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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm
Autoren: James Clavell
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ihre Hand halten und beten, daß Allah sie und das Kind schonen und daß die Hebamme geschickt sein würde. Die Hebamme war geschickt, das Kind aber dennoch eine Totgeburt. Die inneren Blutungen hörten nicht auf, und es geschah, wie es bestimmt war. »Wie es Allah gefällt«, hatte er gesagt. Doch das half ihm diesmal wenig. Er hatte sie und das totgeborene Kind begraben. In großer Betrübnis hatte er seinem Vetter – auch er ein Mullah – und dessen Frau seine zwei kleineren Söhne anvertraut und seinen Platz in der Moschee überlassen, bis die Gläubigen einen Nachfolger für ihn gefunden haben würden. Dann hatte er mit dem älteren Sohn Kowiss den Rücken gekehrt.
    »Ich bin sehr hungrig, Vater«, meldete sich der Junge nun schüchtern.
    »Ich auch, mein Sohn«, sagte Hussain gütig. »War es denn jemals anders?«
    »Werden wir bald den Märtyrertod sterben?«
    »Wie es Allah gefällt.«
    »Warum sind wir von zu Hause fort, Vater? Und wohin gehen wir?«
    »Zuerst nach Nordwesten, mein Sohn. Der Imam hat den Iran gerettet, aber die Moslems im Norden, im Süden, im Osten und im Westen sind von Feinden bedrängt. Sie brauchen Hilfe und Unterweisung und das Wort.«
    »Hat dich der Imam, Allahs Friede sei mit ihm, ausgesandt?«
    »Nein, nein, mein Sohn. Er befiehlt nichts, er unterweist nur. Ich gehe aus freien Stücken, um Allahs Werk zu tun. Jetzt sind wir beide Soldaten Allahs.«
    »Schön! Ich werde ein guter Soldat sein. Willst du mir noch einmal erklären, warum du diese Teufelsanbeter hast gehen lassen – die von unserem Stützpunkt, meine ich – und ihnen erlaubt, unsere Hubschrauber mitzunehmen?«
    »Wegen ihres Anführers, wegen des Captains«, sagte Hussain geduldig. »Ich glaube, er war ein Werkzeug Allahs. Er hat mir die Augen für Allahs Botschaft geöffnet, daß ich das Leben und nicht das Martyrium anstreben soll. Und weil er mir eine unschlagbare Waffe gegen die Feinde des Islams, gegen Christen und Juden in die Hand gegeben hat: das Wissen, daß sie das einzelne menschliche Leben als sakrosankt ansehen.«
    Der Junge unterdrückte ein Gähnen. »Was bedeutet sakrosankt?«
    »Sie glauben, das Leben eines einzelnen Menschen sei von unschätzbarem Wert. Wir aber glauben, daß alles Leben von Allah kommt, Allah gehört und nur dann wertvoll ist, wenn es Allahs Werk vollbringt. Verstehst du das, mein Sohn?«
    »Ich denke schon«, antwortete das Kind, das jetzt schon sehr müde war. »Wenn wir Allahs Werk verrichten, kommen wir ins Paradies, und das Paradies ist für immer.«
    »Das ist richtig, mein Sohn. Wenn wir Gebrauch machen von dem, was uns dieser Pilot gelehrt hat, dann kann der Gläubige seinen Fuß auf die Nacken von zehn Millionen setzen. Wir werden dieses Wort verkünden, du und ich.« Wie seltsam, dachte Hussain, daß ausgerechnet dieser Mensch, dieser Captain Starke, mir den Weg gewiesen hat. »Wir gehören weder dem Osten noch dem Westen an, nur dem Islam. Verstehst du das, mein Sohn?«
    Doch er erhielt keine Antwort. Der kleine Junge schlief tief. Hussain nahm ihn in die Arme und betrachtete die sinkende Sonne. »Allah ist groß«, sagte er zu den Bergen, dem Himmel und der Nacht. »Es gibt nur einen einzigen Gott.«

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