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Wirbelsturm

Wirbelsturm

Titel: Wirbelsturm
Autoren: James Clavell
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nicht kooperativ zeigen, wird man Sie beide zur Grenze bringen, und Ihr Mann … Er wird sehen müssen, wie er weiterkommt.«
    Sie stand nicht auf und nahm auch ihre Hand nicht vom Kissen. Kooperativ? Heißt das, daß sie aus freien Stücken mit diesem Mann schlafen soll? »Wie soll denn meine ›Unterstützung‹ aussehen? Was verlangen Sie von mir?« fragte sie und ärgerte sich, daß ihre Stimme so zaghaft klang.
    Er lachte. »Was ich verlange? Daß Sie tun, was allen Frauen so schwerfällt: ohne Widerrede gehorchen, tun, was man ihnen aufträgt, und aufhören, die Gewitzte zu markieren.« Er machte kehrt. »Sie bleiben hier. Ich komme später wieder. Ich hoffe, daß Sie dann bereit sein werden, mir … die richtigen Antworten zu geben.« Er schloß die Tür hinter sich.
    Wenn er versucht, mich zu vergewaltigen, bringe ich ihn um, dachte sie. Ich kann nicht mit ihm schlafen. Erikki würde es mir nie verzeihen, und ich selbst mir auch nicht. Erikki könnte nicht mehr leben mit dem Wissen, daß so etwas geschehen ist, und er würde sich rächen wollen. Und auch ich könnte nicht mit mir weiterleben.
    Sie stand auf, ging zum Fenster und sah hinaus auf das belebte Dorf und die schneebedeckten Berge ringsum. Bis zur Grenze war es nur ein kleines Stück …
    »Erikki hat nur dann eine Chance, wenn ich zurückgehe«, murmelte sie. »Aber ich kann nicht, mir fehlt die Einwilligung des Majors, und selbst dann …«
    Auf dem Polizeirevier: 11 Uhr 58. Erikkis mächtige Fäuste hatten den mittleren Eisenstab des Fensters herausgebrochen und dabei einen kleinen Schuttregen hervorgerufen. Hastig drückte er ihn in die Öffnung zurück und spähte durch die Tür des Käfigs in den Gang hinaus. Kein Gefängniswärter war zu sehen. Schnell stopfte er die Schuttreste wieder hinein, um das Loch zu tarnen. Er hatte die halbe Nacht an diesem Eisenstab gearbeitet. Jetzt besaß er eine Waffe und einen Hebel, um die anderen Stäbe herauszustemmen.
    Dazu brauche ich eine halbe Stunde, nicht mehr, dachte er und setzte sich zufrieden auf seine Pritsche. Am Morgen hatte man ihm ein Stück Brot und ungenießbaren Kaffee gebracht. Die Polizisten hatten ihn verständnislos angestarrt, als er nach seiner Frau und dem Major verlangte. Weder kannte er das türkische Wort für Major noch den Namen des Offiziers. Sie hatten mit den Achseln gezuckt und waren gegangen. Der Sergeant hatte sich nicht sehen lassen.
    Die Tür am Ende des Ganges ging auf, und der Major kam auf ihn zugeschritten. »Guten Morgen«, sagte er und rümpfte die Nase vor dem Gestank, der ihm entgegenschlug.
    »Guten Morgen, Herr Major. Wo ist meine Frau, und wann lassen Sie uns gehen?«
    »Ihre Frau ist im Dorf – ausgeruht und in Sicherheit. Ich habe mich selbst überzeugt.« Der Major musterte Erikki nachdenklich, bemerkte seine schmutzigen Hände und prüfte mit scharfem Blick das Schloß des Käfigs, die Gitterstäbe des Fensters, den Fußboden und die Decke. »Die Sicherheit Ihrer Frau und die Behandlung, die ihr zuteil wird, hängt allerdings von Ihnen ab, verstehen Sie?«
    »Ja, ich verstehe. Aber als ranghöchster Polizeibeamter sind Sie mir für ihr Wohlergehen verantwortlich.«
    Der Major lachte höhnisch und machte gleich wieder ein ernstes Gesicht. »Das beste wird wohl sein, eine Gegenüberstellung zu vermeiden. Wenn Sie sich kooperativ zeigen, werden Sie heute nacht hierbleiben. Morgen schicke ich Sie unter Bewachung nach Istanbul, wo Sie mit Ihrem Botschafter sprechen können und wo sich erweisen wird, ob Sie vor Gericht gestellt oder ausgewiesen werden.«
    Erikki ging auf sein eigenes Schicksal gar nicht ein. »Ich habe meine Frau gegen ihren Willen hierhergebracht. Sie hat nichts Böses getan. Sie sollte in ihre Heimat zurückkehren. Können Sie ihr sicheres Geleit geben?«
    »Das hängt von Ihrer Unterstützung ab.«
    »Ich werde sie auffordern zurückzugehen. Ich werde darauf bestehen, wenn Sie das meinen.«
    »Natürlich können wir sie zurückschicken«, entgegnete der Major. »Selbstverständlich. Aber es ist möglich, daß sie auf dem Weg zur Grenze abermals entführt wird, diesmal von Banditen, iranischen Banditen, Halsabschneidern, die sie ein oder zwei Monate gefangenhalten und erst nach Bezahlung eines Lösegelds durch den Khan wieder freigeben würden.«
    Erikki war aschfahl geworden. »Was wollen Sie von mir?«
    »Von hier zur Bahn ist es nicht weit. Sie könnten heute nacht insgeheim aus dem Polizeirevier und sicher nach Istanbul gebracht
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