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Wir sind nicht schwul (German Edition)

Wir sind nicht schwul (German Edition)

Titel: Wir sind nicht schwul (German Edition)
Autoren: Eireann Nóc
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Haus. Fünfzehn Minuten, die absolut ausgereicht haben und die es in sich hatten.
    Jetzt bin ich froh, mich nicht mehr mit dem Gedanken abrackern zu müssen, wie ich diesen grauenhaften Anblick, den Mikage mir geboten hat, aus meinem Kopf löschen kann.
    Und wer weiß, vielleicht werde ich irgendwo als Ameise wiedergeboren und kann dadurch meine Schuld nach und nach, Stückchen für Stückchen abarbeiten.
    Erst als Ameise geboren, habe ich später, ja, wer weiß, eines Tages vielleicht wieder die Chance, als Mensch an Mikages Seite geboren zu werden. Und dann, ja dann würde ich garantiert alles richtig machen.

Du gehörst zu mir!

    I st es normal, dass es einem scheußlich geht, obwohl man tot ist? Ich habe mir immer gedacht, dass man keine Schmerzen mehr hat, wenn man erst einmal seinen Körper verlassen hat. Nein, eigentlich dachte ich, dass man, wie Daten in einem Computer, gelöscht wird. Ein kleiner Teil deiner Daten wird immer zurückbleiben, aber der Großteil dürfte verloren gehen.
    Meine Mutter sagte mir einst, dass man Energie nicht zerstören kann. Ich wette, das war gelogen. Eine kaputte Glühbirne strahlt ja auch keine Energie mehr ab, wenn der Faden erst einmal gerissen ist. Das was übrig bleibt ist Abfall, der von anderen Energien beseitigt wird. Genauso stelle ich mir das mit einem menschlichen Körper vor. Wenn sein Energiefaden gerissen ist, gibt er keine Energie mehr ab und ist somit nur mehr Arbeit für die Energien, die noch aktiv sind. Wie kommt es überhaupt, dass ich mir über so etwas Gedanken machen kann? Ich dachte, dass man nichts mehr denkt, wenn man tot ist, schließlich ist das Gehirn nicht mehr zum Denken fähig.
    Kann man auch ohne Gehirn denken?
    Es soll ja auch kleine Viecher geben, die ohne Gehirn Farben unterscheiden können. Auch da dachte ich eigentlich immer, dass so etwas ohne Gehirn nicht möglich ist.
    Aber das spielt jetzt alles keine Rolle mehr.
    Ich bin tot.
    Warum eigentlich?
    „Halt! Ich glaube, sie hat sich bewegt.“
    Irgendein Idiot stochert mir mit irgendetwas in den Arm, den ich, verdammt noch mal , nicht mehr fühlen sollte!
    „Sie kneift die Augen zusammen! Hey, sie ist wach! Hol einen Arzt! Geh schon!“
    Das gibt’s doch nicht! Muss man im Himmel auch erst aufwachen? Ist das ein Gehilfe von Gott, der da nach einem …
    Moment!
    Ein Arzt?
    Ruckartig reiße ich die Augen auf und mein Oberkörper schnellt hoch. Entsetzt starre ich in die Schwärze, die sich langsam klärt.
    Mittlerweile nehme ich auch allmählich meinen Atem war, mein rasendes Herz, ein Kribbeln auf meiner Haut, meinen dröhnenden Schädel, mein schmerzendes Kiefer. Ich könnte die Liste endlos fortsetzen. Und … da ist ein Schatten neben mir.
    Ich bin nicht tot. Und dann ist das neben mir wohl auch nicht Mikage, den ich im Tod begleiten wollte.
    Mikage.
    Mikage …
    „Mikage“, flüstere ich bei der Erkenntnis, dass ich mich nach wie vor unter den Lebenden befinde.
    „ Mikage !“ Ein Tsunami voll von vor Frust zerfressenen Emotionen fegte über mich hinweg und sammelte jede Energie zusammen, die ich für diesen Aufschrei nötig hatte. Schreiend, wehklagend und bitter weinend verkrampft sich mein gesamter Körper zu einer starren, eisernen und dennoch überhitzten Kugel.
    Der Schatten, der eben noch nach einem Arzt gerufen hatte, schlingt die Arme um mich und versucht das kümmerliche Stückchen Elend zu trösten, zu dem ich geworden bin. „Wo bleibt der verdammte Arzt?“, brüllt er gen Tür. Hallend gibt der Raum seine Worte wieder.
    Er bemüht sich sehr, mich zu trösten, mir gut zuzusprechen.
    Erfolglos.
    So sehr ich mich auch gegen meinen Gefühlsausbruch wehre, ich schaffe es einfach nicht, mich zu beruhigen. Am schwierigsten fällt mir das Atmen. Jeder Atemzug sticht mir in Kehle und Lunge wie zigtausend Nadeln, die sich immer tiefer in mich hinein bohren.
    Und dann kommt endlich der Arzt. Ich bin viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt, um mitzubekommen, was er genau macht. Auf jeden Fall scheint es zu wirken, denn nach einer Weile beruhige ich mich.
    Dafür nehme ich die aufkommende Müdigkeit gerne in Kauf, solange ich nicht mehr mit diesen Krämpfen zu kämpfen habe.
    Wie viel Zeit vergeht, bis ich wieder aufwache, ist mir nicht bewusst. So wirklich interessiert mich das auch nicht mehr, nachdem Akio der erste ist, den ich sehe, als ich endlich wieder mehr als nur Schwarz erkennen kann.
    „J…Jin, Jin-san wo … wo ist …?“ Ich spüre, wie mir die kalten Tränen
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