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Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will

Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will

Titel: Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will
Autoren: Andreas Krause Landt Axel W Bauer
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Leben, den ungewollten Tod. Erst mit ihm bestehen wir die Auferlegung ganz. Und im Bestehen ist eine Genugtuung – vielleicht schon eine Verheißung. Es ist der Anfang einer Befreiung darin, vielleicht sogar eines Anspruchs: »Dies alles habe ich erduldet, wie es mir auferlegt war.« Ehre und Würde aber, wie sie unter Menschen gelten, sind schwerlich Worte, die wir in den Tod und »hinüber« nehmen können. Eine Würde schimmert im Ertragen des Untragbaren auf. Von ihr haben – jenseits aller Verheißung – die griechischen Helden gewußt. Ödipus durchlitt die Schmach seines Blutes, die ungewollte Schuld am Tode des Vaters, den entsetzlichen Widerspruch mit sich selbst. Er hätte nicht sein dürfen, aber er trug dieses Sein. Er erduldete das Unwürdige, der Gatte seiner Mutter zu sein. So hatten es die himmlischen Mächte, nicht er gefügt. Er zerstörte die Augen, die den Greuel dieses Lebens gesehen – aber sein Leben nicht. Indem er sich in dies befleckte, widernatürliche Leben begab, »maßlos duldend« – erlangte er ein Recht. Der vom nicht gewollten Frevel Vertriebene, durch die Fremde Irrende war König; er war König seines Leids. Am Ende nahm die Macht sich seiner an, die über ihm waltete, und hüllte ihn in das Geheimnis wunderbaren Todes. Sein verborgenes Grab aber wurde zum Heiligtum. Es wurde zum Gnadenorte vor den Mauern Athens. Segen ging von diesem verfemten, gescheuten Leben aus, das sich unvorstellbarem Leiden gebeugt. Da es den Tod nicht rief, selbst in der Schande nicht, so neigte sich endlich hernieder die Gnade der unverstandenen Macht.
    Dies könnte der Sinn der Schmerzen sein, die uns versuchen, Hand an uns zu legen. Auf diesen Sinn verzichten könnten wir aber nur, wenn wir unumstößlich wüßten, daß das Nichts uns erwartet, ein befriedender Schlaf ohne Träume.
    Wenn das Nichts gewiß wäre, dann schiene der Selbstmord möglich, vernünftig. Ist es aber gewiß, so ist das Leben ein Gut über allen Gütern, für das es keine Entschädigung gibt. Dann wäre das elendste Leben noch kostbar, – und wenn es nur einen Blick in die Sonne erlaubt, das Empfinden des Herzschlags, das letzte, von Wehmut verdunkelte Nachleuchten einer Erinnerung – wenn es nichts wäre, als die Verzögerung des Sterbens, die Frist vor dem Nichts. Wer leidet, der lebt – und das Leben ist ein Abgrund an Schmerz, aber auch ein Abgrund an Hoffnungen. Verzweiflung ist blind; sie nimmt die Wende nicht wahr, die sich vorbereitet. Wie, wenn die letzte Vorbereitung geschehen wäre einen Augenblick – nach dem letzten Augenblick? Die vielen Sagen, Überlieferungen von Selbstmördern, die als Gespenster wiederkehren, deuten die Ahnung an, daß eine Aufgabe nicht gelöst, eine Möglichkeit nicht ausgeschöpft ist. Die Geister trachten dem versäumten Leben nach und müssen schweifen, bis die eigenmächtig gebrochene Kraft aufgezehrt ist, als ob der Tod die Unglücklichen auf die Erde zurückdränge, an die Stelle ihrer Flucht. Der Tod nimmt die nur an, die er gerufen; den Andern ist kein Friede versprochen.
    Das eine ist gewiß: der selbstgewählte Tod wühlt Frage um Frage auf; er heißt die ihm Entgegeneilenden schwerlich willkommen. Das Antlitz mag lächeln, der Leib beseligt sein, wenn die Schmerzen verebben. Allein, was sagen die abgelegten Kleider vom Geheimnis, den Erfahrungen dessen, der sie getragen? Doch die eigentliche Not kümmert sich um all diese Fragen nicht: die Schwermut der Jugend will hinunter in den grundlosen Tod; sie ist auf der Erde nie zu Haus gewesen und brennt danach, heimzukehren in uranfängliche Dämmernis. Einmal ist der Vertriebene jeder Herberge müd; es kommt ein Morgen, da er sich nicht mehr erheben wird: auf diesem letzten Lager seiner Wanderschaft möchte er ruhn wie in Ewigkeit. Der Verfolgte, Verzweifelte sieht sich und die Seinen von allen Seiten umschlossen; er hat an zu viel Türen gebangt, sich erniedrigt, als daß er es noch an einer einzigen versuchen sollte. Vielleicht sind die Elenden schon unterwegs, die ihn und die Seinen voneinander trennen, den von der Not noch einmal geheiligten Lebenszusammenhang zerreißen sollen. Es wird nicht geschehen. Wenn die Verfolger die Türen aufbrechen, so wird man die Gehetzten vereinigt finden im Tod. Und auch der Kranke, dem sich in langen Nächten das grausige Antlitz seiner Krankheit entschleiert, wird vielleicht nicht mehr fragen. Und was sollten wir zu sagen wagen von der erniedrigten Frau, die sich selbst nicht mehr
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