellen, Zwiebeln, ein paar Kilo Teigwaren und Dosen mit Tomatenmark mitgebracht, und meine Frau hat mir ein neues Rezept für matriciana à la Sessone mitgegeben, das einfach unglaublich ist. Den Wein nicht zu vergessen.«
    Lochart lief das Wasser im Mund zusammen. Kochen war Jean-Lucs Hobby, und wenn er wollte, war er geradezu kreativ. »Ich habe bei Fortnums alle möglichen Konserven gekauft, was mir eingefallen ist, außerdem natürlich Whisky. Deine Kochkünste, die sind mir abgegangen.« Und deine Gesellschaft, dachte er. In Dubai hatten sie zur Begrüßung einander die Hände geschüttelt, und Tom hatte gefragt: »Wie war der Urlaub?«
    »Ich war in Frankreich«, hatte Jean-Luc schlicht, aber strahlend geantwortet. Lochart hatte ihn um seine Unkompliziertheit beneidet. Sein Englandaufenthalt war danebengegangen: das Wetter, das Essen, der Urlaub, die Kinder, sie – so sehr er sich auch bemüht hatte. Macht nichts, dachte er. Ich bin wieder da und werde bald in Teheran sein. »Wirst du heute abend auch etwas kochen, Jean-Luc?«
    »Natürlich. Wie könnte ich ohne ordentliches Essen leben?«
    Lochart lachte. »Ganz richtig.« Sie
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