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Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)

Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)

Titel: Wir in Kahlenbeck: Roman (German Edition)
Autoren: Christoph Peters
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, die Augen gerade auf das Ziel oder den Boden gerichtet.
    So interessant die Indianer sein mögen , nackt im Fluß oder mit Blasrohren auf der Jagd , und selbst wenn ihre Welt dem Paradies zum Verwechseln ähnlich sieht – als Ungetaufte und ohne Glauben an den wahren Gott zählen sie doch zu den bedauernswertesten Geschöpfen der Erde , da sie von der Erlösung durch Christus nichts wissen und ihr Dasein in Angst und Schrecken vor dem ewigen Tod fristen müssen.
    »Bevor die Kinder zu Ihnen kamen , waren sie aber doch richtige Heiden?«
    »Die Indios haben ihre Geister , denen sie Opfer bringen. Manche lassen sich taufen. Oder sie nehmen den Glauben an Christus an , solange sie auf der Station sind , und wenn sie in den Dschungel zurückkehren , wenden sie sich wieder den Geistern zu.«
    »Das ist dann noch schlimmer , als wenn sie sich gar nicht erst bekehrt hätten , oder?«
    »Die Geister haben große Macht über die Seelen der Menschen dort. Und einige der Zauberpriester wollen natürlich nicht , daß die Leute zum Glauben an Christus finden. Sie lehnen es ab , daß sich jemand von einem weißen Arzt behandeln läßt , weil Unglück für den ganzen Stamm droht , sobald sich einer von den Göttern der Vorfahren abkehrt. Bevor sich die Menschen an einen Weißen wenden , fragen sie immer erst ihre Zauberpriester.«
    Gelingt es Carl , Schwester Eugenia ins Erzählen zu bringen , ist die Stunde gerettet , auch wenn er schlecht geübt hat.
    »Sind das denn nicht Männer , die mit Dämonen im Bund stehen?«
    »Die meisten von ihnen haben gute Absichten. Sie kennen Kräuter oder Wurzeln , die bei Verletzungen oder gegen Fieber helfen. Sie zerkauen Blätter und tragen sie auf wie Salbe oder sie kochen einen Sud. Dabei beten sie zu den Geistern um Beistand. Für die Indianer steht alles mit Geistern in Verbindung.«
    Carl schüttelt den Kopf , ungläubig staunend , aber auch traurig über all die verirrten Menschen , die es auf der Erde gibt.
    »Dürfen Christen sich denn auf so etwas einlassen? Ist das nicht gefährlich?«
    »Manchmal ist es schon gefährlich. Es gibt sehr böse Zauberpriester , die sich dafür bezahlen lassen , Unheil anzurichten. Einmal wurde eine Frau zu uns gebracht , eine einfache , bescheidene Frau – sie war in erbarmungswürdigem Zustand: Geschwüre an Armen und Beinen , offene Stellen auf dem Rücken , Durchfall , Fieberkrämpfe , Ausfluß … Wir haben dort eine Mitschwester , die Ärztin ist , Schwester Agathe. Schwester Agathe hat die Frau gründlich untersucht , aber das Zusammentreffen so vieler verschiedener Symptome konnte sie sich auch nicht erklären. Wir mußten sie natürlich auf der Station behalten , allein schon , um die Wunden täglich zu reinigen , sonst legen Fliegen ihre Eier hinein , und später wimmelt es von Würmern. Aber trotz Jod , Penicillin und Salbe ging es der Frau mit jedem Tag schlechter. Es sah so aus , als ob sie sterben würde , wenn nicht ein Wunder geschähe. Dann kamen zwei Jäger aus einem Dorf weiter westlich. Als sie hörten , was mit der Frau passiert war , sagte einer von ihnen , daß seine Mutter schon einmal ähnliche Beschwerden gehabt habe und daß es bei ihr eben keine von den Krankheiten gewesen sei , bei denen unsere Medizin wirke , sondern daß man sie verhext habe. Nur ein mächtiger Gegenzauber könne ihr helfen. Der Zauberpriester seines Dorfes , sagte er , sei der einzige weit und breit , der die Kraft habe , die Frau zu retten. Drei Tage später erschien tatsächlich dieser berühmte Zauberpriester bei uns. Er schaute sich die Frau an und wußte sofort , daß man sie verhext hatte. Er sagte , er müsse vor Ort in ihrem Haus nachschauen , was los sei. Also sind wir mit ihm in das Dorf der Frau gegangen. Er hat alles genauestens inspiziert , Stroh und Laub aus der Hütte gefegt , und an der Stelle , wo die Frau ihren Schlafplatz hatte , fand er ein Brett. Er nahm das Brett vorsichtig ab , und darunter , in einer kleinen Mulde , hockte eine ausgewachsene Kröte , die über und über mit Nadeln durchstochen war. Aber sie lebte noch. An den Stellen , wo die Nadeln steckten , hatte auch die Frau ihre Wunden und Geschwüre. Der Zauberpriester sagte , wenn die Kröte gestorben wäre , wäre auch die Frau gestorben. Er wußte natürlich , wer diese Hexerei vorgenommen hatte. Schon ihre Lehrmeister waren erbitterte Feinde gewesen. Aber sie besaßen beide gleich viel Macht , so daß er ihn nicht unschädlich machen konnte.
    Der Zauberpriester hat
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