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Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will

Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will

Titel: Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will
Autoren: Andreas Krause Landt Axel W Bauer
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65-jähriger Mann kann statistisch gesehen damit rechnen, noch weitere 17 Jahre und sechs Monate zu leben, während eine 65-jährige Frau sogar noch 20 Jahre und acht Monate vor sich hat. 5
    Die veränderte demographische Lage bringt es mit sich, dass immer mehr ältere Menschen in der absehbaren Zukunft ein wesentlich längeres Dasein als Rentner erleben werden als ihre Eltern oder Großeltern, und dies selbst dann, wenn das Renteneintrittsalter auf 67 oder gar 70 Jahre angehoben werden sollte. Parallel dazu wird – schon seit der Regierungszeit des Bundeskanzlers Gerhard Schröder zwischen 1998 und 2005 – sukzessive die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung zugunsten privater Formen der Alterssicherung verschlechtert. So soll der allgemeine Beitragssatz zum 1. Januar 2013 nochmals um 0,7 Prozent (von 19,6 Prozent auf 18,9 Prozent des Bruttolohns) gesenkt werden. Es liegt dabei sowohl im Interesse der Arbeitgeber, geringere Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung ihrer Mitarbeiter aufbringen zu müssen, als auch im Interesse der privaten Versicherungsunternehmen, auf diese Weise langfristig anzulegendes Geld aus den Taschen der Bürger zu erhalten. Es ist deshalb absehbar, dass das relative Rentenniveau in 25 bis 30 Jahren erheblich unter dem gegenwärtigen liegen wird.
    Mit zunehmendem Alter kommen auch immer mehr und immer kostspieligere Krankheiten auf uns zu. Wer sich mithilfe körperlicher Aktivität lange »fit« hält, wird die Krankheiten, die seine Eltern mit 75 Jahren trafen, gegebenenfalls erst mit 85 erleben; erspart bleiben sie ihm jedoch nicht. Damit steigen auch in Zukunft die Krankheits- und Pflegekosten am Lebensende kräftig an. Es wäre nämlich eine Illusion zu glauben, wir stürben in der Zukunft nicht nur später, sondern sozusagen in »kerngesundem« Zustand von heute auf morgen. Schon 1978 ließ, wie wir im nächsten Kapitel sehen werden, der schwedische Autor Carl-Henning Wijkmark (*1934) einen (fiktiven) Medizinethiker behaupten, viele Männer und Frauen, die als Ärzte oder als Angehörige eine Langzeitpflege und die Pflege »hoffnungsloser Fälle« aus der Nähe erlebt hätten, verspürten den innigen Wunsch, ihnen selbst möge später ein solches Leiden erspart bleiben.
    Gesellschaftlich »optimiert« werden könnte der Prozess der kostengünstigen »Entsorgung« alter und kranker Menschen aber erst dann, wenn es gelänge, sie schon weit im Vorfeld des Todes davon zu überzeugen, dass ein freiwilliger Abgang nach einem erfüllten Leben eine Tugend, ja eine soziale Verpflichtung sei. Hierbei helfen oftmals die euphemistischen Begriffe, mit denen in der modernen Medizinethik gerne gearbeitet wird, um das Grauen zu bannen und die Tatsachen schönzufärben. Es macht eben einen erheblichen Unterschied, ob man zum Beispiel von »aktiver Sterbehilfe« oder von »Tötung auf Verlangen« (Paragraph 216 StGB) spricht. Der erste Begriff klingt nach einem Akt der Humanität, der zweite nach einem strafbewehrten Delikt gegen das Leben.
    Der Leibarzt des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III. und Mitbegründer der Berliner Universität, Christoph Wilhelm Hufeland (1762–1836), glaubte noch im frühen 19. Jahrhundert, dass gerade der Arzt sich niemals an einer Tötung auf Verlangen beteiligen dürfe. Wenn er sich erst einmal anmaße, das Leben seiner Patienten zu bewerten, so seien die Folgen unabsehbar, denn der Arzt würde dann »der gefährlichste Mann im Staate« werden. Glaube sich der Arzt einmal berechtigt, über Leben und Tod zu entscheiden, so bedürfe es nur stufenweiser Progression (wir Medizinethiker sprechen heute von der sogenannten »schiefen Ebene«), um den Unwert und folglich die Unnötigkeit eines Menschenlebens auch in anderen Fällen zu behaupten.
    Der für die Tötung auf Verlangen international als griechisch-englisches Fremdwort durchaus geläufige, aber seiner Bedeutung nach janusköpfige Begriff »Euthanasia« (wörtlich übersetzt: »gutes Sterben«) enthält eben nicht nur die positiv konnotierte Bedeutung eines angeblich »selbstbestimmten Lebensendes«, sondern immer auch die inhumane Bereitschaft zur Vernichtung vermeintlich »lebensunwerten Lebens«. Es ist jedenfalls nicht zu leugnen, dass die nationalsozialistischen Greueltaten diesen Begriff nachhaltiger geprägt haben, als es den Befürwortern der sogenannten »aktiven Sterbehilfe« heute lieb sein kann. In Deutschland gab es aus diesem Grund nach 1945 eine lange Phase des
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