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Wintermond

Wintermond

Titel: Wintermond
Autoren: Tanja Heitmann
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wenn ihr die Frau mit ihrem aufdringlichen Parfüm zu dicht auf den Leib rückte. Als ahnte Eve etwas von dieser Abneigung, rutschte sie dichter an Metas Seite und legte ihr einen Arm um die Taille. Reine Schikane. Metas Lächeln zerfiel zu einigen kläglichen Resten, während sie das Bedürfnis unterdrückte, nach Luft zu schnappen.
    Wenn Meta ganz ehrlich war - und nach vier Margaritas auf fast nüchternen Magen war sie das -, gab sie zu, dass sie Eve ebenfalls nicht ausstehen konnte. Sie misstraute dem Ehrgeiz, der die drahtige Eve wie ein Schutzpanzer umgab. Der abschätzende Blick, mit dem sie ihr Umfeld unentwegt taxierte, um alles umgehend in etikettierte Schubladen zu stecken. All das weckte in Meta den Wunsch, irgendetwas Unerwartetes zu tun, das Eves starre Weltsicht wenigstens für einige Sekunden ins Schwanken brachte. Allerdings blieb es lediglich bei der befriedigenden Vorstellung von einer Ms. Eisblock, die die Fasson verlor. Denn Meta war nicht sonderlich erfahren darin, aus der Rolle zu fallen.
    »Du bist wirklich ein tapferes Mädchen, das muss ich dir einmal sagen«, zwitscherte Eve ihr ins Ohr. Als Meta sie fragend anblickte, zeigte sie ihre Zähne, die trotz des rötlichen Dämmerlichts ungewöhnlich weiß aufleuchteten. »Dass du mit Karl weiterhin befreundet sein kannst - ich finde, das zeugt von deiner reifen Persönlichkeit. Nein, eigentlich mehr von … na, du weißt schon … Großmut.«
    Allein Karls Name führte nun dazu, dass Metas Magen androhte, die Cocktails wieder retourzuschicken. Obwohl sie fest damit gerechnet hatte, dass Karl auch an diesem Abend ein Thema sein würde, irritierte sie etwas an Eves Wortwahl.
    Mittlerweile täuschten Marie und Sue nicht einmal mehr vor, ein Gespräch zu führen, und sahen Meta mit Kummerfalten auf der Stirn an.Wenn sie nicht ein so gut erzogenes Mädchen wäre, dann hätte Meta jetzt einfach mit den Schultern gezuckt und ihr Gesicht hinter dem Rand des Cocktailglases versteckt, um alle unfreundlichen Gedanken fortzuschieben. Doch ihre Freundinnen hatten sie längst mit ihrer Fürsorge umzingelt und warteten auf eine Antwort.
    »Nun, es ist ja nicht das erste Mal, dass Karl und ich uns eine Auszeit nehmen, deshalb bin ich eigentlich auch nicht sehr unglücklich. Bislang ging es uns danach jedes Mal ein wenig besser. Ab und zu braucht es etwas Distanz, um sich neu zu entdecken.«
    Diese Erklärung hatte Meta im Lauf der gemeinsamen Jahre mit Karl immer mehr verfeinert. Sie waren beide anspruchsvolle, intellektuelle Menschen, da war es nicht weiter verwunderlich, dass sie sich nicht wie ein verheiratetes Paar aus der Vorstadt aufführten. Wie viel Schlaf sie diese regelmäßigen und von vielerlei Diskussionen begleiteten Auszeiten kosteten und wie oft sie sich dabei ertappte, allein und einsam an ihrem Esstisch zu sitzen und in ein Weinglas zu starren, bedachte sie dabei lieber nicht.Vielleicht fiel es ihr auch einfach nicht mehr auf, denn der Glanz der gemeinsamen Zeit mit Karl war inzwischen verblasst.
    »Du hast ja Recht, Meta«, erwiderte Marie sofort.Trotzdem presste sie ihre mit Cocktailringen geschmückte Hand gegen die Brust, als fühle sie dort einen tiefen Schmerz. »Immerhin amüsierst du dich ja auch gut, nicht wahr?«
    »Amüsieren?« Meta drehte das Wort in ihrem Mund wie einen Fremdkörper. Nun, sie hatte sich nach einem anstrengenden Tag, den sie größtenteils in der Gesellschaft eines grauenhaft ordinären Geschäftsmanns und dessen Anlageberaters verbracht hatte, ordentlich einen angetrunken und wollte nun einfach nur entspannt dasitzen.Warum auch nicht? Schließlich hatten sich ihre Freundinnen seit dem Verlassen der Galerie nur noch über ihre Inneneinrichtungen und den neuesten Klatsch der Kunstszene unterhalten. Desto unvermittelter traf Meta jetzt dieser Themenwechsel. Doch für einen Absprung war es zu spät, wie die mitleidigen Blicke, die zwischen den drei Freundinnen ausgetauscht wurden, bezeugten.
    »Karl amüsiert sich also gut?«, fragte Meta in unsicherem Ton. »Meinen Segen hat er.«
    »Tatsächlich, ist das so?« Eve machte keinen Hehl daraus, dass sie ihr diese glattzüngige Reaktion nicht abnahm. Die Lippen verzogen sich zu einem schmalen Strich, der Klammergriff um Metas Taille wurde merklich gelockert. »Dann müssen wir uns ja keine Gedanken machen, wenn er sich mit  der guten Reese Altenberg in der Horizontalen vergnügt, anstatt diese albernen Ölschinken zu bewerten, die sie von irgendeinem ihrer unzähligen
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