Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wir haben gar kein Auto...

Wir haben gar kein Auto...

Titel: Wir haben gar kein Auto...
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
der Fälle schneller, während der Mann langsamer fährt. Haben Sie das nie bemerkt, Signor Maccallini? Und sprechen wir es ruhig mal an, es gibt da außerdem ein Problem, das mit dem Älterwerden zu tun hat: die Prostata. Der ortsansässige Arzt hat mir gesagt, dass eine Menge seiner älteren Patienten darunter leiden, und zwar schon nach wenigen Kilometern.«
    Ich versuche sie erneut, zum Schweigen zu bringen. »Hören Sie, wenn es Ihnen nichts ausmacht …«
    Aber sie redet wie ein Wasserfall. »Ich kann zwar nicht lesen und schreiben, aber ich empfehle Ihnen dringend einen Sattelüberzug aus Gel, am besten ein breites, bequemes Modell vom Typ Bettcouch.« Sie lacht schallend über ihre witzige Bemerkung – allein!
    Â»Ich werde den Sattel ganz bestimmt ausprobieren, Signorina.«
    Endlich ist sie still, und die Behandlung kann weitergehen. Was für ein Stress!
    Die heutige Strecke ist nicht lang und zudem die letzte Etappe der Reise. Morgen Vormittag werden wir uns dann noch einmal aufs Rad schwingen, um zu einer geheimnisvollen Verabredung zu fahren. In ein paar Tagen werden unsere Fahrräder dank eines Freundes, der sie in seinem Wagen mitnimmt, nach München zurückkehren.
Vielleicht liegt es daran, dass die »Tour« ihrem Ende zugeht, aber die Kurven, durch die wir heute fahren, sind irgendwie anders, sie wirken melancholischer.
    Den heutigen Abend werden wir im Schloss Pienzenau in der Nähe der Gärten von Schloss Trauttmannsdorff, dem »schönsten Park Italiens«, verbringen und dort im romantischen Hotel unserer Meraner Freunde Gerti und Reinhard übernachten. Sie wissen noch nicht, dass wir im Anmarsch sind, wir wollen sie überraschen. In der Zwischenzeit machen wir Halt in Laces, wo wir die Seilbahn nach San Martino a Monte (St. Martin am Kofel) nehmen. Mit seinen hundertdreißig Einwohnern und dem gleichnamigen Kirchlein ist dieser Ort auf siebzehnhundertvierzig Metern Höhe auf dem Monte Sole eines der schönsten Ausflugsziele des Val Venosta.
    Wir beginnen unseren langen Spaziergang bei den Sennhütten und gelangen zu einer futuristischen Konstruktion aus Stahl und Glas mit riesigen dunklen Glasscheiben anstelle von Fenstern. Das spektakuläre Gebäude, das vermutlich ein Privathaus ist, erinnert in seiner Grandiosität sehr an Frank Lloyd Wright und scheint eigens für einen James-Bond-Film errichtet worden zu sein. Die reine Luft und der herrliche Blick über das Val Martello bis zu den Dolomiten lohnen einen Ausflug in dieses paradiesische Fleckchen Erde. In einer der Raststätten gibt es mit Käse und Speck gefüllte Knödel, bei deren Anblick uns das Wasser im Mund zusammenläuft! Beim Essen betrachten wir noch immer verblüfft die Konstruktion vor uns, und in dem klassischen Spiel mit den geschlossenen Augen fordere ich Jutta auf, sie solle sich mich in meiner absoluten Traumrolle vorstellen: 007!
    Â»Stell dir vor,
amore mio,
dass dein James schon bald in die Höhle der SPECTRE stürzen wird, umgeben von zehn wunderschönen und gefährlichen jungen Frauen. Verfolgtvon mehreren, mit Maschinengewehren bewaffneten Schurken, rast er dann den steilsten Abhang hinunter und kommt zu dir ins Hotel für einen gemeinsamen Wodka-Martini.«
    Lachen Sie jetzt bitte nicht, wer von Ihnen hat sich nicht wenigstens einmal im Leben ausgemalt, ein echter Geheimagent im Dienst Ihrer Majestät zu sein?
    Gegen 17.00 Uhr erwischen wir gerade noch die letzte Gondel, um ins Tal zurückzukehren. Wir springen hinein, und sofort nach uns gleiten die Türen der Seilbahn zu. Um ein Haar hätten wir den ganzen Weg zurück nach Laces zu Fuß gehen müssen. Da sind Skier schon praktischer!
    Um Punkt 20.00 Uhr sind wir in Meran, nachdem wir das ganze Zentrum durchquert haben. Ich hatte schon immer eine Schwäche für diese Stadt. Magisch und zu jeder Jahreszeit überraschend, hat sie dieses etwas romantische und dekadente Aussehen, das einen auf den ersten Blick in den Bann schlägt. Ich könnte Rilke und Hofmannsthal bemühen, um die starke Faszination zu beschreiben, die Meran auf mich ausübt, aber noch lieber zitiere ich Stefan Zweig, dem es in wenigen Zeilen gelungen ist, das letzte Ziel unserer Reise zu preisen: »Norden und Süden, Stadt und Landschaft, Deutschland und Italien, alle diese scharfen Kontraste gleiten sanft ineinander.. wie mit runder, ruhiger Schrift hat die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher