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Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will

Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will

Titel: Wir sollen sterben wollen Todes Helfer Ueber den Selbstmord - Warum die Mitwirkung am Suizid verboten werden muss Warum der Staat mit dem neuen Paragraphen 217 StGB die Mitwirkung am Suizid foerdern will
Autoren: Andreas Krause Landt Axel W Bauer
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Schweigens und der Ablehnung einer aktiven Sterbehilfe. Doch spätestens seit den frühen 1990er Jahren lässt sich auch im wiedervereinten Deutschland die Tendenz beobachten, das Selbstbestimmungsrecht von Patienten in medizinethischen Debatten geradezu wie einen Solitär in den Vordergrund zu schieben. Ausgerechnet beim Thema Sterbehilfe soll sich nun dieses angebliche moralische Recht vorrangig bewähren. Doch ist Selbstbestimmung im medizinischen Kontext tatsächlich mit dem Wunsch nach einem selbst bestimmten Todeszeitpunkt gleichzusetzen?
    Zu Beginn des Jahres 2013 soll der Bundestag einem Gesetzentwurf der Bundesregierung zustimmen, durch den die »gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung« unter Strafe gestellt wird. Allerdings bezieht der neue Paragraph 217 des Strafgesetzbuches jene organisierte Suizidbeihilfe, bei der keine Gewinnerzielungsabsicht erkennbar ist, nicht in die Strafbarkeit mit ein. Nicht kommerzielle Suizidbegleiter können sich sogar bestätigt fühlen. Viel interessanter als das, was der Entwurf regelt, ist das, was er nicht regelt und somit durch Schweigen geradezu privilegiert. Wir haben es mit einem regelrechten »Gesetzestrojaner« zu tun, also mit einem Gesetz, dessen eigentliche Absicht verschleiert wird. Dazu wird im Folgenden mehr zu sagen sein.
    Die wenigsten Menschen, die eine »Suizidbegleitung« wünschen, sind im Vollbesitz ihrer seelischen Kräfte. Andersherum gesagt: Der Begriff des »Freitodes« wirkt in den meisten Fällen von Selbstmord geradezu absurd. Die Neigung zur Selbsttötung, insbesondere aber der vollendete Suizid, steht in deutlichem Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen. Dabei handelt es sich vor allem um die klinische Depression und um psychiatrische Krankheitszustände, die mit einer depressiven Symptomatik verbunden sind. Hierzu zählen Schizophrenie, Angststörungen, Substanzabhängigkeit (zum Beispiel Alkohol und Rauschdrogen) oder Persönlichkeitsstörungen. Eine Depression schränkt die Wahl- und Handlungsmöglichkeiten des betroffenen Menschen stark ein. Eigentlich müsste aber jeglicher Zweifel an der Freiwilligkeit eines Suizids restlos ausgeschlossen werden können. Dies ist jedoch unmöglich. Gerade deshalb muss dem Suizid als solchem die soziale Anerkennung versagt bleiben. Bisher war das so. Dass sich das auf einmal ändert, hat offenbar damit zu tun, dass wir vor einer vorhersehbaren »demographischen Alterung« unserer Bevölkerung stehen. Schließlich müssen in den nächsten Jahrzehnten immer weniger junge, arbeitsfähige Menschen die Renten für die dann hoch betagten Senioren der geburtenstarken Jahrgänge zwischen 1950 und 1970 erwirtschaften.
    Bei der Selbsttötung handelt es sich um einen Akt, der ethisch gerade nicht mit der Autonomie des Menschen legitimiert werden kann. Die Autonomie, die als die Fähigkeit der menschlichen Vernunft, sich eigene Gesetze zu geben und nach diesen zu handeln, beschrieben werden kann, hat ihre Voraussetzung in der physischen Existenz der Person, sie ist Folge und nicht Ursache unserer leiblichen Konstitution. Daher beschränkt sich die legitime Reichweite der menschlichen Autonomie auf den Bereich diesseits ihrer physischen Grundlage. Mit dem Suizid verwirklicht der Mensch seine Freiheit nicht, sondern er verwirkt sie, und zwar für immer. Die Selbsttötung bringt unwiderruflich das Ende jeder Handlungsfreiheit mit sich. Mir geht es in diesen Ausführungen darum, dass aus dem angeblich selbstbestimmten Lebensende, welches uns Politiker und viele Medizinethiker vorgaukeln, nicht etwa das Ende der Selbstbestimmung in unser aller Leben werden möge. In diesem Sinne sollen uns die nun folgenden Kapitel nicht entmutigen, sondern zum Widerstand gegen den »organisierten Tod« beitragen.
Der moderne Tod – ein literarisches Menetekel aus Schweden
    In einem Vortrag des (fiktiven) Medizinethikers Caspar Storm, den der im vorigen Kapitel schon kurz erwähnte schwedische Autor Carl-Henning Wijkmark in seinem erstmals 1978 erschienenen Buch Der moderne Tod. Vom Ende der Humanität auftreten lässt, findet sich die folgende Überlegung zur Frage der Rationierung knapper medizinischer Ressourcen: »Wenn die Mittel nicht ausreichen, um alle zu retten, die rein technologisch mit einer modernen Behandlung gerettet werden können, muss es entweder dem Zufall überlassen werden, wer sterben muss oder es muss eine rationale Auswahl getroffen werden, die eine vergleichende Bewertung des Menschenlebens zum Inhalt hat.
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