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Wir haben gar kein Auto...

Wir haben gar kein Auto...

Titel: Wir haben gar kein Auto...
Autoren: authors_sort
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dem städtischen Radfahrer auf den Straßen von Obermenzing mutiert. Der Frühling ist inzwischen auch in München angekommen. Gino folgt mir auf Schritt und Tritt und wedelt glücklich mit dem Schwanz. Ich verlasse die Verdistraße und fahre durch eine Fußgängerzone. Am Ende der Strecke drossele ich die Geschwindigkeit, um die ankommenden Wagen zu kontrollieren. Gino ist ein paar Meter vor mir. Der Autofahrer sieht ihn und fährt langsamer, um ihn vorbeizulassen. Dann will ich die Straße überqueren, doch er fährt wieder los und schneidet mir den Weg ab. Gino haben sie vorbeigelassen. Mich nicht. Einem Hund schenkt man in Deutschland ganz offensichtlich mehr Aufmerksamkeit.
In Rom, wo das Fahren auf zwei Rädern – wie ich bereits sagte – ein halsbrecherisches Unternehmen ist, das eine Enzyklika verdienen würde, wird dem städtischen Radfahrer das Leben noch schwerer gemacht. Denn nach den Schlaglöchern sind die Autos der Feind Nummer eins. Während die Autofahrer in Deutschland noch einigermaßen freundlich zu den Radfahrern sind (nach den Hunden natürlich), geht in Rom die größte Gefahr zum einen von den Menschen aus, die ihre Wagentür direkt vor meiner Nase öffnen,und von denen, die mich schneiden. Ganz zu schweigen von den Türen der Laster, die ganz plötzlich auf der Höhe meiner Zähne aufgerissen werden. Am gefährlichsten sind die Postfahrer, die plötzlich anhalten und weiterfahren, um Pakete und Briefe auszuliefern. Mein uneingestandener Schrecken ist von einem Müllwagen überfahren zu werden. Mehr als alles andere fürchte ich, eines Tages mit Müll verwechselt und der getrennten Müllsammlung zugeführt zu werden – ich glaube nicht, dass ich in die Müllverbrennung komme … Wenn man dagegen unter einen Krankenwagen gerät, kann das sehr praktisch und bequem sein, da sie einen dann direkt ins Krankenhaus bringen.
    Seit Jutta und ich die Via Claudia Augusta verlassen haben, bin ich extrem vorsichtig. Trotzdem bin ich die beiden Male, als ich in meiner Stadt das Fahrrad genommen habe, zu Boden geworfen worden.
    Die Umgehungsstraße ist eine Hölle aus glühendem Blech, lautem Gehupe und gestressten Nervensystemen. Nur ein Verrückter kann auf die Idee kommen, sie mit dem Rad entlangzufahren. Und ich bin so einer! Ich fahre in Schrittgeschwindigkeit auf der linken Spur an einer fast stehenden Autoschlange vorbei. Aus einem Pick-up mit offenen Fenstern dringt eine ohrenbetäubende »Musik«: BUMM, BUMM, BUMMnbsp;… BUMM, BUMM. Ein junger Mann mit Zöpfchen, der neben mir auf dem Bürgersteig geparkt hat, will aussteigen, um seine Jacke auszuziehen, öffnet die Wagentür und schleudert mich zu Boden. Zum Glück bin ich unverletzt, nur ein bisschen erschrocken.
    Â»He, hast du keine Augen im Kopf?«, rufe ich.
    Daraufhin er gereizt: »Wie soll ich dich sehen bei der lauten Musik?«
    Die Reaktion spricht für sich selbst.
    Ein anderes Mal, letzten Monat, komme ich zur Kreuzungzwischen der Piazza Venezia und der Via IV Novembre, einen Ort, der höchste Aufmerksamkeit, Vorsicht, Takt, Diplomatie und Können verlangt. Zwei alte Opas wären beinahe zusammengeprallt und beschimpfen sich jetzt gegenseitig mit hochroten Köpfen. Vermutlich stehen sie beide kurz vor einem schweren Herzinfarkt. Der linke ist bereits aus dem Wagen ausgestiegen und provoziert sein Gegenüber. Daraufhin öffnet der andere ebenfalls die Wagentür, und zwar genau in dem Augenblick, als ich auftauche. Es gelingt mir gerade noch auszuweichen, trotzdem stürze ich. Wehrlos wende ich mich an die betagten Rivalen.
    Â»Wenn Sie sich gegenseitig umbringen wollen, dann tun Sie es, aber was habe ich damit zu tun?«
    Den Rest will ich Ihnen lieber ersparen.
    Um endlich zum Schluss zu kommen: Jutta und ich beschließen, ein Fahrrad in der Villa Borghese zu mieten und eine Tour in die historische Altstadt zu machen. Aus Versehen landen wir auf der für Busse und Taxen reservierten Fahrspur. Prompt kommt ein Wagen mit hoher Geschwindigkeit angebraust und bremst scharf. Wir machen ihm Platz und entschuldigen uns für unsere Zerstreutheit, doch der Taxifahrer öffnet das Wagenfenster und überschüttet uns mit einer Flut von Schimpfwörtern. Zumindest nehmen wir das an aufgrund des Tones und des wütenden Gesichts, denn wir verstehen kein einziges Wort. Ich
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